Alt 22.11.17, 18:58
Standard „Will denn keiner mehr regieren?“
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Regierungsbildung gescheitert – was macht die Börse?

Das politische Kasperletheater im Börsenjahr 2017 findet eine unrühmliche Fortsetzung. Nach zähen Sondierungen bricht die FDP die Verhandlungen ab, das Jamaika-Bündnis steht vor dem Aus. Bundespräsident Steinmeier appelliert an die Parteien, eine schnelle Einigung zur Regierungsbildung zu erzielen, doch das politische Durcheinander im Anschluss an die Bundestagswahlen ist größer denn je.

Ist Jamaika endgültig gescheitert? Bleibt die SPD weiterhin wild entschlossen, in die Opposition zu gehen? Zieht Merkel eine Minderheitsregierung in Betracht? In den Medien findet eine aufgeregte Diskussion um die politische Zukunft Deutschlands statt. Anleger können dieses bunte Treiben jedoch entspannt beobachten.

Handlungsunfähig? Prima!

Nicht nur zahlreiche deutsche Anleger sorgen sich um politische Führungslosigkeit, auch die europäischen Nachbarländer würden eine politisch starke, handlungsfähige Angela Merkel begrüßen. Diese Sorgen sollten sich relativ schnell als unbegründet herausstellen. Denn zum einen muss man berücksichtigen, dass der Bundestag sehr wohl bereits arbeitet, nur eben die Regierungsbildung noch nicht erfolgt ist. Gesetzesentwürfe, Ausschussberatungen, Arbeitsgruppen - man kann im neuen Bundestag auch ohne neue Regierung weiterarbeiten, denn die „alte Regierung“ bleibt geschäftsführend im Amt. Zum anderen haben es die Märkte immer positiv quittiert, wenn von der politischen Seite mit wenigen Impulsen zu rechnen war. Das politische Patt ist in der aktuellen Gemengelage allgegenwärtig.

Selbst eine vorübergehende Stilllegung der Regierung, in der die Aktivitäten auf ein Minimum heruntergefahren werden, ist kein außergewöhnliches Phänomen. Läuft in den USA die rechtliche Grundlage für die Bewilligung von Haushaltsmitteln aus, kommt es zum sogenannten „Government Shutdown“. Von 1976 bis zuletzt 2013 unter Obama kam es ganze 18 Mal zur Stilllegung der US-Regierung, ohne die übergeordnete Marktentwicklung auch nur im Geringsten negativ zu beeinflussen. Deutschland ist übrigens nicht das einzige Land in Europa, das sich 2017 mit der Regierungsbildung schwer tut: Ganze sieben Monate dauerte die Koalitionsbildung in den Niederlanden - und der niederländische Aktienmarkt glänzt 2017 mit zweistelligen Renditen.

Wie geht es weiter?

Auch wenn viele politische Beobachter Angela Merkel eine prekäre Situation andichten wollen, kann sie den möglichen Szenarien wohl am gelassensten entgegensehen. Der strategisch wichtige Schulterschluss mit der CSU ist längst vollzogen. Kurios geht es dagegen bei der SPD zu. Nachdem Martin Schulz direkt nach der Wahl im September den Gang in die Opposition angekündigt hatte, erntete er noch großen Jubel aus den eigenen Reihen. Die erneute Bekräftigung dieses Vorhabens im Anschluss an die gescheiterte Regierungsbildung rief dagegen große Irritationen hervor. Den Parteimitgliedern kommt es verständlicherweise mulmig vor, eventuelle Neuwahlen mit einem identischen Setup zu begehen. Frei nach Albert Einstein: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Nach der 20-Prozent-Klatsche dachten viele SPD-Anhänger, dass es ja gar nicht mehr schlimmer kommen kann. Weigert sich die Parteispitze allerdings weiterhin, selbstkritisch zu sein, ist alles möglich.

Fazit

Die Regierungsbildung in Deutschland wird weiterhin Schlagzeilen machen: Aus Sicht der Märkte bleibt dagegen alles beim Alten. Politisches Patt auf allen Ebenen, das verspricht viel Gerede und wenige Handlungen. Positive Rahmenbedingungen voraus!

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Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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