Beitrag gelesen: 10560 x |
||
Seit 1998 schreibe ich nun jeden Freitag einen Börsenbrief (Aktiennewsletter, Internetaktien-Newsletter, iWatch), seit 2006 heißt mein Börsenbrief Heibel-Ticker. Von Anfang an habe ich mich konsequent gegen den größten Wunsch meiner Kunden gestellt, ein Musterdepot zu führen. Viele Kunden wünschen sich einfach nur kurze Infos darüber, was sie kaufen und verkaufen sollen. Ist doch viel einfacher, als so einen umfangreichen Börsenbrief wie den Heibel-Ticker zu erstellen, oder?
Nein, ist es nicht. Zumindest nicht, wenn man den Anspruch hat, Geld anzulegen, das im Alter benötigt wird. Dieses Geld darf nicht stark schwanken und muss dennoch zumindest im Gleichschritt mit der Inflation anwachsen, damit die Kaufkraft im Alter noch erhalten bleibt. Seit 10 Jahren führe ich nun beispielhaft ein Portfolio. Ich habe verschiedene Portfoliobereiche mit unterschiedlichen Strategien belegt und unterschiedlich gewichtet. Mir ist es sehr wichtig, dass die Diversifizierung und die unterschiedlichen Strategien für meine Kunden verständlich und nachvollziehbar sind. Wer das verstanden hat, der trifft eigenverantwortlich die individuell richtigen Entscheidungen. Und wer mit einer Entscheidung dann mal falsch liegt, der hat zumindest etwas daraus gelernt. Aufgrund des diversifizierten Portfolios, das neben Aktien auch Gold und Unternehmensanleihen enthält, ab und zu mit einem Call oder Put Optionsschein spekuliert und stets einen recht hohen Bargeldanteil hat (2017 waren es 10-30% Cash), ist ein Performancevergleich mit Aktienindizes nicht sinnvoll. Denn in guten Börsenjahren kann mein Portfolio in der Regel nicht mit dem DAX mithalten, denn Gold, Anleihen und Bargeldanteil bremsen. In schlechten Börsenjahren ist es mir jedoch bislang immer gelungen, zumindest mit einer schwarzen Null abzuschließen. Das klingt nun ziemlich unsexy, wenn man so viel Wert auf Sicherheit legt, denn die Performance eines Bitcoins ist so nicht zu erreichen. Doch wer hat vor 10 Jahren sein gesamtes vermögen in den Bitcoin gesteckt? Wie wichtig mein Fokus auf die Verlustvermeidung ist, zeigt ein Performancevergleich über einen längeren Zeitraum. Von Anfang 2008 bis Ende 2017 hat der DAX insgesamt 62% zugelegt. In diesen zehn Jahren gab es die Finanzkrise 2008, die Griechenland/Eurokrise 2011 und das Ende der lockeren Geldpolitik in den USA 2015. Jeweils ist der DAX kräftig eingebrochen und radierte die Gewinne von jeweils ein bis zwei Vorjahren aus. Ich hatte 2008 dank einiger Short-Spekulationen sogar 21,4% Plus im Heibel-Ticker Portfolio erzielt, 2011 +3,6% und 2015 +1,2%. Dadurch, dass wir die Verluste der Aktienbörsen in unserem Portfolio vermeiden konnten, ist das Heibel-Ticker kumuliert seit 2008 um 193% angewachsen, das eingesetzte Kapital hat sich also fast verdreifacht. Ich denke, das entschädigt für manch vermeintlich langweilige Position in Unternehmensanleihen oder auch Dividendenaktien. Im Jahr 2017 konnte das Heibel-Ticker Portfolio um 11,8% zulegen. Wir haben 31 Käufe und 25 Verkäufe getätigt, nach Abzug der Transaktionskosten bleibt ein Plus von 11,0%. Insgesamt wurden 13 Positionen mit einem Minus abgeschlossen, 23 Positionen mit einem Plus. Mit 31+25= 56 Transaktionen im Jahr 2017 kommen wir also auf durchschnittlich eine Kauf- oder Verkaufsentscheidung pro Woche. Damit unterscheiden wir uns stark von vielen (allen?) anderen Börsenbriefen, die wesentlich hektischer agieren. ABSICHERUNG (ZINS & GOLD) Unser Portfoliobereich "Absicherung" macht aktuell 22,8% des Gesamtportfolios aus und gibt dem Portfolio Stabilität in turbulenten Börsenzeiten. Der Bereich besteht aus zwei Unternehmensanleihen sowie einer Goldposition. Die Goldposition haben wir Ende des Jahres erst erhöht, da ich für die kommenden Monate einen steigenden Goldpreis erwarte. Egal, was der Bitcoin eigentlich sein mag, für mich ist der starke Kursanstieg ein Zeichen dafür, dass viele Menschen auf der Welt nach Möglichkeiten suchen, ihr Geld aus den überschuldeten Währungssystemen US-Dollar, Euro, Yen, Pfund und Yuan und vielen mehr abzuziehen und anderweitig unterzubringen. Und dieses Verlangen dürfte schon bald wieder zu einem steigenden Goldpreis führen. Im Jahr 2017 konnte der Portfoliobereich Absicherung durch Kursanstiege sowie Zinszahlungen um 9,9% zulegen. DIVIDENDE (URLAUB) Unser Portfoliobereich Dividende macht 21,8% unseres Portfolios aus und besteht aktuell aus vier Langfristpositionen, deren Dividendenausschüttungen für den einen oder anderen Urlaub sorgen. Im Jahr 2017 haben wir nur eine Position ausgetauscht: Disney passte aufgrund der niedrigen Dividende nicht in diesen Bereich und die Aktie litt unter dem Mitgliederschwund beim Sport-Bezahlsender ESPN. Ich gehe davon aus, dass sich das Unternehmen mittelfristig wieder fangen wird, doch 2017 haben die Sorgen der Anleger überwogen und so war diese Position mit -12% verantwortlich für den prozentual drittgrößten Verlust im abgelaufenen Jahr. Glücklicherweise hatten wir nur eine halbe Positionsgröße in Disney, so dass dieser Verlust zu verschmerzen war. 2017 war nicht das Jahr der Dividendenaktien, unterm' Strich konnte dieser Portfoliobereich nur um 4,7% wachsen. Wachstumsaktien gehören in guten Börsenzeiten stets zu den Gewinnern, im Jahr 2017 zählten zunehmend auch Industrie- bzw. konjunktursensible Aktien hinzu, da wir einen weltweiten Aufschwung erlebten. WACHSTUM (ENKELKINDER) Im Portfoliobereich Wachstum befinden sich Aktien von Unternehmen, an denen Enkelkinder später mal viel Freude haben sollten. Derzeit macht dieser Bereich 16% unseres Portfolios aus. Drei der dort enthaltenen vier Aktien haben 2017 um rund 30% zugelegt (29,0%, 29,6% und 34,5%). Eine Position haben wir leider zu früh verkauft und durch Verbio ersetzt, die wir später mit -9% wieder rauswarfen und durch die alte Position ersetzten. Es war schwer, den Wachstumsaktien im Jahr 2017 die Stange zu halten, denn immer wieder machten Trumps Steuerpläne und Investitionsversprechen Anlegern Hoffnung auf einen positiven Konjunkturzyklus, und daher waren Industrieaktien mehr "en vogue" als Wachstumsaktien. Auch ich habe es 2017 nicht geschafft, den beabsichtigten Portfolioanteil von 30% für diesen Portfoliobereich zu erreichen. Und trotz der guten Performance sind Wachstumsaktien meiner Ansicht nach weiterhin günstig. Vorsatz Nr. 1 für 2018: Wachstumsbereich des Portfolios auffüllen! EN VOGUE Diesen Portfoliobereich habe ich nach dem Wahlsieg Donald Trumps eingefügt. Darin sind Aktien enthalten, die von aktuellen geopolitischen und globalen Konjunkturtrends profitieren. Dies waren zunächst Unternehmen wie U.S. Concrete, ein Zementmischer, der von den durch Trump versprochenen gigantischen Infrastrukturinvestitionen profitiert hätte, oder auch Cintas, ein Anbieter von Berufsbekleidung, der vom Anstieg der Beschäftigung profitierte. Dieser Portfoliobereich macht nur 14,6% des gesamten Portfolios aus, ist jedoch mit 22,9% am stärksten gestiegen. Als im Jahresverlauf abzusehen war, dass Trump kaum ein Versprechen wird umsetzen können, haben wir das Portfolio stark umgekrempelt. Daher wurden allein in diesem Bereich ein Drittel aller Transaktionen durchgeführt, obwohl der Bereich nur ein Siebtel des Portfolios ausmacht. Es hat sich jedoch gelohnt, wie die gute Performance dieses Bereichs zeigt. Aktuell sind für mich Aktien aus dem Finanzbereich en vogue, aber auch eine chinesische Aktie sowie ein Schweizer Maschinenbauer. Für 2018 werde ich diesem Bereich noch mindestens eine Aktie aus dem Rohstoffbereich zufügen. SPEKULATION (EREIGNIS) Dieser Portfoliobereich ist etwas für den Spaß, damit Sie ein wenig Kribbeln beim Anlegen verspüren und nicht vor Langeweile einschlafen. Meinen Vorsatz für das Jahr 2017, zu jeder offenen Position in diesem Portfoliobereich jede Woche mindestens einmal Stellung zu nehmen, hat sich bewährt. Größere Verluste konnten vermieden werden, allerdings blieben auch die Gewinne mit maximal 22% für diesen volatilen Portfoliobereich eher bescheiden. Schlecht gelaufen war unsere Spekulation in dem chinesischen Amazon-Konkurrent JD.com, wir haben die Position nach 7 Wochen mit -8,3% aufgelöst. Inzwischen steht die Aktie jedoch deutlich höher. Schlecht lief auch unsere Call-Spekulation auf den DAX, die mit -9,2% zu Buche schlug. Glück hatten wir mit Skyworks (+21,8%), Chipotle (+1,91%) und Verbio (+21,2%). Verbio hatte mir so gut gefallen, dass ich die Position ins Wachstumsdepot überführte - und dort dann leider die Hälfte des bei der Spekulation erzielten Kursgewinns wieder abgab. Chipotle hatte sich nach dem Lebensmittelskandal gerade berappelt und die Aktie begann zu klettern, als ein neuer Lebensmittelskandal das Vertrauen der Kunden erschütterte. Wir haben schnell reagiert und den Gewinn gesichert, heute notiert Chipotle um 40% tiefer als bei unserem Kauf. Unterm' Strich haben wir mit unseren Spekulationen 2,6% verloren. Das ist zwar ein vertretbarer Preis für den Spaß-Faktor und immerhin hat dieser Portfoliobereich den kleinsten Anteil am Gesamtportfolio. Doch zufrieden kann ich damit nicht sein, denn auch Spekulationen sollten natürlich etwas abwerfen. Die eine Position, die für den größten Verlust im Portfolio verantwortlich ist, ist noch offen und wird in Kapitel 04 besprochen. Es handelt sich um eine Rohstoffaktie und ich bin weiterhin davon überzeugt, dass sich unsere Geduld (und das Schmerzensgeld) auszahlen wird. So ist das leider in einem diversifizierten Portfolio: Wenn wir verschiedene Positionen abdecken, die möglichst zu unterschiedlichen Zeiten gut laufen sollen, dann gibt es eben immer auch Positionen, die Federn lassen. Vielleicht ist es 2018 gerade diese Position die um 50% anspringt, während Wachstums- oder Industrieaktien Federn lassen. Den optimalen Kaufzeitpunkt trifft man nie. Die Diversifizierung des Portfolios ist eine Art von Wahrscheinlichkeitsrechnung für überraschende Entwicklungen. FAZIT 2017 war ein gutes Börsenjahr, wenngleich in der Finanzpresse kontinuierlich das Ende der Welt an die Wand gemalt wurde: Trump, Brexit, Regierungsbildung in Deutschland, Eurostärke, ... es gab genügend Gründe, der Börse den Rücken zu kehren. Die Kunst war es, dabei zu bleiben. Das wird sich auch im Jahr 2018 nicht ändern. Schauen wir uns mal die Jahresperformance der wichtigsten Indizes an. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES 29.12.2017 Woche Δ Σ '17 Δ Dow Jones 24.827 1,3% 25,6% DAX 12.918 -1,2% 12,5% Nikkei 22.765 0,9% 19,1% Shanghai A 3.463 1,3% 6,6% Euro/US-Dollar 1,20 1,7% 13,9% Euro/Yen 134,98 2,1% 9,7% 10-Jahres-US-Anleihe 2,42% 0,08 -0,02 Umlaufrendite Dt 0,28% 0,11 0,29 Feinunze Gold $1.303 3,7% 13,2% Fass Brent Öl $66,57 4,9% 17,4% Kupfer 7.156 6,5% 31,9% Baltic Dry Shipping 1.366 -18,1% 47,2% Der Dow Jones konnte im laufenden Jahr um 25,6% zulegen. Da der Euro gegenüber dem US-Dollar im gleichen Zeitraum 13,9% zugelegt hat, kommen entsprechende Kursgewinne von US-Aktien nur mit 25,6-13,9= 11,7% bei uns an. Mit 12,5% hat der DAX ein gutes Jahr gehabt. Auch der Nikkei konnte mit 19,1% hervorragend abschneiden. In China hingegen stockt es am Aktienmarkt, die Regierung lässt kontrolliert die Luft aus den Spekulationen. Das Zinsniveau in den USA hat sich 2017 nicht verändert. In Deutschland sind die Zinsen vom Nullpunkt aus leicht angestiegen (+0,3%). Die Zeit der Niedrigzinsen ist in Europa zwar noch nicht zu Ende, ein Ende kommt aber immer deutlicher in Sicht. Gold ist - gemessen in US-Dollar - um 13,2% angestiegen und hat seinen fünfjährigen Seitwärtstrend verlassen. Umgerechnet in Euro hingegen ist der Goldpreis um 1% gefallen. Eine ähnliche Situation haben wir schonmal erlebt, als von 2002 bis 2008 der Goldpreis gemessen in US-Dollar immer schneller anzog, während der Euro ebenfalls an Wert gewann und daher den Goldpreisanstieg nur verzögert nachvollzog. Mit anderen Worten: Der Goldpreis steigt bereits seit zwei Jahren wieder kontinuierlich an, doch hier in Europa ist von dem Preisanstieg noch nichts angekommen. Auch das Öl ist angesprungen, 2017 ist der Preis für das Brent Öl um 17,4% gestiegen. Wer hätte das gedacht, nachdem die USA doch so viel Öl produzieren können, dass sie wieder zur größten Ölfördernation aufsteigen und den Preis damit drücken könnten. Nein, Saudi Arabien drosselt die Ölförderung, da der staatliche Ölkonzern Aramco an die Börse gebracht werden soll und bei höherem Ölpreis einen höheren Wert einspielen wird. Kupfer, der Indikator für die Weltkonjunktur, ist um 31,9% angesprungen, wir laufen auf eine Hochkonjunktur zu. Das zeigt sich auch um Anstieg um 47,2% beim Baltic Dry Verschiffungsindex. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
|