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Während die Aktienmärkten in den USA diese Woche eine Achterbahnfahrt vollzogen, machte der DAX die positiven Tage nicht mit - einer davon war hier sogar ein Feiertag - gab dafür jedoch an den Ausverkaufstagen um so stärker ab. So konnte der Dow Jones die Woche mit +-0% abschließen, während der DAX um 2,6% einbrach.
Im Wesentlichen treiben zwei Faktoren die US-Aktienmarktrallye an: Eine niedrige Arbeitslosenquote und eine Verknappung der handelbaren Aktien. Die Arbeitslosenquote in den USA ist auf nur noch 3,7% gesunken, den niedrigsten Stand seit 40 Jahren. Aber es gibt einen Wermutstropfen: Die Beschäftigung ist nicht so stark angestiegen wie erwartet. Sprich: der Rückgang der Arbeitslosenquote ist zum Teil dadurch erzeugt worden, dass sich weniger Arbeitssuchende arbeitssuchend gemeldet haben. Die Sozialleistungen in den USA sind nicht so attraktiv wie bei uns, also meldet sich nicht jeder Arbeitslos, sondern sucht einfach still und leise vor sich hin. Doch egal, zunächst einmal zählt die Schlagzeile, die mit 3,7% eine Vollbeschäftigung (alles unter 4%) widerspiegelt. Da die US-Wirtschaft stark vom inländischen Konsum abhängt und da mehr konsumiert wird, wenn mehr Menschen Arbeit haben, erklommen die US-Aktienmärkte zum Beginn der Woche neue Allzeithochs. Je mehr Menschen Arbeit haben, desto mehr Geld steht nicht nur für den Konsum zur Verfügung, sondern auch für die Geldanlage, beispielsweise den Aktienkauf. Wer arbeitet, der legt einen Teil seines Einkommens zurück und in den USA gibt man diesen Anteil häufig an Finanzberater, die davon Fonds und andere Aktienprodukte kaufen. Entsprechend ist die Nachfrage nach Aktien groß. Auf der anderen Seite haben Unternehmen gerade eine exorbitante Unternehmenssteuerreform geschenkt bekommen und kaufen bereits seit Jahren so viele Aktien zurück wie nie zuvor. Unternehmen können ihren Gewinn nämlich entweder investieren oder an die Eigentümer, Aktionäre, zurückgeben. In vielen Branchen wird derzeit weniger investiert, neue Märkte werden stattdessen häufig durch Übernahmen erschlossen. Insgesamt wird dadurch in den betreffenden Branchen weniger investiert, Unternehmen haben dadurch mehr Gewinn übrig, den sie an die Eigentümer zurückgeben können. Zurückgeben kann man entweder durch höhere Dividenden, oder aber durch Aktienrückkäufe. Das Unternehmen kann den Gewinn nehmen und davon eigene Aktien zurückkaufen. Diese Aktien können dann "retired" (in Rente geschickt) werden: sie werden ausgebucht und die Anzahl ausstehender Aktien schrumpft. Die steigende Nachfrage nach Aktien stößt also auf eine schrumpfende Anzahl ausstehender Aktien. Das ist ein Rezept für steigende Kurse. Diese beiden Faktoren, niedrige Arbeitslosenquote und schrumpfende Anzahl ausstehender Aktien, sind schon seit Jahren treibende Kräfte hinter der Aktienmarktrallye und halten meiner Einschätzung nach auch noch eine Weile an. Doch immer wieder mal braucht es eine Abkühlung, eine Verschnaufpause oder aber Korrektur. Und das haben wir dann ab Mittwoch Abend gesehen: US-Notenbankchef Jay Powell hat in einer Rede bekannt gegeben, dass die gute Arbeitsmarktsituation weitere Zinsanhebungen ermögliche und das man noch weit weg sei von einer Normalisierung der Zinsmärkte. Die Rendite der 10 Jahre laufenden US-Staatsanleihen schoss anschließend von 3,05% auf 3,22%. Damit ist nun die 3%-Hürde, deren kurzfristiges Überschreiten im Mai noch für einen heftigen Ausverkauf an den Aktienmärkten sorgte, endgültig übersprungen. Wer im Mai sein Portfolio noch nicht entsprechend angepasst hat, der tat dies nun. Wenn das Zinsniveau steigt, dann werden Dividendenaktien relativ gesehen weniger attraktiv. Aktien von Versorgern wurden verkauft (-2,3%), sowie auch die Deutsche Post, die als Dividendenpapier gilt (siehe heutige Wunschanalyse). Steigende Zinsen ziehen aber auch eine schwächere Konjunktur nach sich. Also wurden Autoaktien (-3,7%) und Industrieaktien (-1,1%) verkauft. Nicht einmal der Immobiliensektor (-3,2%) oder der Einzelhandel (-1,3%) boten Schutz. Doch statt das Geld in nicht-zyklisches Aktien aus der Gesundheitsbranche (-1,3%) zu stecken, legten viele Anleger es erst einmal beiseite, um die aktuelle Rotation auszusitzen. Wenn ich mir anschaue, welche Aktien diese Woche überhaupt mit Plus abschließen konnten, dann waren es Unternehmen wie Steinhoff und Tele Columbus, die in den vergangenen Wochen bereits restlos ausverkauft wurden. Wenn sich der hier beschriebene Ausverkauf also entwickelt, gibt es ab einem bestimmten Punkt viele Anleger, die ihre in den vergangenen Wochen kurzfristig erzielten Kursgewinne sichern wollen und so breitet sich der Ausverkauf über sämtliche Branchen und Aktien aus. Der Ausverkauf wurde in den USA losgetreten. Doch haben die steigenden Zinsen natürlich einen negativen Effekt auf sämtliche kreditfinanzierten Branchen: Immobilien, Autos bis hin zum Einzelhandel. Es besteht nun die Angst, Jay Powell könnte das Zinsniveau zu schnell zu hoch drehen, so dass der Aufschwung, den die USA derzeit erlebt, abgebremst würde. Die Angst ist vor allem vor dem Hintergrund nachvollziehbar, da das Lohnniveau in den USA bislang noch nicht angezogen ist. Letztlich leiden die USA genau wie Deutschland darunter, dass die Gehälter am unteren Ende der Einkommensskala seit 10-15 Jahren nahezu unverändert blieben, während die Lebenshaltungskosten kräftig angestiegen sind. Würde der Aufschwung nun durch zu viele Zinsanhebungen zu früh enden, so bliebe auch dieses Mal die untere Einkommensschicht vom Aufschwung unberührt. Es gibt also eine Diskussion darüber, ob die Fed nicht ein wenig Inflation zulassen solle und ein Überschießen des Inflationsziels von 2% dieses eine Mal vielleicht sinnvoll sein könnte. Jay Powell scheint da anderer Ansicht, er kündigte eben diese Woche weitere Zinsschritte an, um eine gegebenenfalls aufkommende Inflation im Bereich der Löhne und Gehälter erst gar nicht zuzulassen. Schauen wir mal, wie sich diese Entwicklung in den einzelnen Indizes im Wochenvergleich niederschlägt (Hinweis: Heute habe ich die Wochenschlusskurse und nicht die Schlusskurse von Donnerstag Abend verwendet): WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (05.10.2018) Woche Δ Σ '18 Δ Dow Jones 26.447 0,0% 6,5% DAX 12.112 -2,6% -6,2% Nikkei 23.784 -0,1% 4,5% Shanghai A 2.955 1,1% -14,7% Euro/US-Dollar 1,15 -1,1% -3,9% Euro/Yen 131,05 -0,9% -2,9% 10-Jahres-US-Anleihe 3,23% 0,17 0,80 Umlaufrendite Dt 0,38% 0,05 0,10 Feinunze Gold $1.203 1,6% -7,7% Fass Brent Öl $84,50 3,6% 26,9% Kupfer 6.179 -1,2% -13,7% Baltic Dry Shipping 1.540 1,0% 12,7% Bitcoin 6.603 -0,9% -52,5% Infolge des Zinssprungs in den USA hat sich internationales Kapital auf die Reise zu dem nunmehr attraktivere US-Zinsmarkt gemacht, entsprechend ist der US-Dollar angestiegen. Der Euro fiel auf 1,15 USD/EUR zurück (-1,1%). Vom viel zitierten Effekt, dass dies günstig für die deutsche Exportindustrie sein soll, war am Aktienmarkt nichts zu sehen. Der US-Zinssprung wurde in Deutschland nicht nachvollzogen, während in den USA das Zinsniveau um 0,17%punkte auf 3,23% stieg, kletterte die Umlaufrendite in Deutschland nur um 0,05%punkte auf 0,38%. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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