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Aus den Gesprächen mit den Vorständen habe ich eine Menge interessanter Informationen gezogen, die uns für die kommenden Monate einen guten Anhaltspunkt dafür geben, was wir wirtschaftlich und vielleicht auch am Finanzmarkt zu erwarten haben. Vorab eine kurze Einordnung der Vorgänge in der Chipindustrie:
Export-Verbot für einzelne Nvidia-Chips Gestern hat die US-Administration bekannt gegeben, dass zwei Graphikchips von Nvidia mit besonders leistungsstarken Kapazitäten bei künstlicher Intelligenz nicht mehr nach China verkauft werden dürfen. Die High-End Chips könnten vom chinesischen Militär genutzt werden, so die Begründung. Nvidia macht mit diesen Chips 400 Mio. USD Umsatz in China. Insgesamt setzt Nvidia dieses Jahr ca. 7 Mrd. USD um. Es stehen also 6% des Umsatzes im Risiko. Die Aktie von Nvidia gab gestern 8% ab, im Kielwasser dieser Entscheidung verloren auch AMD, Intel und Qualcomm jeweils rund 2%. PVA TePla gab 3% ab. Zu Recht, wie ich leider zugeben muss. Die Entscheidung kommt für viele völlig überraschend. Natürlich wissen wir schon lange, dass die USA und China einen heftigen Wirtschaftskrieg führen. Und gerade die Chipindustrie ist im Fokus, schauen Sie sich mal die Situation um Taiwan an. Doch die aktuelle Entscheidung zeigt, wie restriktiv die USA inzwischen bereit sind vorzugehen. Das überrascht und verunsichert Wettbewerber, deren Chips gegebenenfalls auch ins Visier der Behörden geraten könnten. Wir müssen abwarten, was weiter passieren wird. Dieser Schritt ist - wenn auch auf negative Weise - eine Bestätigung dafür, dass Nvidia die Nase vorn hat bei der Entwicklung von High-End Graphikchips. Gegen den Verkauf von zweitklassigen Chips an China hat die US-Behörde nichts, man kann dadurch seinen Vorsprung bewahren. So ist nachvollziehbar, dass gerade Nvidia als Erstes ins Visier geraten ist. Zu allem Unglück kommt das zu einem Zeitpunkt, zu dem Nvidia ohnehin schon mit heftigen Verschiebungen im Markt zu kämpfen hat: Die Nachfrage seitens der Home-Gamer (Spielecomputer) ist nach der Corona-Pandemie stark zurück gegangen. Auch die Nachfrage nach Heim-PCs, um einen Heimarbeitsplatz auszustatten, ist stark rückläufig. Und auch das Krypto-Mining, für das sich die Nvidia-Chips besonders gut eignen, ist aufgrund des Krypto-Winters derzeit sehr schwach. Bevor die Chips der nächsten Generation auf den Markt gebracht werden können, muss Nvidia zunächst noch dafür sorgen, dass die im Vertriebskanal befindlichen, auf Lager liegenden Graphikchips für diesen Bereich an den Mann gebracht werden. Im November letzten Jahres notierte die Aktie von Nvidia noch knapp unter 300 Euro, inzwischen ist sie auf 140 Euro gestürzt. Noch immer steht das Kurs/Umsatz-Verhältnis bei abenteuerlichen 12, aufgrund der hohen Gewinnmarge steht das KGV 23e jedoch nur noch bei 25. Wachstumstitel sind vor dem Hintergrund des inflationären Drucks unbeliebt, daher ist die Aktie zum Spielball der Skeptiker geworden. Langfristig jedoch halte ich die Aktie inzwischen für günstig. Nvidia hat drei Möglichkeiten, auf das Exportverbot zu reagieren. 1. Entweder die entsprechenden Chips werden für den chinesischen Markt modifiziert. So etwas hat Nvidia im Jahr 2017 schon mal erfolgreich gemacht, als Krypto-Miner sämtliche High-End Chips aufkauften und somit der Markt der High-End Spielecomputer nicht mehr bedient werden konnte. Es wurden zwei Versionen des Chips entwickelt, die für die unterschiedlichen Bedürfnisse der beiden konkurrierenden Anwendungen optimiert waren. 2. Alternativ könnte Nvidia seine chinesischen Kunden überzeugen, andere (alte) Chips anstelle der neuesten zu kaufen, die hoffentlich gut genug sind. 3. Schließlich könnte Nvidia auch mit den Behörden und den chinesischen Kunden zusammen arbeiten, um sicherzustellen, dass die von den chinesischen Kunden gekauften Chips nicht für militärische Anwendungen verwendet werden. Keine der drei Möglichkeiten ist einfach umzusetzen. Die Vorgänge zeigen, dass derzeit im Chipsektor viel Gegenwind herrscht. Das zieht sich seit einigen Monaten schon durch sämtliche Chip-Bereiche: Der Smartphone-Absatz stockt, PCs und Spielecomputer werden seit Auslaufen der Pandemie nicht mehr so stark nachgefragt, die Digitalisierung der Wirtschaft stockt nun ebenfalls, wie wir dem Quartalsbericht von Adobe entnehmen konnten, weil Kunden vor der drohenden Rezession nun zögerlicher investieren. Auch Salesforce bläst in das gleiche Horn, die Produktzyklen werden durch die Kundenzurückhaltung länger, der Umsatz streckt sich über längere Zeiträume, das Wachstum verlangsamt sich. Nun hat selbst Marvell, das vorwiegend Chips für Cloud-Rechenzentren liefert, von Lieferproblemen berichtet und seither werden sämtliche Cloud-Aktien, inklusive Alphabet, Microsoft und Amazon, ausverkauft, obwohl das Problem auf der Angebotsseite bestand, nicht bei der Nachfrage. Der letzte gesunde Tech-Bereich ist im Sicherheitsbereich. Security-Aktien haben herausragende Zahlen vermeldet, dennoch konnten deren Aktien nicht zulegen. Die Besten trifft es immer zuletzt. In meinen Augen spricht vieles dafür, dass wir das Schlimmste hinter uns haben. Doch ob wir bereits den Boden gesehen haben, oder ob zuvor noch weitere Ausverkaufswellen durchgestanden werden müssen, kann ich nicht einschätzen. Nun aber zu den weiteren Vorstandsgesprächen, die ich vergangene Woche Mittwoch und Donnerstag im Rahmen des Hamburger Investorentags führen konnte: https://www.heibel-ticker.de/heibel_tickers/2015 Schauen wir uns mal an, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: Wochenperformance der wichtigsten Indizes INDIZES (01.09.22) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 31.734 -3,5% -12,7% DAX 12.972 -0,1% -18,3% Nikkei 27.651 -3,5% -4,0% Shanghai A 3.339 -1,5% -12,5% Euro/US-Dollar 1,00 0,2% -11,6% Euro/Yen 140,53 2,4% 7,5% 10-Jahres-US-Anleihe 3,23% 0,20 1,72 Umlaufrendite Dt 1,47% 0,24 1,75 Feinunze Gold $1.714 -1,5% -6,1% Fass Brent Öl $94,02 -5,3% 19,3% Kupfer $7.592 -8,5% -21,6% Baltic Dry Shipping $1.002 -10,8% -54,8% Bitcoin $20.339 -2,1% -56,7% | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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