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Das Volkswagen-Drama ist noch lange nicht ausgestanden. Porsche hat nun großzügig vermeldet, man werde 5% der eigenen VW-Aktien in den Markt geben, um die notwendige Liquidität sicherzustellen. Das bedeutet meiner Kalkulation zufolge einen außerordentlichen Spekulationserfolg für Porsche von 6 Mrd. Euro. Nicht schlecht, oder?
Sie können davon ausgehen, dass Porsche nun den VW-Kurs kontrolliert. Und es zeichnet sich ab, dass Porsche den VW Kurs nicht unter 500 Euro sacken lässt. Erst, wenn die 5% VW Aktien aus dem Porsche Besitz im Markt sind, wird der Kurs darunter fallen. Und dann, in ein paar Monaten, kann Porsche diese Aktien mit viel Geduld und Zeit langsam wieder einsammeln. Vermutlich wesentlich günstiger, denn VW ist nach wie vor keine 160 Mrd. Euro wert. Heute ist der letzte Tag des Monats Oktober. Ein schwarzer Monat, denn es ist der schlechteste Monat der DAX-Geschichte. Doch die Kursgewinne der vergangenen Tage lassen diese Betrachtung in den Hintergrund rücken: Wollte vergangenen Freitag niemand daran glauben, dass die Börse Ende dieses Jahres noch existiert, so kann sich heute niemand mehr vorstellen, warum der DAX nicht schon längst über 6.000 Punkte steht. Schauen Sie sich die Wochenentwicklung selbst einmal an: INDIZES (30/10/2008) Dow Jones: 9,180 | 5.6% DAX: 4,869 | 7.7% Nikkei: 8,576 | 12.1% Euro/US-Dollar: 1.3090 | 3.5% Euro/Yen: 125.68 | 4.4% 10-Jahre-US-Anleihe: 3.93% | 0.0 Umlaufrendite Dt: 3.70% | -0.1 Feinunze Gold USD: $732.80 | 4.1% Fass Crude Öl USD: $66.54 | -2.5% VDAX: 62,7 | +17% SENTIMENT-DATEN In Zusammenarbeit mit Sharewise (http://www.sharewise.com?heibel) werde ich Ihnen ab sofort wöchentlich ein paar Sentimentdaten zur Verfügung stellen. Sharewise ist eine neue Plattform im Internet, die einen wichtigen Aspekt zusätzlich zu den bislang verfügbaren Börsenmeinungen anbietet: Die Quelle der Meinung. Alle Veröffentlichungen auf Sharewise werden nachverfolgt und über jeden, der dort etwas veröffentlicht, wird eine Statistik angelegt, die seine Treffsicherheit offenbart. Natürlich ist das noch nicht das Ei des Kolumbus, denn je mutiger die Empfehlung, desto schwerer ist es, Pluspunkte zu sammeln. Aber immerhin wird dort einmal aufgezeigt, wer stets daneben liegt und wer häufiger Recht hat. Ihr Autor veröffentlicht im Zweiwochen-Turnus eine Wunschanalyse für die Sharewise-Mitglieder. Die Seite hat schon eine Menge Traffic angelockt, so dass es in meinen Augen sinnvoll ist, dort Sentiment-Daten zu erheben. Die Sentiment-Daten sind eine wichtige Komponente bei der Einschätzung der aktuellen Börsenlage, aber eben nur eine Komponente. Hier die Daten, die Sharewise mir liefert: ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen September (781): 60% / 40% Oktober (541): 57% / 43 % Häufigste Kaufempfehlung * SAP AG * ALCATEL-LUCENT Häufigste Verkaufsempfehlung * TOMTOM NV NAM. * AMB GENERALI HOLDING AG MITGLIEDER: Häufigste Kaufempfehlung * VOLKSWAGEN AG ST * HAMBURGER HAFEN U.LOG. Häufigste Verkaufsempfehlung * COMMERZBANK AG * DEUTSCHE POSTBANK AG NA Bullen / Bären Index Aktuell 46% Bullen Tief war Anfang Oktober, bei 41% Bullen Ich werde versuchen, das Thema „Sentiment" weiter auszubauen. Schauen Sie sich einmal die Seiten von Sharewise an und sagen Sie mir, was Sie davon halten: http://www.sharewise.com?heibel. WAS IN DIESEM MARKT FUNKTIONIERT In den vergangenen Tagen habe ich viele Gespräche geführt mit Tradern, Charttechnikern, Fundamentalanalysten, mit Langfristinvestoren und mit Finanzmathematikern. Selten habe ich eine solche Gesprächsbereitschaft vorgefunden, selten wurden so schnell tiefe Einblicke in die eigene Vorgehensweise gewährt, in der Hoffnung, den „Fehler im System" zu finden. Nach diesen Gesprächen bin ich der Ansicht, dass mein Ansatz nach wie vor zu den besten Ansätzen gehört. Ja, ich habe auch meinen Ansatz auf den Prüfstand gestellt, denn auch mit dem Portfolio des Heibel-Ticker PLUS haben wir uns eine blutige Nase geholt. Doch mit unserer Vorgehensweise, Verluste zu realisieren um Kapital für günstigere Rückkäufe zu haben, konnten wir das Minus deutlich verkleinern – und werden an dieser Strategie festhalten. Mag sein, dass es hin und wieder ein System gibt, ein Trendfolgesystem, ein mathematisches Modell, eine Sentiment-Analyse oder ähnliches, das hervorragende Ergebnisse liefert. Aber es gibt nicht das eine System, das diese Ergebnisse kontinuierlich liefert und ich kann Ihnen eine ganze Reihe von hellen Köpfen auszählen, die lange Zeit Erfolg hatten und irgendwann ihr eigenes gesamtes Vermögen und das ihrer Kunden / Leser / Angehörigen etc. verspielten. Jedes System läuft nur eine begrenzte Zeit und es ist fast unmöglich, den Zeitpunkt zu treffen, an dem sich das Glück gegen einen richtet. Nehmen wir die Sentiment-Analyse, die ich ab der heutigen Ausgabe regelmäßig in meine Betrachtungen einbeziehen werde. Über lange Zeiten liegt das Verhältnis von Bullen zu Bären bei über 70%. Der Mensch, wie auch Ihr Autor, ist tendenziell optimistisch gestimmt. Wenn das Verhältnis unter 50% sackt, sollte man kaufen, was das Zeug hält, denn lange bleibt die Stimmung bestimmt nicht so pessimistisch und dann steigen die Kurse wieder. Doch diesmal ist alles anders, wir hätten bei einem DAX über 7.000 bereits gekauft – seither ist die Optimistenquote unter 50% gerutscht. Und diese pessimistische Stimmung hält sich länger, als je zuvor. Wer also den ersten Einstieg verpasst hat, der konnte dann noch bei 6.000 Punkten groß einsteigen, um sein Geld zu verspielen. Also: Die Sentiment-Daten sind ein Indikator unter vielen. Auch die Charttechnik ist nicht die eierlegende Wollmilchsau: Schauen Sie sich mal im Internet nach „Fehlsignalen" um. Jede Menge! Und in Phasen wie diesen werden gleich reihenweise Fehlsignale hintereinander geliefert. Fundamentalanalysten neigen dazu, das bis auf die nackte Haut ausgezogene Unternehmen mit den Wettbewerbern der Branche zu vergleichen. Und dann wird beurteilt, ob das Unternehmen vorne mitspielt, also empfohlen werden kann, oder hinterher läuft, als nicht empfohlen wird. Ganz zum Schluss schaut der Fundamentalist auch noch auf die Marktverfassung, aber eben nur die konjunkturelle, nicht aber die börsentechnische. Der Aussage eines Fundamentalanalysten können Sie also folgen, wenn Sie sich vorher über die Branche Gedanken gemacht haben, in die Sie zu dieser Zeit investieren wollen. Doch auch hier ist es aus fundamentaler Sicht im vergangenen Jahr von heute auf morgen ein Unterschied geworden, ob Unternehmen ihre Projekte finanzierten oder aus der eigenen Tasche zahlten. Im vergangenen Jahr galt die Finanzierung noch als positiv, da das Aktienkapital dadurch stärkere Erträge erwarten durfte. Inzwischen ist das jedoch ein Manko, da Finanzierungen gekündigt und Kapital schwer zu bekommen ist. Na, und die Finanzmathematiker habe ich in den vorangegangenen Heibel-Ticker Ausgaben schon genug kritisiert: Die Finanzmathematik hat sich selbst ein Grab geschaufelt. Auch mein Ansatz, gute Aktien zu kaufen, im Falle eines Kursverlustes nachzukaufen und zu warten, hat sich in dieser Marktphase nicht bewährt. Ich habe irgendwann umgeschaltet und Verluste realisiert. Fazit: Wir müssen flexibel bleiben. Jeder Ansatz funktioniert nur in bestimmten Börsenphasen und über einen begrenzten Zeitraum. Wir müssen unseren Ansatz immer wieder auf den Prüfstand stellen, offen für Änderungen sein. Die Zeit, in der man eine Aktie kauft und einige Jahrzehnte liegen lässt, ist in meinen Augen abgelaufen. Das habe ich schon im Jahr 2001 geschrieben und in den vergangenen Wochen bin ich schmerzlich daran erinnert worden. Flexibel heißt, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen, um anschließend mit neuen Wegen wieder erfolgreich zu sein. Das Festhalten an einem ausgelaufenen System führt zur Katastrophe. Nach den Kursgewinnen der vergangenen Tage ruft nun alles wieder nach Empfehlungen und Kaufideen, besonders gerne wird nach Call-Optionsscheinen gefragt. Nein, das ist nicht der Zeitpunkt für Optionsscheine: Mit einem Volatilitätsindex über 30 (aktuell bei 62!) wird Ihre Option an Wert verlieren, auch wenn der Kurs steigt: Allein der damit einhergehende Volatilitätsrückgang drückt den Optionsscheinpreis stärker als der Preisanstieg des zugrundeliegenden Wertes für einen Anstieg des Optionsscheins sorgen kann. Auch von Zertifikaten (Knock-out, Hebel, etc.) rate ich derzeit ab. Immer häufiger erhalte ich Kundenanfragen, warum denn ein bestimmtes Zertifikat nicht mehr handelbar sei: Das sei doch nicht erlaubt. Doch, wenn Sie Zertifikate kaufen, begeben Sie sich in die Hand des Emittenten. Und die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass gerade an Tagen, an denen Sie mit Ihren Zertifikaten richtig gut verdient hätten, plötzlich keine Kurse mehr gestellt werden. „Technische Probleme" heißt es dann, oder aber man bezieht sich auf die „zu schnellen Kursbewegungen". Bis dann wieder Kurse gestellt werden, ist das Zertifikat häufig schon im Minus oder wertlos. Na, und fragen Sie mal die Anleger, die Lehman Zertifikate gekauft haben: Da rollt nun eine Klagewelle auf die Gerichte zu. Nun, genug schwarz gemalt: Wenden wir uns den erfreulichen Dingen zu. Die Kurse steigen wieder. Haben wir nun also den finalen Sell-off zum Wochenbeginn gesehen? Immerhin wäre der DAX ohne die VW Aktie auf 3.700 Punkte eingebrochen, und das ist schon ein extrem günstiges Niveau, wenn man sich die Bewertungen anschaut. Doch gleichzeitig laufen wir in eine Rezession und weltweit ist der Handel zum Stillstand gekommen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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