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Anleger wollen mehr Wumms für ihr Geld! An der Börse gibt es für alles Ziffern. Wenn man statistische Auswertungen fährt, benennt man die Ergebnisse gerne mit griechischen Buchstaben. Beta steht für das Verhältnis der Kursbewegung einer Aktie zum Gesamtindex. Eine Aktie mit hohem Beta bewegt sich stets schneller als der zugrundeliegende Index.
Wenn der DAX also beispielsweise um 2% ansteigt, dann steigen ThyssenKrupp und HeidelbergCement durchschnittlich um 3% an, Beiersdorf und Fresenius jedoch lediglich um 1%. In der Flaute der Sommermonate suchen Anleger nach soliden, langweiligen Titeln mit möglichst sicherer Rendite, nach Dividendentiteln also. Jetzt geht es auf den Herbst zu, und man schaut sich nach Aktien um, die etwas mehr Wumms, also mehr Beta haben. Und so konnte ich diese Woche beobachten, wie eine Reihe von Aktien stärker anstieg als der Rest, ohne dass es etwa irgendwelche Ereignisse gab, die diesen Anstieg hätten rechtfertigen können. Mehr Beta heißt zwar mehr Chancen aber, und das haben Sie sicher inzwischen auch schon gelernt, auch mehr Risiko. Wenn der DAX um 2% fällt, dann fallen die Aktien mit hohem Beta durchschnittlich überproportional. Wenn nun also in diesen Tagen Anleger bereit sind, sich mehr Risiko aufzuladen, dann müssen wir untersuchen, ob es sich lediglich um den saisonalen Faktor handelt, oder ob sich die konjunkturelle Situation, also die Euro-Schuldenkrise und die Konjunkturbremse in China, verbessert. Seit der Ankündigung Mario Draghis, den Euro mit allen Mitteln zu retten, ist der DAX bereits um 8% angestiegen. Diese 8% folgten den 7%, die der DAX bereits seit seinem Tief Anfang Juni zulegen konnte, ohne dass es einen besonderen Grund dafür gab. Anfang Juni galt es als unvermeidbar, dass die Eurozone bald auseinander brechen würde. Diese Befürchtung hat sich bislang nicht bewahrheitet oder zumindest scheint sich dieser Zusammenbruch nun noch ein paar Monate oder Jahre hinauszuzögern. Der ideologische Kampf um die "richtige" Politik ist entbrannt. Der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Ottmar Issing hat klar Stellung bezogen: Die aktuelle Schlagrichtung Mario Draghis werde die EZB in eine Abhängigkeit von der Politik bringen, die eine unabhängige Geldpolitik vereitelt. Gleichzeitig könne man den europäischen Integrationsprozess nicht mit Gewalt vorantreiben, geltendes Recht wiederholt brechen und einen fragwürdigen Zweck über die Mittel stellen, wenn die Bevölkerung diesen Weg nicht unterstützt. Auf der anderen Seite werden Forderungen nach immer mehr Liquiditätsflutung laut, die EZB sowie der EFSF bzw. später der ESM sollen Staatsanleihen kaufen, um den Zinsdruck von den überschuldeten Ländern zu nehmen. Unbestritten ist, dass Liquiditätsspritzen die Probleme nicht lösen. Anleihekäufe und niedrige Zinsen sind ein teurer Kaufpreis für mehr Zeit, um die notwendigen Strukturreformen umzusetzen. Die rechte Ideologie möchte zuerst Strukturreformen sehen und anschließend, sozusagen als Belohnung, die Geldschleusen öffnen. Die linke Ideologie möchte zuerst die Geldschleusen öffnen, um den ihrer Ansicht nach unerträglichen Druck von den überschuldeten Ländern zu nehmen, um anschließend Strukturreformen anzugehen. Strukturreformen! Draghi hat sich mit seiner Zusage, angeschlagenen Staaten zu helfen, wenn sie einen Hilfsantrag an den ESM gestellt haben, in eine politische Abhängigkeit begeben. Wenn nun also Italien und Spanien entsprechende Anträge stellen, dürfen sie mit Hilfen rechnen, und der Reformdruck lässt nach. Liquiditätsschwemmen ohne Strukturreformen erzeugen, wie die Geschichte unzählige Male gezeigt hat, ein Strohfeuer an den Börsen. Kursgewinne werden nicht nachhaltig sein. Setzt sich die rechte Ideologie durch, so ist zu befürchten, dass einige Euroländer dem Druck der Finanzmärkte nicht standhalten und die Eurozone verlassen müssen. Ein Drama? Nicht wenn man FDP-Chef Rösler zuhört. Und selbst Eurogruppenchef Juncker hat sich mit diesem Gedanken inzwischen angefreundet. Unter'm Strich, und davon bin ich überzeugt, gibt es in Europa eine überwältigende Mehrheit für eine stärkere Integration der EU. Gestritten wird nur über das "Wie". Und in diesem Punkt würde ich mir weniger Schritte wünschen, die zu Klagen vor dem Verfassungsgericht führen, weniger Schritte, die den rechtlichen Rahmen strapazieren, wenn nicht überstrapazieren, wie die Ankündigung des EZB-Chefs Draghi, sondern mehr Demokratie, mehr Volksbeteiligung, und in diesem Sinne dann auch mehr Aufklärung. Europa muss aus dem Willen einer Mehrheit entstehen, nicht aus dem Alleingang einer kleinen Politikerriege. Von diesem, in meinen Augen richtigen Weg sind wir noch weit entfernt, und so kann ich die aktuelle Börsenrallye nur als Strohfeuer bezeichnen. Ein Strohfeuer brennt sehr schnell und wird sehr heiß bevor es abkühlt. In unserem Portfolio haben wir zwei der drei Werte mit dem höchsten Beta im DAX enthalten und freuen uns über die großen Kursgewinne in diesen Werten. Doch wir müssen aufpassen, den Absprung nicht zu verpassen. Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES 9.8.2012 Woche Dow Jones 13.165 2,2% DAX 6.965 5,4% Nikkei 8.891 3,9% Euro/US-Dollar 1,23 0,7% Euro/Yen 96,31 0,9% 10-Jahres-US-Anleihe 1,69% 0,21 Umlaufrendite Dt 1,16% 0,06 Feinunze Gold $1.612 1,2% Fass Brent Öl $112,27 5,1% Kupfer 7.448 1,1% Baltic Dry Shipping 790 -8,2% Um 5,4% ist der DAX angesprungen. Alle Achtung. Da werden Überlegungen über die möglichen Erfolge der jüngsten Euro-Schuldenpolitik nichtig gemacht. Mit einem Sprung von 5,4% ist doch - zumindest aus Sicht der Börsianer - bewiesen, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde, oder? Nun, legen wir den Moralapostel eben vorerst beiseite und genießen wir die Rallye. Schließlich versuche ich im Heibel-Ticker immer, den Spagat zwischen Moral und Profit zu schaffen. Und in diesen Tagen sollten wir uns dem Profit zuwenden. Und der Profit ist, wie eingangs aufgezeigt, derzeit in den Titeln mit hohem Beta zu finden. Das sind insbesondere Titel des Rohstoffsektors, also zyklische Werte, sowie Technologieaktien und nach den diversen Finanzkrisen auch Bankaktien. Mal sehen, wie sich das Sentiment entwickelt hat: SENTIMENTDATEN Analysten Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 20.07.- 27.07. (332): 40% / 16% 27.07.- 03.08. (313): 41% / 19% 03.08.- 10.08. (299): 45% / 12% Kaufempfehlungen der Analysten Allianz, Lanxess, Rio Tinto Verkaufsempfehlungen der Analysten Givaudan, Beiersdorf, Douglas Privatanleger 30. KW: 46% Bullen (129 Stimmen) 31. KW: 57% Bullen (150 Stimmen) 32. KW: 54% Bullen (140 Stimmen) Kaufempfehlungen der Privatanleger Commerzbank, Arena Pharma, Nokia Verkaufsempfehlungen der Privatanleger BNP Paribas, Euro Disney, Western Digital Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Während Analysten zunehmend bullisch werden haben die Privatanleger einen Dämpfer bekommen. Analysten haben insbesondere zyklische Titel aufgewertet und die defensiven Titel abgewertet. Analysten fallen also voll in das von mir eingangs beschriebene Verhaltensmuster. Privatanleger hingegen werden vorsichtiger, vermutlich weil sie keine nachhaltige Veranlassung für die Kursgewinne erkennen können. So sind auch deren Empfehlungen nicht in Übereinstimmung mit der Entwicklung der vergangenen Woche, denn mit Western Digital und BNP Paribas scheut man sich vor Titeln mit hohem Beta, während man gleichzeitig die Sicherheit einer Arena Pharma sucht. Nicht ungeschickt, denn derzeit sind die defensiven Titel günstig zu haben. Schauen wir einmal, welchen Titeln die Analysten das größte Kurspotential zuschreiben: TOP ANALYSTENZIELE Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am meisten über dem aktuellen Kurs liegt: Unternehmen Analyse v. Kurs Kursziel Upside Epigenomics 8.8 0,97 € 5,50 € 467,01% Commerzbank 9.8 1,20 € 2,50 € 108,33% Deutz 9.8 3,21 € 6,40 € 99,38% Suess Micro 7.8 7,09 € 13,00 € 83,36% Logwin 8.8 0,84 € 1,50 € 78,57% Tipp24 6.8 35,10 € 61,00 € 73,79% TUI AG 8.8 5,34 € 9,00 € 68,54% Advanced Vision 8.8 4,32 € 7,00 € 62,04% Klöckner Co 8.8 7,45 € 12,00 € 61,07% Salzgitter 9.8 31,31 € 49,00 € 56,50% Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber, wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall individuell zu beurteilen. Mit Deutz, Klöckner und Salzgitter kommen bei den Analysten gerade die zyklischen Titel gut weg. Sondersituationen werden bei Epigenomics und der Commerzbank gesehen, und man ist bereit, dort Risiken einzugehen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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