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Ja genau, eine Rezession in Deutschland ist, wenn überhaupt, nur sehr kurz und milde, und EZB-Chef Draghi öffnet die Geldschleusen nur vorsichtshalber.
Ja genau, die USA und China werden bei der nächsten Verhandlungsrunde Anfang Oktober alle Meinungsverschiedenheiten klären und den Handelsstreit beenden. Ja genau, auch in den USA deuten die schwachen Arbeitsmarktdaten nicht auf Konjunkturprobleme, sondern vielmehr auf erforderliche Zinssenkungen, was bullisch ist. Und bei sinkenden Zinsen ist absehbar, dass die Konjunktur anziehen wird. Ja genau, Johnson steht nackt da, ohne Unterstützer, und die Brexit-Gegner werden sich durchsetzen, Neuwahlen erzwingen, ein neues Brexit-Referendum starten und den Brexit letztlich abwenden. Hmm, irgendwas stimmt hier nicht. Finden Sie den Fehler? Also entweder, die Konjunktur schwächelt und sowohl EZB als auch US-Notenbank Fed müssen geldpolitisch unterstützend aktiv werden, oder aber der Konjunkturabschwung ist nicht so schlimm und entsprechende geldpolitische Maßnahmen sind überflüssig. Aktuell sieht es so aus, dass sich die Notenbanker zu unterstützenden Maßnahmen verpflichtet haben, obwohl sich der Konjunkturausblick kontinuierlich verbessert. Das ist ein heftiger Stimmungswechsel: Noch vor wenigen Tagen galt eine Rezession in Deutschland als ausgemachte Sache und mit Hilfe von den Briten und Italienern wurde heftig am EU-Fundament gegraben. Versorger und Pharmaaktien waren gefragt, um sich gegen den aufziehenden Sturm zu wappnen. Diese Woche jedoch wurden diese Titel auf den Markt geschmissen (Gesundheit -2,3%): Carl Zeiss Meditec -8%, Eckert & Ziegler -15%. Immerhin konnte die Shop Apotheke um 13% zulegen. Versorger (+3,2%) waren durchwachsen, 1&1 Drillisch konnte im Kielwasser der LTE-Entscheidungen weiter zulegen (+10%) und SMA Solar profitiert von einem Wechsel auf dem Chefsessel (+15%). Varta-Batterien jedoch gaben -10% ab, in meinen Augen sind das Gewinnmitnahmen nach den heftigen Kursgewinnen der Vorwochen. Doch diese Woche sind zyklische Industrieaktien um 5,9% angesprungen: Deutz +8%, Heidelberger Druck +10%, König und Bauer +11%, Krone Getränkeabfüllanlagen um +10% und Norma Verbindungselemente sogar +15%. Die EZB-Entscheidung, die Geldmärkte einer neuen Runde der Geldflutung auszusetzen, führte bei den Banken und Versicherungen zu Problemen. Sie gaben gestern nach der Zinsentscheidung aber nur einen Teil ihrer Wochengewinne ab. Viel stärker traf es diese Woche die Wachstumstitel im Finanzbereich: Hypoport (-8%) und Wirecard (-5%). Hier erfolgte innerhalb der Finanztitel ein Schwenk von Wachstumschancen (Hypoport, Wirecard) zu gesunkenem Ausfallrisiko (Deutsche Bank +7%, Commerzbank +9%, Aareal Bank +6%). Der Umstand, dass Banken mit dem traditionellem Bankgeschäft im Negativzinsumfeld kaum noch nennenswert Geld verdienen können, spielt bei der dem Untergang geweihten Branche kaum noch eine Rolle. Am stärksten jedoch profitierte die Autoindustrie (+8%): Hella +11%, Leoni +10%, Schäffler +16%, Aumann +9%, Stabilus +11%, Jost Werke +13% und Infineon +9%. Vergessen sind die Strafzölle, die seitens der USA drohen. Übersehen wurde auch, dass der deutsche Botschafter in Peking einbestellt wurde, um die Beschwerde über die warme Aufnahme des Hongkonger Freiheitskämpfers Joshua Wong entgegen zu nehmen. Im Kielwasser der Autos konnten auch Rohstoffunternehmen profitieren: Salzgitter +11%, SGL Carbon +11%. Und auch Marketingfirmen wie ProSiebenSat.1 (+14%) und die RTL Group (+9%) freuen sich auf dicke Einnahmen aus der Autobranche. In den USA sah es diese Woche ähnlich aus: Die schwachen Arbeitsmarktdaten vom Freitag vor einer Woche werden Notenbankchef Jay Powell nächste Woche zu einer Zinssenkung zwingen. Daraus folgte ein Ausverkauf am Anleihemarkt, also sinkende Anleihepreise und dadurch steigende Renditen, was von Anleiheanlegern als sicheres Zeichen einer anziehenden Konjunktur gewertet wird. Entsprechend wurden auch in den USA gerade die zyklischen Industrieaktien gekauft, aber auch Bankaktien, die von einer guten Konjunktur (bei verträglichem Zinsniveau) profitieren. So wurden Wachstumstitel wie Visa (-5%), Mastercard (-9%) und Paypal (-3%) verkauft, stattdessen wurde Geld in die Traditionsbanken wie Bank of America (+7%), Citigroup (+2%) gesteckt. Da frage ich mich schon manchmal, was die Anleger reitet: Wachstumstitel, die mittelfristig gute Erfolge erwarten lassen, werden zugunsten zyklischer Aktien eingetauscht, um von den vielleicht stattfindenden heftigen Kursgewinnen der stark schwankenden Zykliker zu profitieren: Eine Zockerei, an der Sie sich nicht beteiligen sollten. Wie lange das so weitergehen kann und wie ich mich in dieser Situation verhalten würde, erkläre ich in Kapitel 04. APPLE BLÄST ZUM STURM Diese Woche hat Apple seine Produkte vorgestellt, mit denen im diesjährigen Weihnachtsgeschäft die Kundenherzen gewonnen werden sollen. Mein Eindruck: Apple verschenkt nun Geräte und Services, um möglichst viele Abokunden zu gewinnen. Nie zuvor war Apple so aggressiv auf Kundenfang. Die AppleWatch gibt es ab sofort bereits ab 229 Euro (USA: 199 US-Dollar). Da ist ein Preisschild, mit dem Apple nun die breite Masse der Angeber und Modefetischisten erreichen wird. Die günstigste AppleWatch ist kaum von den teuren Modellen zu unterscheiden. Zudem wird es viele modebewusste Menschen geben, die sich verschiedene Farben davon zulegen werden. Ich gehe davon aus, dass die Stückzahlen der verkauften AppleWatches nun abheben wird, obwohl sie ohnehin bereits die meistverkaufte Smartwatch ist. Mit dem iPhone 11 hat Apple auch im Smartphonemarkt ein neues "günstiges" Modell platziert, das in seiner technischen Ausstattung die meisten wesentlichen Merkmale der High-End Versionen hat. Doch auch die nunmehr günstigste iPhone Version, das iPhone 8 für 529 Euro, besitzt schon die meisten Funktionen der teureren Modelle und wird ebenfalls breiten Absatz finden. Es wird langsam langweilig, aber auch für die iPad-Modelle gilt: Das neue iPad (Version 7) enthält alle wesentlichen Funktionen der um ein vielfaches teureren Geschwister, ist aber schon für 429 Euro zu haben. Sie merken es: Ich schreibe diesmal nicht über die tollen Innovationen, mit denen Apple seine High-End Geräte ausstattet, sondern ich schreibe über den Massenmarkt. Im November startet Apple dann noch weltweit seinen Streaming-TV Dienst Apple TV+, der mit 4,99 Euro günstiger ist als Netflix, Amazon und die meisten anderen. Zudem gibt es ein Jahr Apple TV+ kostenfrei zu jedem Kauf eines Apple-Gerätes dazu. Bei diesem Angebot werden viele Netflix-Kunden ihr Abo mal für ein Jahr pausieren, einfach nur um Apple TV+ mal kostenfrei kennenzulernen. Also: Nein, wirklich "verschenken" tut Apple die Geräte natürlich nicht, aber die günstigsten Modelle sind technisch extrem aufgewertet und preislich deutlich nach unten gedrückt worden. Die Gewinnmarge im Hardwaregeschäft dürfte meiner Erwartung nach in den kommenden Quartalen sinken und gleichzeitig wird das Servicegeschäft keine besonderen Einnahmesprünge verzeichnen, da viele Dienste verschenkt werden. Apple wird anders bewertet werden müssen: die Entwicklung der Abos wird wichtig werden. Ich denke, die Aktie dürfte durch diesen Schwenk volatil werden, bis sich die Analysten auf neue Bewertungsmodelle geeinigt haben. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (12.09.2019) Woche Δ Σ '19 Δ Dow Jones 27.233 1,6% 18,1% DAX 12.469 2,3% 18,1% Nikkei 21.988 3,7% 9,9% Shanghai A 3.176 1,1% 21,6% Euro/US-Dollar 1,11 0,3% -3,2% Euro/Yen 119,71 1,5% -5,1% 10-Jahres-US-Anleihe 1,86% 0,31 -0,87 Umlaufrendite Dt -0,49% 0,11 -0,59 Feinunze Gold $1.493 -1,8% 16,6% Fass Brent Öl $60,33 -0,9% 15,6% Kupfer 5.764 1,8% -4,2% Baltic Dry Shipping 2.331 -6,7% 83,4% Bitcoin 10.377 -2,0% 164,6% Eigentlich hätte der Euro nach dem Zinsentscheid fallen müssen. Eigentlich hätte das Zinsniveau ebenfalls weiter fallen müssen. Doch beides ist nicht geschehen und wir dürfen nun Rätselraten, warum. Ich vermute, dass der Zwist der EZB-Sitzung ursächlich für diese Reaktion ist: Draghi hat über das Ziel hinaus geschossen. In Kapitel 04 gehen ich näher darauf ein. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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