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Ich möchte Ihnen heute aufzeigen, wie ein sich selbst bedingender Erfolg zu Marktverzerrungen führen kann. Die Rallye befindet sich in einem späten Stadium, und mich erreichen immer mehr besorgte Leseranfragen: Die einen sorgen sich um einen drohenden baldigen Absturz an der Börse, die anderen sorgen sich um die entgangenen Gewinne aus zu früh verkauften oder gar nicht gekauften High-Flyern.
Ich sage es vorweg: Nein, Sie erhalten von mir heute keine alarmierende Warnung vor einem drohenden Kollaps der Börsen. Ich habe im Januar 2000 die völlig überzogen teure Übernahme von AOL durch Time Warner als Alarmsignal gewertet, doch in den folgenden drei Monaten hat sich der Nasdaq nochmals mehr als verdoppelt bevor es dann drei Jahre lang bergab ging. Von den 500 jungen Internetfirmen, die zur Jahrtausendwende an die Börse gingen, sind in den Folgejahren 300 Pleite gegangen. TESLA: THE SKY IS THE LIMIT Kommen wir also als erstes zu Tesla: Gründer und CEO Elon Musk wird bereits als neuer Steve Jobs gehandelt, und ich habe die größte Sympathie für ihn. Tesla ist profitabel, und bereits auf Basis der für 2015 erwarteten Zahlen ergibt sich ein KGV von nur noch 55. Doch nun kommt ein Analyst daher und errechnet ein Kursziel von 320 USD, basierend auf dem potentiellen Umsatz und Gewinn, den eine noch zu bauende Batteriefabrik Tesla bringen könnte. Hier nimmt ein Analyst eine Idee, eine Vision als Grundlage für Berechnungen. Das ist Humbug! Keine noch so gute Idee ist ein Erfolg, bevor sie umgesetzt ist. Elon Musk bringt jedoch einige herausragende Referenzen mit: Er hat PayPal mit gegründet, und PayPal gilt heute als erfolgreichstes Online-Zahlungsmittel. Er hat damit alte Strukturen der Finanzbranche "zerstört" - "disruptive business models" nennen die Amerikaner Ideen, die solche zerstörerischen Folgen haben. Und disruptive ist auch Tesla, mit dem Elektroauto zerstört Tesla die Strukturen der Automobilindustrie. Musk hat noch ein weiteres Geschäft: SolarCity, eine Solarfirma. Die Aktie dieses Unternehmens ist im vergangenen Jahr von 13 auf nunmehr 62 Euro geschossen. SolarCity bringt die Solartechnologie auf die Garagendächer. Nun fehlt in der Vision Elon Musks noch der Energiespeicher, die Batterie. Große Batterien werden schon in den Tesla-Wagen verwendet. Er möchte gerne ein Stromnetz aufbauen, in dem die durch Solarzellen produzierte Energie in Autobatterien gespeichert werden kann, um nachts abgerufen zu werden, beispielsweise für Beleuchtung und Heizung. Tagsüber kann man mit dem Auto dann fahren, aber meist steht es ja ohnehin auf dem Firmenparkplatz, wo dann auch wieder ein Ladevorgang tagsüber durch Solarenergie erfolgen kann. Leider würde allein Tesla schon in wenigen Jahren sämtliche weltweit produzierten Laptop-Batterien aufkaufen, wenn der Erfolg des Elektrowagens anhält. Statt die etablierten Batteriehersteller zu einer Ausweitung der Produktion zu überzeugen hat Elon Musk nun beschlossen, selber die weltweit größte Batteriefabrik zu bauen, Giga-Factory wird sie schon genannt. 5 Mrd. USD möchte er investieren, 1,5 Mrd. USD hat er sich soeben durch eine Wandelanleihe beschafft. Die Idee ist nicht neu, diverse Solarworld-Vortragsfolien von CEO Frank Asbeck zeigen bereits seit Jahren diese Vision auf. Doch Elon Musk traut man nun zu, diese Vision auch Wirklichkeit werden zu lassen. Ich wünsche ihm viel Erfolg dafür, und ich wünsche mir, dass seine Vision Wirklichkeit wird. Ich hätte es auch Frank Asbeck gegönnt. Oder besser noch, es ist mir eigentlich egal, wer dieser Idee zum Durchbruch verhilft, Hauptsache es gelingt. Doch der Weg dorthin ist weit, und ich verstehe eines nicht: Wie können Analysten davon ausgehen, dass weder Solarfirmen, noch Batteriehersteller, noch Automobilhersteller dem Treiben von Elon Musk untätig zuschauen? Zudem wird die Giga-Factory als neues Geschäft mit eigenem Umsatz und Gewinn bewertet. Dabei ist diese Giga-Factory eine Notwendigkeit für den angestrebten Wachstumspfad Teslas. Die Batterien werden keinen Gewinn abwerfen, sie werden lediglich die Kosten für ein Tesla-Modell niedrig halten. Nein, Tesla ist nicht zu vergleichen mit den Internetbuden, die keinen Umsatz und entsprechend auch keine Gewinne hatten aber dennoch schon Milliarden-Bewertungen aufs Parkett brachten. Tesla hat reale Umsätze und Gewinne, die Tesla-Autos sind real. Das Unternehmen ist in meinen Augen tatsächlich "disruptive", es wird in der Automobilindustrie kein Stein auf dem anderen bleiben. Aber die Bewertung von Tesla gerät in meinen Augen nun langsam aus den Fugen. Tesla hat drei Arten von Aktionären: begeisterte Elektroautofahrer, institutionelle Momentum-Manager und leerverkaufende Hedgefonds, die auf dem falschen Fuß erwischt werden. Sie vermissen"Investoren"? Die gibt es seit etwa 100 Punkten nicht mehr. Begeisterte Elektroautofahrer: Ich habe Ihnen im vergangenen Sommer von meiner Probefahrt berichtet und viele von Ihnen werden sich an meine Begeisterung für das AUTO erinnern. Schon damals fand ich die Aktie zu teuer, das war bei 140 Euro. Inzwischen steht sie bei 180 Euro und ist damit in meinen Augen noch teurer. Viele Tesla-Fahrer jedoch schauen jeden Tag begeistert auf den Kursanstieg der Aktie und sehen darin die Bestätigung für die Überlegenheit des eigenen Autos. Dabei wird völlig vergessen, dass es Bewertungsmaßstäbe für solche Unternehmen gibt. Nein, solange die Aktie steigt und das Auto begeistert ist die Welt schön, und man denkt nicht über einen Verkauf nach. Institutionelle Momentum-Manager: Es gibt unzählige Fonds und Anlageinstrumente. Darunter befinden sich auch einige, die explizit in Unternehmen mit hohen Wachstumsraten investieren. Wenn ein institutioneller Momentum-Manager ein solches Unternehmen gefunden hat, dann freut er sich monatlich über die großen Kursgewinne, die ihm dieses Unternehmen bringt. Er macht Werbung mit diesen Kursgewinnen und wird umgehend neue Kunden von seinem Anlageprodukt begeistern. Mehr Geld kommt in seine Firma, und er macht genau das, womit er so erfolgreich war: Er kauft mehr Tesla. Wenn sich dann mehrere solcher Momentum-Manager eingefunden haben, dann treiben diese Käufe allein schon die Aktie weiter nach oben. Und jeden Monat können wieder Rekord-Gewinne im eigenen Anlageprodukt ausgewiesen werden, die Kunden werden immer mutiger und stecken immer mehr Geld in diese Strategie, und das Geld wird erneut in das gesteckt, was für den Erfolg verantwortlich ist: Tesla. Sie verstehen, worauf ich hinaus will... Solche Momentum-Manager schauen auf Wachstumsraten, nicht auf Bewertungskennziffern. Entsprechend wird dieses System so lange funktionieren, wie die Wachstumsraten hoch bleiben. Und das ist bei Tesla noch immer der Fall. Leerverkaufende Hedgefonds auf dem falschen Fuß: Hedgefonds haben es zur Aufgabe, in steigenden Märkten auch Anlagemöglichkeiten zu finden, die im Falle eines Aktienmarkteinbruchs besonders heftig leiden werden, um damit die Verluste in anderen Anlagebereichen auszugleichen. Wenn also ein Hedgefonds Tesla mit einem KGV 14e von 250 sieht und ein Kurs/Umsatz-Verhältnis von 15, dann ist er sich sicher, dass damit beim nächsten Crash dicke Gewinne eingefahren werden können, wenn man auf fallende Kurse setzt. Doch wann kommt der nächste Crash? Je länger der Crash auf sich warten lässt, desto teurer werden die Leerpositionen. Anders als bei normalen Aktienpositionen müssen Sie nämlich bei Leerpositionen, mit denen Sie auf fallende Kurse spekulieren, Sicherheiten bei Ihrer Bank hinterlegen. Und je höher die Aktie steigt, desto höher werden die erforderlichen Sicherheiten. Das Verlustrisiko ist dadurch bei Leerverkäufen theoretisch unendlich, unzählige Hedgefonds sind daran schon Pleite gegangen. Wenn die Aktie also so stark steigt, dass die erforderlichen Sicherheiten die Möglichkeiten des Hedgefonds zu überschreiten drohen, wird die Position aufgelöst. Und im Falle einer Leerposition heißt auslösen eben kaufen. Und diese zusätzliche Kaufnachfrage treibt den Kurs weiter in die Höhe. Lösen Sie sich also bitte von der Vorstellung, dass Investoren das Bewertungsniveau von Tesla bestimmen, und werfen Sie mir bitte nicht vor, dass ich Sie nicht in Tesla gejagt habe. STRUKTUREN DES TELCO-MARKTES WERDEN ZERSTÖRT Facebook ist eine weitere Aktie, die derzeit hochgejubelt wird. Genau wie bei Tesla kann ich auch bei Facebook die Begeisterung nachvollziehen. Gründer und CEO Mark Zuckerberg hat ebenfalls mit seinen jungen 29 Jahren bereits mehrfach bewiesen, dass er bestehende Strukturen zerstören kann. Zunächst hat er MySpace.com vom Markt gefegt, indem er viel mehr Interaktion auf den jeweiligen persönlichen Seiten ermöglichte. Nach der Übernahme von Instagram hat er der Welt gezeigt, dass man auch einen Photodienst in soziale Netze integrieren kann, der Pfad für das Geldverdienen durch Instagram ist festgelegt, auch dort wird gezielte Werbung Einzug erhalten. Sodann hat Zuckerberg selbst mich überrascht, indem er blitzschnell ein scheinbar unlösbares Problem löste: Wie kann man Werbung auf mobilen Endgeräten wie Smartphones unterbringen. Noch vor anderthalb Jahren hielt ich das für fast unmöglich, heute ist es eine Selbstverständlichkeit. Und nun hat Zuckerberg den Textnachrichtendienst WhatsApp gekauft. Will er dort ebenfalls Werbung einführen? Nein. Auf der Mobilfunkmesse in Barcelona wurde nun bekanntgegeben, dass WhatsApp um eine Audio-Funktion erweitert werden soll. Und plötzlich fällt es der Analystenwelt wie Schuppen von den Augen: Ziel ist die Zerstörung der etablierten Strukturen im Mobilfunkmarkt. Schauen Sie sich den Klotz am Bein der Telekom an, der Festnetztelefonie heißt. Und nun stellen Sie sich vor, dass dieser Klotz in fünf Jahren nur noch Telefonie heißt. Telefonieren können wir schon lange über das Internet, lediglich das Mobilfunknetz ist noch nicht schnell genug dafür. Audio-Daten beanspruchen eben mehr Bandbreite, benötigen schnellere Datenleitungen als das Surfen im Internet oder das Senden von Textnachrichten. LTE (4G) ist in Deutschland auf dem Vormarsch, und die Deutsche Telekom zeigt jedem Interessenten die kalte Schulter, der über dieses schnelle Datennetz auch Telefonate schicken möchte. Noch. Bei näherem Hinschauen ist die Entwicklung recht einfach absehbar: Telekomunternehmen werden im Mobilfunkgeschäft den gleichen Niedergang erleben, den sie im Festnetzgeschäft erlebten. Kunden werden es künftig schätzen, nicht mehr unter einer Telefonnummer erreichbar zu sein, sondern über beispielsweise eine E-Mail Adresse immer genau dort angerufen zu werden, wo sie sich gerade befinden. Mit Telefongebühren die keinen Unterschied machen, ob man mit dem Nachbarn telefoniert oder der Tante in Australien. Für diese Welt rüstet sich aber nicht nur Facebook, vielmehr ist Facebook tatsächlich ein Nachzügler. Google hat bereits Google Talk, Apple hat Facetime und Microsoft hat Skype. Alle sind technologisch in der Lage, Gespräche auch über das Mobilfunknetz abzuwickeln, doch die Mobilfunkantennen gehören den Mobilfunkunternehmen, und die lassen sich (noch) nicht die Butter vom Brot nehmen. Die Kunden werden irgendwann entsprechende Forderungen durchsetzen, und Facebook, Google, Microsoft und Apple stehen bereit. Telefongebühren werden purzeln, und ein guter Teil des Umsatzes der Mobilfunkunternehmen wird bei Diensten wie Skype, WhatsApp, Facetime und Google Talk landen. Können wir das heute schon in Zahlen fassen? Nein, genauso wenig wie bei Tesla lassen sich solche Entwicklungen heute schon berechnen. Aber genauso wie bei Tesla steht Facebook ein Visionär vor, dem Anleger zutrauen, bei dieser Entwicklung ganz vorne mit dabei zu sein. Facebook notiert aktuell auf einem KGV 14e von 90 und einem KUV von 22. Soll ich Ihnen mal verraten, was für Aktionäre Facebook hat? Nun, begeisterte Social Networker, institutionelle Momentum-Manager und leerverkaufende Hedgefonds, die auf dem falschen Fuß erwischt werden. Den Rest der Story kennen Sie schon. MOMENTUM-HIGH-FLYER LEBEN GEFÄHRLICH Im vergangenen Jahr haben sich einige Gewinner an der Börse herauskristallisiert. Doch seit Jahresbeginn scheint es mir, als fließe alles Anlegerkapital ausschließlich in diese Gewinner, unabhängig von deren aktuellem Bewertungsniveau. Die Aktien schießen parabolisch gen Himmel, und genau da wird es gefährlich. Nochmals: Verstehen Sie mich nicht falsch: Jedes dieser Unternehmen hat ein gutes Geschäftsmodell, einen herausragenden CEO, und jedes dieser Unternehmen bricht bestehende Strukturen im Markt auf. Diese Aktien sind mit Recht in die Höhe geschossen, doch inzwischen haben vielfach begeisterte Kunden, Momentum-Manager und Leerverkäufer auf dem falschen Fuß die Kontrolle übernommen. Stratasys beispielsweise, das führende Unternehmen in der Zukunftsbranche des 3D-Druckens. Das KGV 14e steht bei 60, das KUV bei 7. Geht ja noch, werden Sie sagen, aber Stratasys ist kein junges Unternehmen sondern ein alter Industriekonzern. Workday, das aufstrebende Cloudunternehmen, das Personalmanagement anbietet. Gewinne gibt es noch nicht, das KUV steht bei 42. Bei aller Cloud-Euphorie, da komme ich nicht mehr mit. Netflix wird geliebt für die einfache Bedienung und die Möglichkeit, seine Lieblingsserien genau dann zu schauen, wenn man es möchte. Kabelprovider zittern vor Angst, bald durch das Internet abgelöst zu werden. Die Kunden von Netflix lieben den Dienst und jubeln die Aktie in die Höhe. Das KGV 14e steht bei 240, das KUV bei 7. Luxusartikelanbieter Michael Kors aus Hongkong hat mit seinen Handtaschen den Geschmack der Gesellschaft getroffen, Kunden zahlen jeden Preis - für Handtaschen als auch für die Aktie. Das KGV von 34 geht noch, allerdings stimmt das KUV von 7 für einen Einzelhändler sehr nachdenklich. Ebenso Sport-Funktionskleidunganbieter Under Armour, der auf einem KGV von 77 und einem KUV von 6 notiert. Auch hier haben die exorbitanten Wachstumsraten des Vorjahren für eine Übertreibung gesorgt. Biotech-Unternehmen Regeneron hat eine Augenbehandlung auf den Markt gebracht, die für Patienten wesentlich leichter anwendbar ist: Nur noch halb so viele Spritzen direkt ins Auge. Die Aktie steht auf einem KGV von 89 und einem KUV von 15. Da wird die Eroberung der Welt ebenfalls schon als gegeben vorausgesetzt. Chipotle Mexican Grill habe ich selbst in New York lieben gelernt. Gesunde Tacos! Die Kunden zahlen auch hier jeden Preis für die Tacos als auch für die Aktie. Ein KGV von 53 und KUV von 6 sprechen auch hier Bände. So schnell kann eine gesunde Fast-Food-Kette gar nicht expandieren, um diese Bewertung irgendwann einmal einzuholen. Yelp haben wir ja schon mehrfach im Portfolio gehabt und konnten ein wenig von dem Hype profitieren. Doch auch dort ist das Bewertungsniveau mit einem KGV von 260 und einem KUV von 28 ein wenig zu hoch für meinen Geschmack. Es gibt also jede Menge High-Flyer, die nur deswegen weiter steigen, weil sie eben steigen. Weil Momentum-Manager nach Performance lechzen und einen teuflischen Kreislauf losgetreten haben. Wie weit das noch gehen kann, werde ich im Kapitel 04 näher untersuchen. Schauen wir zunächst einmal auf die Wochenentwicklung der wichtigsten Indizes: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (27.02.2014) | Woche Δ Dow Jones: 16.273 | 0,9% DAX: 9.588 | -0,3% Nikkei: 14.841 | -0,2% Euro/US-Dollar: 1,37 | 0,0% Euro/Yen: 139,49 | -0,7% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,64% | -0,11 Umlaufrendite Dt: 1,33% | -0,01 Feinunze Gold: $1.330 | 0,8% Fass Brent Öl: $108,64 | -1,3% Kupfer: 7.083 | -1,4% Baltic Dry Shipping: 1.250 | 7,4% Genau wie in den beiden Vorwochen laufen die Aktienindizes weitgehend seitwärts während Einzeltitel teilweise heftige Ausschläge vollziehen. Wie angekündigt wird es immer wichtiger, die richtigen Aktien im Portfolio zu haben. Richtig heißt in diesem Umfeld auch, dass man die eine oder andere der oben genannten Momentum-Aktien hält, denn genau das sind die Aktien, die derzeit am stärksten steigen. Das heißt allerdings auch, dass wir nunmehr besonders aufmerksam sein müssen, um eine eventuelle Kehrtwende der Börsen frühzeitig zu erkennen. Bislang werden jedoch jegliche Korrekturen sofort gekauft und binnen 24 Stunden notieren die Indizes wieder auf dem ursprünglichen Niveau. Der Goldpreis klettert kontinuierlich weiter nach oben. Keine spektakuläre Rallye, aber in den ersten beiden Monaten des Jahres hat das Gold bereits um 11% zugelegt - während die Aktienindizes um den Nullpunkt pendeln. Schauen Sie sich mal das Zinsniveau an: Seit der Ankündigung Bernankes, die Liquiditätsflutung (QE3) zu drosseln (tapering), war das Zinsniveau angesprungen. Im Mai vergangenen Jahres betrug die Rendite der 10-Jahre laufenden US-Anleihen noch 1,61%, zum Jahreswechsel stand die Rendite bei 3,04%. Damit haben sich die Kosten für Kredite fast verdoppelt! Auch die in Deutschland ausschlaggebende Umlaufrendite hat sich in diesem Zeitraum von 0,98% auf bis zu 1,67% entwickelt. Inzwischen ist das Zinsniveau wieder zurückgekommen, die Umlaufrendite auf 1,33% und die US-Rendite auf 2,64%. Das ist gut für die Wirtschaft, schlecht für die Banken. Unternehmen kommen mit jedem Zinsniveau zurecht. Wenn die Zinsen höher stehen, werden halt weniger Investitionen eingegangen. Nur die aussichtsreichsten Investitionen versprechen einen Rückfluss, der die hohen Kreditzinsen übersteigt. Doch hohe Zinsen sind gleichzeitig ein Zeichen dafür, dass es der Wirtschaft gut geht. Insofern ist das absolute Zinsniveau nicht erfolgskritisch für die Konjunktur. Wichtig ist nur das relative Verhältnis zur Inflation. Doch ein Problem kann es geben: Wenn das Zinsniveau zu schnell steigt, dann können sich Unternehmen nicht auf das neue Zinsniveau einstellen. Eingegangene Investitionen, die häufig mit variablem (also vom Zinsniveau abhängigen) Zins vereinbart wurden, werden plötzlich zu teuer. Ja, anders als bei Ihrer privaten Hausfinanzierung legen Unternehmen bei Investitionen den Kreditzins selten für lange Laufzeiten fest. Entsprechend abhängig sind sie von der Zinsentwicklung. Steigt der Zins über mehrere Jahre langsam und kontinuierlich an, dann können sich Unternehmen auf diese Entwicklung einstellen. Springt der Zins jedoch überraschend in die Höhe, wie im vergangenen Jahr, dann werden die Kreditkosten einigen Unternehmen über den Kopf wachsen, es wird Pleiten geben oder zumindest Stornierungen von Investitionen, und das beeinträchtigt dann nicht nur das Unternehmen selbst sondern auch die Konjunktur negativ. Ein langsam steigendes Zinsniveau ist also wünschenswert, und vor diesem Hintergrund ist die Konsolidierung des Zinssprungs aus dem vergangenen Jahr nun sehr zu begrüßen. Es ist ein wesentlicher Faktor der Rallye, die wir derzeit sehen. Entsprechend aufmerksam müssen wir auch das Zinsniveau beobachten: Steigt es wieder kräftig an, dann sollten wir unser Aktienengagement reduzieren. Für Banken hingegen gilt das nicht. Banken verdienen den Großteil ihres Gewinns aus der Zinsdifferenz. Kredite werden zum langfristigen Zins ausgegeben, und die Bank refinanziert sich am kurzfristigen Markt. Ein Unternehmenskredit wird also derzeit zu (je nach Unternehmen) beispielsweise 4% auf fünf Jahre ausgegeben, die Bank holt sich das Geld jedoch von der EZB zu 0,25% zurück. Die Zinsdifferenz ist der Gewinn der Bank. Je höher also die langfristigen Zinsen steigen, während der Leitzins nahe der Nulllinie bleibt, desto größer ist der Gewinn im Bankensektor. Für eine breite Rallye, eine Aktienmarktrallye also, die möglichst viele Branchen mitnimmt, brauchen wir unbedingt auch steigende Bankaktien. Das war in den ersten beiden Monaten des Jahres 2014 kaum der Fall - lediglich einige Sondereffekte führten bei Einzeltiteln zu steigenden Kursen - und daher steht die Rallye derzeit meiner Definition zufolge auf wackeligen Beinen. Entweder die Banken ziehen bald an, oder es wird haarig. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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