Beitrag gelesen: 1955 x |
||
Es ist Ende April, die meisten Quartalsergebnisse sind inzwischen bekannt, die Berichtssaison nimmt einen Gang raus. Soll heißen: Wir haben nun zwei Wochen hinter uns, in denen an jedem Tag Quartalszahlen vermeldet wurden, die entweder die Erwartungen erfüllt oder meistens sogar übertroffen haben. Einige Male wurden die Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen (siehe Banken & US-Broker!).
Die positiven Überraschungen sind auf dem Tisch. Intel hat die gesamte Technologiebranche mit sich nach oben gerissen. Ab dem Tag des Intel-Ergebnisses musste ein Technologieunternehmen schon das Erwartete übertreffen, um seinen Aktienkurs am folgenden Tag ins Schwarze zu pressen. Für Amazon und Microsoft war dies gestern Abend nicht mehr möglich. Sie vermeldeten Zahlen, die den Erwartungen entsprachen und hielten in ihrem Ausblick an den bisherigen Prognosen fest. Das Resultat: Amazon notiert heute mit 5%, Microsoft mit 3% im Minus. Oh wie schrecklich ;-) Nein, irgendwann ist es auch mal gut. Und nach der Rallye der vergangenen Wochen steuern wir nun auf den Mai zu, auf eine Phase mit eher wenigen Unternehmensmeldungen und gegebenenfalls übereifriger politischer Aktivität. Da ist es nur sinnvoll, auch einmal Gewinne mitzunehmen. Zumal das Gewittergrollen am Horizont immer näher kommt: Griechenland hat heute Vormittag nun doch um IWF- und EU-Hilfen gebeten. Gleichzeitig formiert sich in der FDP ein Widerstand gegen die von Merkel und Schäuble zugesagten Hilfen oder zumindest deren Automatisierung in einem Eu-Rettungsfonds EMF. Sie kennen meine Meinung zum Thema: Wir haben in Deutschland ein kollektives Gedächtnis und dieses hat bereits zwei vollständige Währungsreformen mitgemacht (1923 und 1944). Die D-Mark war eine feste Währung und ohne das Versprechen der anderen EU-Länder, auch den Euro zu einer solchen festen Währung zu machen, hätte es den Euro nicht gegeben. Nun wird Deutschland 8 Mrd. Euro nach Griechenland überweisen, weil Griechenland zehn Jahre lang ausschweifend gelebt hat. Ich möchte hier nicht diskutieren, ob das fair ist oder nicht. Aber ich weiß, dass dieser Weg geeignet ist, den Deutschen beizubringen, eben doch nicht so restriktiv mit dem eigenen Bundeshaushalt ins Gericht zu gehen ... und zusätzlich dazu, dass für die anderen hochverschuldeten Länder hier ein falsches Signal gesetzt wird, erwarte ich auch von den übrigen Ländern künftig weniger Haushaltsdisziplin. Kaufen Sie Gold. Das Gewittergrollen am Finanzmarkthorizont der USA kommt ebenfalls näher und wird lauter: Die SEC hat mit ihrem Vorwurf gegen Goldman Sachs erreicht, dass der US-Amerikaner nun weiß, dass die Broker selbst ihre institutionellen Kunden über den Tisch ziehen. Die gesamte Finanzbranche steht nun in einem schlechten Licht da. Und das zu einem Zeitpunkt, da Goldman Sachs, Citigroup, J.P. Morgan, die Bank of America, Wells Fargo, etc. Rekordgewinne melden. Der Neid der US-Amerikaner könnte zu keinem besseren Augenblick geschürt werden. Und in diese Situation hinein macht Präsident Obama seine Finanzmarktreform zum Top-Thema. Er hielt gestern eine Ansprache an der Wallstreet, in der er unmissverständlich den Vergleich zwischen Wallstreet und Mainstreet zog (Wallstreet steht für die Finanzmärkte, Mainstreet für das Volk). Er teilte den Bankern mit, dass die Finanzkrise noch nicht ausgestanden sei, solange die Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau notiere. Und in einem Punkt bin ich mir sicher: Obama wird einen Weg finden, um einen Großteil der Gewinne in den Staatssäckel umzuleiten. Ach so, klingt als hätte ich Mitleid mit den Banken – aber das ist nicht so. Ich muss hier im Börsenbrief natürlich stets die Aktien der Unternehmen daraufhin durchleuchten, ob sie steigen werden oder nicht. Und die Aktien der Finanzbranche werden einen Dämpfer bekommen. Grundsätzlich halte ich strengere Regeln für die Finanzmärkte für überfällig. Und bei den erzielten Gewinnen habe ich so meine moralischen Bedenken. Doch obwohl ich sicherlich kein Freund der Banken bin (im Gegenteil, sonst hätte ich diesen Dienst nicht ins Leben gerufen), habe ich die eine oder andere Bank / Broker in unserer Beobachtungsliste. Ich erwarte, dass deren Kurs langfristig kräftig ansteigt. Ein drittes Gewittergrollen ist zu hören: Nachdem die Flieger wieder fliegen, geht nun das Hauen und Stechen darüber los, wer welche Kosten zu tragen hat. Fluglinien, Rückversicherungen und Regierungen schieben sich nun gegenseitig den schwarzen Peter zu. Für meinen Geschmack ist dies ein Zeichen dafür, dass sich die Fluglinien gegen diese Umweltkatastrophe unzureichend versichert haben. Die Rückversicherer (Münchener Rück, Hannover Rück, Swiss Re) dürften schon bald neue Versicherungsverträge abschließen. Gestern hat Nokia ein schwaches Quartalsergebnis vermeldet. Insbesondere im Smartphonegeschäft scheint Nokia Probleme zu haben. Die Aktie ist gestern um 13% eingebrochen. Auch der Mobilfunk-Netzwerkausstatter Ericsson hat heute früh ein schlechtes Quartalsergebnis vermeldet. Aber für die nächsten fünf Jahre geht Ericsson von einer jährlichen Verdopplung der Datenmengen im Mobilfunknetz aus. An anderer Stelle ist der Engpass schon offensichtlich und Investitionen fließen. F5 Networks, JDS Uniphase und Cisco können sich kaum vor Aufträgen retten. Mit verantwortlich für diese Investitionen ist natürlich die steigende Übertragung von Videos über das Internet. Netflix hat sein Geschäftsmodell frühzeitig auf diese neue Technologie umgestellt und freut sich nun über eine sprunghaft ansteigende Nachfrage. Die Anzahl der Abonnenten von Netflix ist um 35% angestiegen, was bei der beliebigen Skalierbarkeit der Video- Downloads zu einem Gewinnsprung von 50% führte. Die hohe Arbeitslosigkeit scheint Netflix nicht zu stören. Nun, so langsam gewinnen die politischen Vorgänge die Oberhand, denn trotz der herausragenden Quartalsergebnisse vieler Unternehmen sind die Indizes in dieser Woche unter Druck geraten, schauen Sie selbst: INDIZES (22.04.2010) Dow Jones: 11.134 | -0,1% DAX: 6.169 | -1,9% Nikkei: 10.949 | -1,4% Euro/US-Dollar: 1,332 | -1,6% Euro/Yen: 124,4 | -0,7% 10-Jahres-US-Anleihe: 3,77% | -0,1 Umlaufrendite Dt: 2,72% | 0,0 Feinunze Gold USD: $1.140,59 | -1,4% Fass Crude Öl USD: $85,84 | 1,5% Baltic Dry Shipping I: 3.006 | 0,2% Zum Jahreswechsel hatte ich es mehrfach angekündigt: Nachdem im vergangenen Jahr so ziemlich jede Aktie angestiegen ist, folgt in diesem Jahr ein selektiveres Verhalten: Die Spreu trennt sich vom Weizen. Da bin ich recht stolz, dass die meisten der Positionen in unserer Beobachtungsliste diese Woche ein Plus ausweisen, während die Märkte insgesamt schwächelten. Die Stimmung jedoch, wie Sie in der folgenden Übersicht erkennen werden, ist ungetrübt optimistisch. Insbesondere die Privatanleger lassen sich durch die guten Unternehmensergebnisse anstecken. SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 05.04.-09.04. (219): 57% / 12% 09.04.-16.04. (175): 52% / 13% 16.04.-23.04. (204): 52% / 14% ANALYSTEN KAUF Daimler, Volkswagen, Peugeot ANALYSTEN VERKAUF Telecom Italia, Veolia Environment, Alpha Bank (Griechenland) PRIVATANLEGER: 14. KW 2010: 52% Bullen (73 Stimmen) 15. KW 2010: 58% Bullen (74 Stimmen) 16. KW 2010: 61% Bullen (78 Stimmen) Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 6.186 PRIVATANLEGER KAUF IQ Power (Schweiz), Nokia, Medigene PRIVATANLEGER VERKAUF Commerzbank, Dt. Bank, Lufthansa Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel NEUE MACHTINHABER BEI AUGUSTA KÖNNTEN VORSTAND AUSWECHSELN Daniel Hopp ist der Sohn des SAP-Mitbegründers Dietmar Hopp und damit einer der reichsten Männer Deutschlands. Mit seinen 29 Jahren verfügt er schon über reichlich Erfahrung im Management, bereits mit 18 Jahren rettete er den Mannheimer Eishockey-Club (Adler) vor der Insolvenz und fünf Jahre später übernahm er das Management der SAP-Arena, eine der größten Eventhallen Deutschlands. Daniel Hopp ist kürzlich Vater geworden. Seine Ausbildung verlief unkonventionell durch Learning by Doing, wozu er Dank der Unterstützung seines Vaters reichlich Gelegenheit hatte. Zudem stehen ihm stets Berater zur Seite. Ich habe kürzlich ein ausführliches Interview mit Daniel Hopp gesehen. Der Junge (entschuldigen Sie die Bezeichnung, doch mit meinen 41 Jahren darf ich nun endlich alle unter 30-Jährigen als Jungs bezeichnen) möchte noch was reißen. Bislang hat er sehr solide Ergebnisse abgeliefert. Es ist nun die Frage, ob er in seinem jungen Alter irgendwann einmal auf die Nase fallen muss, um auch die Erfahrung einer Niederlage zu kennen, oder nicht. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, was sein nächstes Projekt ist. Und das ist bislang noch kaum bekannt. Ich habe einige Artikel über seine jüngsten Aktivitäten gelesen und eins und eins zusammen gezählt. Dabei hat sich für mich eine klare Strategie abgezeichnet, von der wir gegebenenfalls profitieren können. Beginnen wir mit dem, was bekannt ist: Gemeinsam mit der aktiven Investmentgesellschaft Lincoln Vale hat sich die Beteiligungsgesellschaft DAH von Daniel Hopp 26,84% der Stimmrechtsanteile an Augusta gesichert. Das Münchener Sensorik-Unternehmen macht einen Jahresumsatz von rund 100 Mio. Euro, die Marktkapitalisierung liegt ebenfalls in diesem Bereich. Augusta hat zum Geschäftsziel vordringlich das Wachstum durch Übernahmen kleinerer Wettbewerber, doch während der Finanzkrise wurde Augusta von operativen Problemen erfasst und konnte daher diese Strategie kaum verfolgen. Der Manager des Family-Office der Familie Hopp, Rainer Marquart, ließ bereits verlauten, dass die Anteilseigner (also die Familie Hopp) über diese Entwicklung sehr unzufrieden seien. Auch die Bestellung eines weiteren Vorstands bei Augusta sei in der Familie Hopp nicht positiv aufgenommen worden. Durch ihre Anteile von (ohne Hopp) 16% an Augusta hätte Lincoln Vale als größter Einzelaktionär gerne einen Sitz im Aufsichtsrat angeboten bekommen. Doch in der Einladung zur Hauptversammlung sei dies nicht berücksichtigt worden. So haben sich Hopp und Vale zusammen getan und einen eigenen vollständigen (dreiköpfigen) Aufsichtsrat vorgeschlagen. Den teilweise seit über 10 Jahren amtierenden Aufsichtsrat wollen sie nach Hause schicken. Bei einer durchschnittlichen Kapitalpräsenz von 40-45% bei den Hauptversammlungen von Augusta hätten die Beiden mit ihren 26,84% gute Chancen, die Abstimmung zu gewinnen. Soweit das, was bekannt ist. Nun meine weiteren Recherchen, die ich hier als Spekulation bezeichnen möchte. Doch ich habe eine ganze Reihe von Indizien, die meine Spekulation unterstützen. Vorweg sei gesagt, dass ich es für nicht so sicher halte wie Herr Marquart, dass Hopp / Vale die Abstimmung zur Aufsichtsratswahl gewinnen. Es müsste schon vollständig an den Medien vorbei laufen, wenn die Beiden in einer verschlafenen Sitzung plötzlich zunächst den Aufsichtsrat austauschen, um sodann, was in meinen Augen das eigentliche Ziel wäre, den Vorstand nach Hause zu schicken. Vorstandschef Amnon Harman sowie Aufsichtsratschef Heinzwerner Feusser sind beide an Augusta beteiligt und werden um ihre Positionen kämpfen. Sie könnten beispielsweise in den nächsten Wochen die Anteilseigner mobilisieren, zur HV zu kommen und für die eigene Strategie zu stimmen. Mit 26,84% der Stimmen ist die Übermacht der Revolutionäre nicht zu groß, um in einer Kampfabstimmung abgewehrt zu werden. Um ehrlich zu sein, wenn es sich tatsächlich um eine langfristige Strategie der Familie Hopp handelt, was ich glaube, dann würde es mich wundern, wenn sie sich nicht im Vorfeld weitere Stimmen gesichert hätte. Nehmen wir also einmal an, dass Hopp und Vale den Aufsichtsrat austauschen. Als nächstes würde dann meiner Einschätzung nach der Vorstand nach Hause geschickt werden. Die Hauptaufgabe des Aufsichtsrats ist die Beaufsichtigung und Bestellung des Vorstands. Der Aufsichtsrat greift nicht ins operative Geschäft ein. Daniel Hopp wird dies wohl auch nicht beabsichtigen, vielmehr möchte er als Anteilseigner bestimmen, wer das operative Geschäft leitet. Die Führungsmannschaft eines Unternehmens, das durch Zukäufe wachsen will, die während einer Finanzkrise im operativen Tagesgeschäft untergeht, dürfte nicht den Geschmack von Hopp und Vale treffen. Ich kann mir also gut vorstellen, dass hier ein Wechsel herbeigeführt wird. Augusta verfügt derzeit über schätzungsweise 7 Mio. Euro Barmittel. Das ist nicht viel, wenn man auf Einkaufstour gehen möchte. Im Gegenteil, ich würde das als recht wenig bezeichnen. Das derzeitige Management von Augusta zeichnet sich durch hohe Fachkenntnisse aus. Insbesondere der neu hinzu geholte Vorstand (aus dem Umfeld von Infineon stammend) soll die Entwicklung weiter vorantreiben. Ich vermute, und ich werde Ihnen im nächsten Kapitel genau darlegen warum, dass die Augusta bald einen Vorstand erhalten wird, der sich bestens mit den Kapitalmärkten auskennt. Dieser neue Vorstand würde dann zur Aufgabe haben, die Bilanz der Augusta so aufzubessern, dass sich das Unternehmen wieder Übernahmen leisten kann. Dazu könnte er entweder Unternehmensteile verkaufen. Oder aber er führt eine Kapitalerhöhung durch. Ich vermute letzteres, da ersteres nicht zur Übernahmestrategie passen würde, die ich für Augusta erwarte, wie ich gleich zeigen werde. Die Hauptversammlung findet am 12. Mai statt. Augusta dürfte dort einen neuen Aufsichtsrat erhalten. Dieser könnte dann den jetzigen Vorstand nach Hause schicken und einen kapitalmarktaffinen Vorstand aus dem Hut zaubern. Dieser neue Vorstand würde sodann eine Kapitalerhöhung in die Wege leiten. Deswegen fällt der Kurs von Augusta. Eine Kapitalerhöhung ist stets verwässernd für die Altaktionäre, der Gewinn muss künftig mit mehreren Aktionären geteilt werden. Daher trennen sich Aktionäre von den Aktien, der Kurs fällt. Nach der Bekanntgabe der Kapitalerhöhung wird der Kurs erneut fallen, denn meist findet die Kapitelerhöhung etwas unter dem aktuellen Kursniveau statt und saugt eine Vielzahl potentieller Aktienkäufer auf. Ich würde also auf absehbare Zeit die Finger von Augusta lassen. Um zu erkennen, zu welchem Zweck Daniel Hopp diese Geschichte eingefädelt haben könnte, müssen wir uns das Geschäft von Augusta näher anschauen: Sensorik. Das sind kleine Chips, die, über einen Sensor ausgelöst, irgendwelche Aktionen starten. Die Produktion ist spottbillig, die Entwicklung sauteuer. Sprich: Big is Beautiful! Je größer das Unternehmen, desto besser können die teuren Entwicklungskosten auf eine Massenproduktion umgelegt werden. Augusta muss wachsen! Nur wie? Nun, die Karten sind schon gemischt und verteilt. Im nächsten Kapitel schauen wir, was die einzelnen Akteure für Karten auf der Hand halten. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
|