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In den 70er Jahren wurde die Theorie des "Peak Oil" verbreitet. Es wurde gesagt, dass die jährlich neu gefundenen Ölvorkommen nicht mehr weiter ansteigen, weil es weltweit keine großen unentdeckten Ölvorkommen mehr gebe. Es folgte in den vergangenen Jahrzehnten der Countdown zur Peak Oil-Production, dem Zeitpunkt also, wenn die tägliche Fördermenge rückläufig sein würde.
Ich habe diese Theorie seit über zehn Jahren immer wieder als falsch dargestellt, denn es gibt noch viel mehr Öl auf der Welt als wir uns vorstellen können - es ist nur eine Frage des Ölpreises, ob diese Ölvorkommen erschlossen werden können. Und in der jüngsten Vergangenheit sollte ich Recht bekommen. Der Ölpreis kletterte nachhaltig über 100 USD/Fass, und in den USA wurde die vermeintlich teure Fracking-Technologie massentauglich gemacht, was zur Erschließung dreier gigantischer neuer Ölvorkommen führte. Der Countdown läuft derzeit nicht mehr in Richtung rückläufiger Ölförderung sondern in Richtung einer Unabhängigkeit der USA von Ölimporten. Die Folgen dieser Entwicklung sind derzeit noch nicht im geringsten von den Märkten realisiert worden. Da geht es nicht mehr darum, ob der Ölpreis in den vergangenen Monaten um ein Drittel auf nunmehr 72 USD/Fass Nordseeöl oder 68 USD/Fass Texasöl eingebrochen ist. Es geht vielmehr um die Außenpolitik der USA, die jahrzehntelang die Sicherung der Ölvorkommen weltweit zu einem maßgeblichen Ziel erkoren hatte. Schauen wir uns einmal die großen Erdöl-Exporteure der Welt an: Saudi Arabien, Venezuela, Iran, Irak, Kuwait, Libyen, Nigeria, ... nicht gerade Länder, die als Freunde oder politisch stabil gelten. Steuern wir noch Russland als nicht-OPEC Mitglied bei, dann sehe ich durchaus einen guten Grund dafür, warum die USA in Zukunft durchaus ihre Rolle als Weltpolizei ein wenig defensiver ausüben könnten. Natürlich bleibt das Interesse der US-Rüstungsindustrie an einer möglichst großen internationalen Einmischung der USA bestehen. Doch ohne die Aussicht auf finanziell vorteilhafte Lösungen durch günstige Ölimporte fehlt der Rüstungsindustrie in Zukunft ein wichtiges Argument. Gestern hat sich die OPEC in Wien zusammengesetzt und überlegt, was man gegen den Ölpreissturz um ein Drittel tun kann. Förderkürzungen waren in der Vergangenheit die Standardantwort. Meistens musste Saudi Arabien die eigene Förderung kürzen, weil viele andere Mitgliedsländer ohnehin ihre Kontingente nicht ausschöpften. Anschläge und politische Turbulenzen führten immer wieder zu Problemen. Heute füllen die anderen Länder zum großen Teil ihre ungekürzten Fördermengen aus und zusätzlich schießt mehr Öl denn je in den USA aus dem Boden. Entsprechend ist der Ölpreisverfall eine Folge des Überangebots. Die Aussage der QPEC aus Wien war, der Ölpreis werde sich auf einem bestimmten Niveau von alleine stabilisieren. Mit anderen Worten: Wir lassen ihn fallen. So eine OPEC-Sitzung findet nur alle paar Monate statt. In den kommenden Monaten ist also nicht mehr mit einer Förderkürzung zu rechnen, das Überangebot wird anhalten. Wie weit wird der Ölpreis also fallen? Bis die marginalen Förderkosten unterschritten werden? Nein, diese Marke hatte noch nie eine Relevanz. Relevant ist das Verhalten der Marktteilnehmer, also der Ölförderländer sowie der Marktspekulanten. Solange die Ölförderländer nicht reagieren, haben Spekulanten freie Hand, den Ölpreis weiter in den Keller zu treiben. Kursziele von 50 USD/Fass und darunter kursieren bereits, doch das sind nur Ziffern, die täglich an die aktuelle Entwicklung angepasst werden. In meinen Augen wird der Ölpreis seine Talfahrt fortsetzen, bis die tägliche Fördermenge gedrosselt wird. Das ist vorerst seitens der OPEC nicht zu erwarten. In den uSA hingegen ist die Technologie des Frackings so teuer, dass beim Unterschreiten der 70 USD/Fass erste Projekte unrentabel werden. Wir dürfen uns also in den kommenden Monaten auf Meldungen gefasst machen, in denen die Stornierung von entsprechenden Projekten bekanntgegeben wird. Zudem werden die Meldungen über neue Projekte zurückgehen. Entsprechend sind die Aktien von Öl-Explorern, die Fracking anbieten, vorerst kein Investment wert. Ölkonzerne kalkulieren anders. Nicht die marginalen Kosten für die Ölförderung sind relevant, sondern die durchschnittlichen Kosten. Während also die marginalen Kosten, die Kosten für ein zusätzlich gefördertes Fass Öl, bei rund 70 USD/Fass liegen, sind die durchschnittlichen Kosten deutlich tiefer. Je nach Ölkonzern liegen die Kosten deutlich unter 50 USD/Fass. Entsprechend können die Ölkonzerne den Preiskampf noch eine Weile aussitzen, ohne Verluste zu schreiben. Man muss eben nur den Gürtel etwas enger schnallen. Ich erwarte also keine schnelle Gegenbewegung beim Ölpreis. Vielmehr halte ich den Anstieg von 80 auf über 100 USD/Fass für eine sehr lange Übertreibung. Entsprechend kann ein Unterschreiten der 70 USD/Fass nunmehr ebenfalls sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Für uns bedeutet das, dass insbesondere energieintensive Unternehmen in den kommenden Quartalen überraschend hohe Gewinne ausweisen dürften. Die Deutsche Lufthansa ist daher heute in die Luft gegangen. In meinen Augen ist es nicht ratsam, auf einen baldigen Ölpreisanstieg zu spekulieren. Vielmehr suchen wir nach Unternehmen, die vom niedrigen Ölpreis profitieren. Ein Konjunkturimpuls in China, der niedrige Ölpreis als weltweiter Konjunkturimpuls und gute Wirtschaftsdaten aus den USA, da ist in der abgelaufenen Woche gerade der DAX angesprungen. Das Wochenplus beträgt 5,2% und ist ein Zeichen dafür, dass Deutschland als grenzwertig betrachtet wurde: grenzwertig zwischen Aufschwung und Rezession. Das Pendel ist dieser Woche wieder über die Null in Richtung Aufschwung geschwungen. Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (27.11.14) | Woche Δ Dow Jones: 17.828 | 0,6% DAX: 9.975 | 5,2% Nikkei: 17.460 | 0,6% Euro/US-Dollar: 1,24 | -0,5% Euro/Yen: 146,98 | -0,2% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,23% | -0,10 Umlaufrendite Dt: 0,60% | -0,08 Feinunze Gold: $1.184 | -0,9% Fass Brent Öl: $72,00 | -9,6% Kupfer: 6.490 | -2,9% Baltic Dry Shipping: 1.187 | -10,9% Um 9,6% ist der Ölpreis eingebrochen, ein Großteil des Preissturzes erfolgte heute Nacht in Folge der gescheiterten OPEC-Verhandlungen. Entsprechend ist gerade der DAX angesprungen (+5,2%). Der Dow Jones (+0,6%) dürfte einen Teil der DAX-Bewegung heute Nachmittag nachholen, da die US-Börse am gestrigen Thanksgiving-Donnerstag nicht geöffnet war. Der DAX-Sprung ist aus eigener Euphorie heraus erfolgt, die Kapitalströme sind weiterhin in Richtung USA intakt. So gab der Euro weiter ab. Sollten sich die Konjunkturaussichten in Folge des niedrigen Ölpreises weiter verbessern, gilt die europäische Börse als Kandidat mit viel Nachholpotential. Die Rallye könnte also noch weiterlaufen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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