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Boah, diese Woche ging es echt rund an den Aktienmärkten. Ich habe den Eindruck, dass die Vorgänge dieser Woche von den Finanzmedien überwiegend falsch eingeordnet wurden. Vor dem Hintergrund der Rekordtemperaturen in Deutschland ist das zu entschuldigen und auch mir fällt es extrem schwer, mich bei diesen Temperaturen zu konzentrieren.
Immerhin, im Garten ist der Pool für die Kinder aufgebaut und ich kann ab und zu mal reinhüpfen :-). Ich hoffe, dass das ausreicht, um mich für diese Ausgabe fit zu halten. Lassen Sie mich heute mit den FANG-Aktien beginnen, die Wachstumsaktien der vergangenen Jahre, die für einen Großteil des Anstiegs im S&P 500 und vor allem im Nasdaq verantwortlich sind. Vor 10 Tagen hat Netflix Quartalszahlen veröffentlicht, die hinter den Erwartungen der Anleger zurückblieben. Insbesondere das Kundenwachstum warf Sorgenfalten auf die Stirn der Anleger. In den USA wurden mit 670.000 Neukunden nur halb so viele Neukunden gewonnen wie vom Unternehmen prognostiziert und von Analysten erwartet. Auch das internationale Kundenwachstum blieb um 10% hinter den Erwartungen zurück. Es war die erste FANG-Aktie, die enttäuschte, und so blieb die "Pin-Action", der Dominoeffekt für die anderen Aktien überschaubar. Die Woche startete mit den Quartalszahlen der Google-Mutter Alphabet. Der Gewinn liegt bei 11,75 USD/Aktie, 22% über den Erwartungen der Analysten. Der Umsatz sprang um 25% auf 32,66 Mrd. USD und lag damit 1,6% über den Erwartungen. Die Aktie von Google sprang vor Freude um 5% an. Die 5 Mrd. USD EU-Kartellstrafe (7,21 USD je Aktie negativer Effekt) haben das kristallklare Ergebniswasser nicht trüben können. Stattdessen hat die europäische Datenschutzverordnung wie von mir angekündigt Google in die Hände gespielt. Ein klassisches Eigentor. Besonders hob Pichai das Cloud-Geschäft hervor, das von Unternehmen wie Dominos Pizza genutzt wird. Sämtliche FANG-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix & Google) wurden am Dienstag durch die Google-Zahlen mit nach oben gezogen. Am Mittwoch veröffentlichte Facebook Quartalszahlen, die wiederum hinter den Erwartungen zurückblieben. Zwar stieg der Gewinn stärker an als erwartet, allerdings bleib der Umsatz mit +42% um 1% hinter den Erwartungen. Die Aktie brach um 7% ein. Als dann in der Telefonkonferenz von CEO Mark Zuckerberg bestätigt wurde, dass das Wachstum in der zweiten Hälfte 2018 noch bis auf 35% zurückgehen werde, gab es kein Halten mehr, die Aktie brach um insgesamt 20% ein. Dabei handelte es sich bei dem Ausblick um die Bestätigung dessen, was Zuckerberg bereits vor einigen Monaten bekannt gegeben hat. Also -20% in der Aktie wegen -1% Umsatzverfehlung? Das kommt mir übertrieben vor, wie ich den Heibel-Ticker PLUS Kunden bereits ausführlich in einem Update dargelegt habe. Und nun wurden die anderen FANG-Aktien ebenfalls mit in den Keller gerissen: Die Abschläge betrugen zwischen -3% und -5%. Der Grund ist einfach: Es gibt inzwischen viele Fonds, die sich auf die FANG-Aktien konzentriert haben, oder teilweise sogar genau diese Aktien abbilden. Wenn Anleger ihr Geld aufgrund der schwachen Facebook-Zahlen abziehen, wird der Fonds sämtliche im Fonds befindlichen Aktien verkaufen, um die Gewichtung neutral zu halten. So entsteht die Pin-Action, der Domino-Effekt. Gestern Abend hat nun Amazon Quartalszahlen veröffentlicht, die über den Erwartungen liegen. Der Umsatz sprang um 39% auf 52,9 Mrd. USD und lag damit nur ganz knapp unter den Erwartungen. Der Gewinn jedoch sprang auf 5,07 USD/Aktie und fiel damit doppelt so hoch aus wie erwartet. Anleger sind begeistert und jubeln die Aktie um ... 3,8% nach oben. Auch Facebook, Netflix und Google notieren heute alle im Plus. Also -12% und -20% bei leichten Zielverfehlungen, aber nur +3,8% oder +5%, wenn die Erwartungen pulverisiert werden? Irgendwie klingt das nicht besonders gut, oder? Für mich sieht das nach zu hohen Erwartungen aus. Es gibt die sogenannten Flüsterschätzungen. In den offiziellen Erwartungen der Analysten stecken Annahmen, die von den Analysten begründet und ordentlich hergeleitet wurden. Ein Analyst kann nicht vorrechnen, dass er "irgendwie" glaube, dass die Geschäfte noch deutlich besser laufen, als man mit den verfügbaren Informationen begründen kann. Dafür gibt es die Flüsterschätzungen. Dort heißt es Bühne frei für jegliche Phantastereien, egal wie utopisch sie auch sein mögen. Und in guten Marktphasen lassen sich Anleger häufig von diesen Flüsterschätzungen stärker beeinflussen als von den offiziellen Schätzungen. Das heißt, in solchen Marktphasen sind die positiven Überraschungsmöglichkeiten für Unternehmen kaum mehr gegeben, da alles, was irgendwie vorstellbar ist, und noch mehr, schon in den Flüsterschätzungen enthalten ist. Ich habe den Eindruck, dass wir uns in einer solchen Marktphase für die FANG-Aktien befinden. Zusätzlich kommt natürlich noch die Geopolitik mit ins Spiel, und jetzt wird's kompliziert. Keine Angst, ich bemühe mich, es einfach darzustellen. Am Dienstag verkündete China, die heimische Industrie gegen die negativen Auswirkungen des Handelsstreits mit den USA gezielt zu unterstützen, ohne dabei die Kreditvergabe ausufern zu lassen. Zu deutsch: die chinesische Wirtschaft wird stimuliert! Die drohende Rezession, die viele Marktbeobachter aufgrund des weltweit ausufernden Handelsstreits befürchten, ist durch diesen Schritt ein wenig unwahrscheinlicher geworden. Auch aus den USA kamen ähnlich klingende Meldungen: Trump versprach ein Hilfsprogramm für die US-Bauern, die ihren Soja nicht mehr nach China liefern können. Und schon am Mittwoch vereinbarte er mit EU-Chef Jean-Claude Juncker, dass Europa mehr Soja aus den USA kaufen werde. Und überhaupt war das Treffen von Juncker mit Trump ein voller Erfolg. Aus Feind wird Freund, man spricht wieder miteinander. Weitere Strafzölle, auch die gegen unsere Autobauer, sind erst einmal vom Tisch, solange man sich über den Abbau der Zölle unterhält. Ein voller Erfolg für ... ja, für wen eigentlich? In Deutschland wird Juncker für seine Standhaftigkeit gegenüber Trump gefeiert, in Frankreich wird Juncker beschimpft, weil er unter vorgehaltener Pistole (Strafzölle auf Stahl & Aluminium) verhandelt - ein Unding in der internationalen Diplomatie. Die Pro-Trump Presse feiert den Erfolg von Donald Trump als wichtigen Schritt in Richtung des weltweiten Freihandels ohne Zölle, die Contra-Trump Presse feiert Juncker, der den Protektionisten Trump in die Knie gezwungen hat. Ich hatte mich ja bereits zuvor festgelegt: Im Handelsstreit mit China, dem wichtigsten Gegner Trumps, brauchte Trump zu diesem Zeitpunkt ein Signal an China, dass der Rest der Welt auch ohne China zu deeskalierenden Schritten fähig ist. China brauchte Europa, um ein Gegengewicht gegenüber den USA zu bilden, doch Europa hat sich lieber für den Freihandel mit den USA entschieden. Richtig so, auch wenn die Methoden des US-Präsidenten, wie die Franzosen richtig monieren, unter aller Sau sind. Bislang wurde nur geredet, wir dürfen nun in den kommenden Monaten gespannt sein, ob und welche Taten folgen. An den Finanzmärkten wurden diese Aktionen jedoch euphorisch bejubelt. Denn noch wenige Tage zuvor hatte der Chef der US-Notenbank Jay Powell einen "Powell-Put" verweigert. Er hält an seiner Strategie der kontinuierlichen Zinsanhebungen fest, um das Zinsniveau in den USA möglichst bald wieder auf ein Niveau zu bringen, mit dem man im Falle einer Konjunkturschwäche handlungsfähig ist. Bei aktuell 1,75%-2,00% bleibt nicht viel Raum für Zinssenkungen, wenn die US-Konjunktur finanzpolitische Hilfe braucht. Ein "Powell-Put" wäre so etwas wie die der "Draghi-Put" (Whatever it takes) oder der "Greenspan-Put" der 90er Jahre (Zinssenkungen, wenn der Aktienmarkt schwächelt). Von Jay Powell wünscht man sich nun eine Aussage, dass er mit den Zinserhöhungen aufhört, wenn die Zinskurve sich zu invertieren droht, wenn also die langfristigen Zinsen nicht mit den Zinserhöhungen des Leitzinses mithalten und irgendwann tiefer sindals die kurzfristigen Zinsen. In der Vergangenheit hat eine inverse Zinskurse stets zu einer Rezession geführt. Diesen "Powell-Put" hat Jay Powell bislang jedoch nicht gegeben. Er hat lediglich zu verstehen gegeben, dass er das Problem kenne und im Auge habe. Noch vor dem angekündigten Stimulus Chinas, den Agrarsubventionen der USA und der möglichen Einigung im Handelsstreit zwischen der EU und den USA, sah man sich an den Finanzmärkten einer sicheren Rezession gegenüber. Nun hat aber nicht Jay Powell durch einen Put die Situation befriedet, sondern die Geopolitik durch Stimulus, Subventionen und Beilegung des Handelsstreits. Ja wie geil ist das denn? Von der Standhaftigkeit Jay Powells sollte sich auch unser Supermario einmal eine Scheibe abschneiden. Denn ohne den notwendigen finanzpolitischen Druck, das haben wir in den vergangenen Jahren gesehen, gibt es keine Bewegung in der Politik. Was ist nun die Folge dieser Ereignisse: Die Zinsen in den USA steigen, auch und insbesondere die Zinsen am "langen Ende", also für lang laufende Anleihen. Das heißt, die Zinskurve wird wieder ein wenig steiler, die drohende Rezession rückt in die Ferne. Steigende Zinsen sind gut für das Bankgeschäft, entsprechend sind Bankaktien diese Woche gut gelaufen. Und Stimulus, Subventionen und ein sich abschwächender Handelsstreit sind gut für die Konjunktur. Wenn also statt Rezession nun weiteres Konjunkturwachstum in die Modelle der Volkswirte eingerechnet wird, dann profitieren davon insbesondere Unternehmen mit einem stark konjunkturabhängigen Geschäft, sogenannte Zykliker. In Deutschland sind das Unternehmen wie Siemens, Autos, Zulieferer, Logistik und Maschinenbauer. Wenn Sie sich die Wochenperformance des DAX aufrufen, führen aktuell die Commerzbank, ThyssenKrupp, BMW, VW, Bayer, die Dt. Post, Dt. Bank und Siemens die Liste an. Wenn Sie meine Ausführungen verstanden haben, dann wissen sie warum. So ist auch der Anstieg in den für den Welthandel kritischen Indikatoren zu erklären: Der Baltic Dry Verschiffungsindex ist diese Woche um 1,1% angestiegen, Kupfer um 2,9% und das Öl um 2,1%. Und was tun professionelle Anleger, wenn sie Geld für zyklische Spekulationen benötigen? Sie verkaufen die Aktien die in der Vergangenheit ordentlich Geld eingebracht haben, von der aktuellen Entwicklung aber nicht sonderlich profitieren: Die FANG-Aktien. Deswegen sind die Verluste bei Zielverfehlungen so extrem groß und die Kursgewinne bei überraschend guten Zahlen nur moderat. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (26.07.2018) Woche Δ Σ '18 Δ Dow Jones 25.527 1,9% 2,8% DAX 12.809 2,0% -0,8% Nikkei 22.587 -0,5% -0,8% Shanghai A 3.019 1,9% -12,8% Euro/US-Dollar 1,16 -0,6% -2,9% Euro/Yen 129,41 -0,9% -4,1% 10-Jahres-US-Anleihe 2,98% 0,08 0,55 Umlaufrendite Dt 0,22% 0,05 -0,06 Feinunze Gold $1.223 -0,7% -6,1% Fass Brent Öl $74,64 2,1% 12,1% Kupfer 6.251 2,9% -12,6% Baltic Dry Shipping 1.708 1,1% 25,0% Bitcoin 7.904 8,2% -43,1% Insbesondere in Deutschland hat man sich über die Beilegung des Handelsstreits gefreut, der DAX ist um 2% angesprungen. Aber auch in den USA ist man guter Dinge, das Plus dort liegt bei 1,9%. In China war der Index nach Bekanntgabe des Stimulus kräftig angesprungen, seither haben die Entwicklungen jedoch China eher in die Defensive gedrängt, der Shanghai-A-Index bröckelt täglich weiter ab. Vielleicht haben wir jetzt eine Erklärung für die schwache Performance des Goldes: Wenn sich die Welt nun wider Erwarten doch noch zusammenrauft, ohne in den Dritten Weltkrieg zu laufen, dann könnte ein kräftiger Konjunkturaufschwung die Finanzen vieler überschuldeter Länder vielleicht doch noch retten...? Hmm, eine Hoffnung, die ich im Auge behalten und kritisch hinterfragen werde. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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