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Diese Woche hatte es in sich: Nachdem der Uber-Börsengang hinter uns liegt und der Handelsstreit zwischen den USA und China in die nächste Runde geht, stellen sich Anleger nun auf die veränderte Welt ein: US-Unternehmen, die sich noch immer nicht nach Alternativen zu China umgeschaut haben, werden ausverkauft. Alles, was gute Zahlen lieferte und kaum mit China vernetzt ist, steigt.
Gefühlt seit Monaten weise ich darauf hin, dass der Uber-Börsengang viele Fondsmanager dazu verleiten wird, im Vorfeld andere Positionen in verwandten Aktien (Cloud, Wachstum, Auto, ...) zu verkaufen, um ausreichend Cash für den Börsengang zu haben. Am vergangenen Freitag ging Uber nun endlich an die Börse und der Verkaufsdruck in den verwandten Aktien ließ nach. Ebenfalls am vergangenen Freitag verliefen die Verhandlungen zwischen den USA und China ergebnislos und Trump setzte die Zölle auf chinesische Importe im Volumen von 200 Mrd. USD p.a. von 10% auf 25% hoch. Gleichzeitig kündigte er an, die verbleibenden chinesischen Importe im Volumen von 300 Mrd. USD bei Bedarf bald ebenfalls mit 25% zu besteuern. China antwortete umgehend und erhob Strafzölle auf US-Importe im Volumen von 60 Mrd. USD. Mehr importiert China nicht mehr von den USA. China ist damit am Ende der Eskalationsmöglichkeiten angelangt, während die USA noch 300 Mrd. USD in der Hinterhand haben. Klar, es werden weitere Drohszenarien aufgemalt: China besitzt US-Staatsanleihen mit einem Volumen von 1,12 Billionen USD. Diese Staatsanleihen könne China liquidieren, wird behauptet. Aus Washington ist zu hören: "Nur zu!", denn der US-Finanzmarkt sei auf der Suche nach festverzinslichen Papieren. Ich würde es anders formulieren: Die US-Notenbank hat heute schon über 3 Billionen USA an Staatspapieren in der eigenen Bilanz, um die Märkte zu "stabilisieren". Da spielt eine Billionen mehr oder weniger kaum noch eine Rolle. Trump behauptet, die Strafzölle würden die Chinesen bezahlen. Volkswirte (wie ich einer bin) können beweisen, dass das falsch ist, denn Importzölle werden von den importierenden Unternehmen gezahlt, und das sind in diesem Fall US-Unternehmen. Aber diese Erklärung ist zu kurz gesprungen, Trump sieht die Welt nicht durch die Brille der Technokraten. Wer nimmt die Strafzölle ein? Nun, das ist die US-Regierung. US-Unternehmen zahlen also vielleicht bald 100 Mrd. USD Strafzölle an die US-Regierung. Trump kann diese Einnahmen dann wieder ausgeben. Er kann beispielsweise diejenigen Unternehmen stützen, die am stärksten unter den chinesischen Strafzöllen leiden: die Agrarindustrie. Der größte Teil der chinesischen Importe aus den USA sind Agrarprodukte. Genau wie in Europa hängen auch die US-Bauern ohnehin schon traditionell am Tropf von Fördermitteln. Es stellt sich dann die Frage, wer stärker darunter leidet, wenn kein Getreide mehr von den USA nach China geliefert wird: die USA, die aus den Einnahmen der Strafzölle diejenigen Bauern stützen müssen, die ihr Getreide nicht verkauft bekommen, oder die Chinesen, die nicht genug Getreide zur Ernährung ihrer Bevölkerung bekommen? Darüber hinaus ist China die Werkbank der Welt. Insbesondere Technologieunternehmen produzieren in China. Im Fall von Apple ist China beispielsweise der größte Produktionsstandort. Wenn China nun Apple boykottieren würde, verlören auch viele Arbeitnehmer ihren Job. Apple ist so groß, sowohl in den USA als auch in China, dass beide Streithähne bislang vermeiden, das goldene Kalb zu schlachten. Die Produktion der Boeing-Flieger ist auf bis zu 10 Jahre ausverkauft. Ein Großteil der Bestellungen kommt aus China, Teilweise wurden (unter politischem Druck?) schon Bestellungen storniert. Doch auch ohne die Nachfrage aus China ist Boeing auf Jahre ausverkauft. So wirklich fürchten tut Boeing einen Boykott seitens China nicht. Im Gegenteil, auch hier würde sich zeigen, dass China nicht in der Lage ist, die erforderlichen Flieger anderswo herzubekommen (Airbus?). Caterpillar befindet sich in einer ähnlichen Lage wie Boeing, allerdings ist hier die Produktion nicht so lange ausverkauft. Der Bauboom in China findet zu einem großen Teil mit Caterpillar-Baumaschinen statt. Ein Boykott von Caterpillar würde in China ebenfalls einen Engpass an Baumaschinen erzeugen. Apple, Boeing und Caterpillar werden auf dem Börsenparkett schon als das ABC-Problem Chinas bezeichnet. Diese drei US-Unternehmen sind am stärksten mit dem chinesischen Markt vernetzt und sind daher am stärksten verwundbar. Wir haben Apple, die beste Aktie der vergangenen 15 Jahre in unserem Portfolio, verkauft und warten ab, wie sich der Konflikt weiter entwickelt. Derzeit würde ich alle drei Aktien höchstens als Spekulation sehen, nicht aber als Investment. Und wer in Sachen Handelsstreit spekuliert, der ist abhängig von Tweets des US-Präsidenten. In meinen Augen ist das ein Glücksspiel. China hat vor einigen Monaten ein 600 Mrd. USD schweres Konjunkturprogramm ins Leben gerufen, um die Auswirkungen des Handelsstreits mit den USA abzufedern. Entsprechend hat das Amazon Chinas, nämlich Alibaba, Mitte der Woche überraschend gute Quartalszahlen vorgelegt. Ich hatte das erwartet, im Zweifel hat der politische Apparat Chinas diese guten Zahlen erzeugt, um die Wirkung des Konjunkturprogramms mit Zahlen zu "beweisen" - wir haben sogar in unserem Heibel-Ticker Portfolio darauf spekuliert. Die USA haben eine Unternehmenssteuerreform umgesetzt, die den US-Unternehmen hunderte Milliarden USD in die Bilanzen gespült hat und konnte so ebenfalls die Auswirkungen des Handelsstreits teilweise abfedern. Ich habe den Eindruck, die USA haben den längeren Atem. Gestern hat Donald Trump Huawei auf die Schwarze Liste gesetzt: US-Unternehmen dürfen keine Produkte mehr von Huawei kaufen. Außerdem benötigen US-Unternehmen, die Vorprodukte an Huawei verkaufen möchten, eine staatliche Sondergenehmigung. Das erinnert an die Verkaufsbeschränkungen für Rüstungsgüter, die einzeln genehmigt werden müssen. Die Telekommunikation ist für Trump ein strategisches Gut, das gegen Einflüsse / Abhängigkeiten von Außen geschützt werden muss. Huawei ist der weltweit größte Telekomausrüster mit einem technologischen Vorsprung in Sachen 5G. der Ausbau des 5G-Netzes in den USA wird also ohne Huawei erfolgen. Aber Huawei ist gleichzeitig abhängig von den US-Vorprodukten. Zwar verfügen die Chinesen aktuell über die modernsten und kosteneffizientesten 5G-Lösungen, doch ohne die Vorprodukte aus den USA wird Huawei sehr schnell an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Ich hatte mir vor einigen Monaten mal Nokia und Ericsson angeschaut, die eigentlich prädestiniert sein sollten, das verlorene Huawei-Geschäft in den USA aufzuschnappen. Doch keines der beiden Unternehmen scheint dazu in der Lage zu sein, wie die jüngsten Q-Zahlen gezeigt haben. Vielmehr scheint es Cisco zu sein, das sich über einen überraschenden Nachfrageanstieg freut. Wer noch immer daran glaubt, Trump suche einen Kompromiss mit China, der sollte diese Hoffnung spätestens nach den jüngsten Zollerhöhungen sowie der Aktion gegen Huawei ad acta legen. Trump sucht keinen Kompromiss, Trump möchte Chinas Märkte mindestens so stark öffnen, wie es alle anderen Länder der Welthandelsorganisation (WTO) getan haben, oder er möchte sogar die globale US-Vormachtstellung für die kommenden Jahrzehnte sichern, indem er China ins Abseits drängt. Ich weiß nicht, was er möchte: China auf WTO-Niveau zu bringen ist auch in meinem Sinne. China ins Abseits zu drängen, wäre über das Ziel hinaus geschossen. Aber wie immer braucht es ein ordentliches Drohszenario, um zumindest das WTO-Ziel zu erreichen. In den vergangenen Wochen hat Trump in den USA übrigens immer mehr Unterstützer bekommen. Zuletzt haben sich auch eine Reihe von bekannten Demokraten hinter Trump gestellt. Viele CEOs lassen verlauten, dass man sich auf die Auseinandersetzung mit China vorbereitet habe und dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt dazu sei. Und der ehemalige Goldman Sachs CEO Lloyd Blankfein, ein bekennender Demokrat, hat vor wenigen Tagen getwittert: "Strafzölle können ein effektives Verhandlungsinstrument sein". Tom Friedman, ein New York Times Kolumnist und bekennender Globalist, hat überraschenderweise ebenfalls die Trump-Linie unterstützt. Am Mittwoch gab es eine weitere unerwartete Wendung: Morgens wurden schwache Einzelhandelsumsätze für die USA vermeldet. Ein erstes Zeichen, dass die USA den Handelsstreit wohl doch nicht so locker wegstecken wie gewünscht. Wäre auch zuviel verlangt, wenn der Handelsstreit keinerlei Spuren hinterließe. Die Aktienmärkten rutschten vorbörslich ins Minus, selbst der DAX verlor ein halbes Prozent. Pünktlich um 15:30 Uhr MESZ (9:30 Uhr EST), also zur US-Börseneröffnung veröffentlichte das Weiße Haus eine Mitteilung, dass die in Diskussion befindlichen Strafzölle für europäische Autos vorerst nicht eingeführt würden, es werde erst in sechs Monaten endgültig darüber entschieden. Sprich: Ein Aufschub für Daimler, BMW und VW sowie die gesamte Zulieferindustrie. Daimler, BMW und VW sprangen binnen weniger Sekunden um 5% an. Sechs Monate Aufschub für die deutsche Autoindustrie. Das mag ein Zeichen der Schwäche Donald Trumps sein, ich würde es eher jedoch als Chance betrachten, um mit den USA wieder ein wenig besser ins Gespräch zu kommen. Der erzwungene Ausverkauf unserer Technologie nach China wird von Unternehmern in Deutschland schon seit Jahren beklagt. Jetzt gibt es die Möglichkeit, gemeinsam mit den USA für faire Wettbewerbsbedingungen mit China zu sorgen. Auch die WTO steht in der Kritik. Ich möchte gar nicht vorgeben, die WTO-Standards China überzustülpen, denn auch China hat viele Regeln, die denen der WTO gegebenenfalls überlegen sind. Doch es kann nicht sein, dass Chinesen unsere Unternehmen aufkaufen dürfen und unsere Unternehmen in China nicht mehr als 49% an chinesischen Unternehmen besitzen dürfen. Dieser Unterschied muss in die eine oder andere Richtung angepasst werden. Und wenn wir dem Hahnenkampf zwischen China und den USA nur zuschauen, können wir keinen Einfluss auf die möglichen Lösungen nehmen. Hier wird das globale Wirtschaftssystem neu definiert und wir schauen nur zu. Für einen Exportweltmeister ist das ein ziemlich schwaches Bild! Kleiner Ausblick: Trump hat den Handelsstreit mit China inzwischen in ein Licht gerückt, das ihn zu seinem wichtigsten Wahlkampfthema macht. Er hat derzeit keinerlei Interesse an einem Kompromiss. Der chinesische Präsident Xi kann nicht auf die Forderungen von Trump eingehen. Seit Jahrzehnten wird den Chinesen so viel geschenkt, dass sie diese Geschenke als selbstverständlich betrachten und der Präsident, der diese Geschenke weggibt, wird sich nicht halten können. Ich gehe daher davon aus, dass China seine US-Staatsanleihen verkaufen wird (langfristige US-Zinsen steigen) und die USA die 25% Strafzoll auf sämtliche Importe von China einführen werden. Wir werden unser Portfolio darauf vorbereiten. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (16.05.2019) Woche Δ Σ '19 Δ Dow Jones 25.861 -0,3% 12,1% DAX 12.239 1,5% 15,9% Nikkei 21.250 -0,4% 6,2% Shanghai A 3.019 -1,9% 15,6% Euro/US-Dollar 1,12 -0,6% -2,4% Euro/Yen 122,71 -0,6% -2,8% 10-Jahres-US-Anleihe 2,40% -0,06 -0,34 Umlaufrendite Dt -0,17% -0,06 -0,27 Feinunze Gold $1.277 -0,7% -0,3% Fass Brent Öl $71,94 1,9% 37,8% Kupfer 6.005 -1,6% -0,2% Baltic Dry Shipping 1.013 4,0% -20,3% Bitcoin 7.166 15,6% 82,7% In Deutschland haben sich Anleger auf die defensiven Titel gestürzt: Versicherungen, Versorger, Immobilientitel, Aktien aus dem Gesundheitsbereich sowie auch der Einzelhandel haben in der abgelaufenen Woche zulegen können. Der DAX hat um 1,2% zugelegt. In den USA sowie in Japan hingegen sind die Sorgen größer geworden, der Dow gab 0,3% ab, der Nikkei 0,4%. Doch das ist gar nichts gegen den Ausverkauf im Shanghai A-Aktienindex Chinas, der gab um 1,9% nach. Auch hier zeigt sich einmal mehr, dass Anleger größere Bauchschmerzen bei China als bei den USA haben, was die jüngste Wendung des Handelsstreits betrifft. Der Euro bleibt schwach gegenüber dem US-Dollar. In meinen Augen ist das ebenfalls ein Zeichen dafür, dass Anleger die harte Linie Trumps besser finden als das unbeteiligte Zuschauen Europas. Die wieder angestiegenen Spannungen haben auch dafür gesorgt, dass vermehrt Anleihen gekauft wurden. So ist die Rendite in den USA (-0,05%punkte) sowie in Deutschland (-0,07%punkte) weiter gefallen. Der Bitcoin sprang diese Woche über 8.000 USD, um dann binnen weniger Minuten um 21% einzubrechen. Es wird berichtet, dass Fidelity einen eigenen Handel mit Bitcoins aufbaue und sich daher mit Bitcoins eindecke. Der Bitcoin bleibt ein hochvolatives Instrument, das vielleicht zum Spekulieren geeignet ist, aber in meinen Augen noch nicht bewiesen hat, dass er sich als alternative Währung halten kann. Die Blockchain wird bleiben, der Bitcoin muss sich erst noch behaupten. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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