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Dienstagnachmittag wendete sich das Blatt plötzlich. Der Leitzins wurde zum Leidzins, Ängste über negative Folgen der Liquiditätsflutung kamen auf. Positive Unternehmensprognosen waren plötzlich nicht mehr positiv genug. Henkel leidet unter Ukraine-Krise und macht weniger Gewinn in Russland. Axel Springer hebt die Dividende NICHT an. Rekordverlust bei E.On. Diese Schlagzeilen wurden plötzlich diskutiert während gute Zahlen von Adidas, Klöckner, Conti und VTG nicht ausreichten, um die breite Börse mitzuziehen.
So brach der DAX binnen 24 Stunden um 2,2% ein. Doch wie erwartet folgten sehr schnell schon wieder Käufe in diesen kurzen Rücksetzer hinein und verhinderten somit ein weiteres Abrutschen. Und so schrieb der DAX am gestrigen Donnerstag bereits wieder ein neues Allzeithoch und heute Vormittag ging es nochmals höher. Bei 11.511 Punkten steht der DAX aktuell. Für den jüngsten Kursschub sorgte zudem gestern wieder einmal EZB-Chef Mario Draghi mit seiner Bestätigung des Anleihenkaufprogramms, das in diesen Tagen 60 Mrd. Euro pro Monat beginnt. Banken werden ihre Anleihen verkaufen und Bargeld dafür erhalten. Die Preise für Staatsanleihen in der Euro-Region werden weiter steigen, die Rendite wird entsprechend weiter fallen. Inzwischen müssen Sie Geld bezahlen, wenn Sie Ihr Geld mit Laufzeiten von bis zu acht Jahren beim Staat oder bei der EZB parken wollen. Der Anlagenotstand wird weiter angeheizt, Kapital fließt in die Aktienmärkte und dort nach wie vor insbesondere in Dividendenaktien, deren gesicherte Dividende für viele Anleger attraktiver ist als ein negativer Zins. Doch nicht nur Dividendenaktien sind gefragt, Anleger erhoffen sich von der Liquiditätsflutung auch einen Konjunkturstimulus und kaufen wieder verstärkt Wachstumsaktien und auch spekulative Titel. Xing, BB Biotech, Manz, Nordex und Dialog Semi sind diese Woche allesamt über 5% angesprungen. Anleger hatten den Rücksetzer erwartet und betrachten die Rallye im DAX nunmehr wieder als gesichert, nachdem der Rücksetzer so früh aufgefangen werden konnte. Ich muss zugeben, mir wird bei dieser Rallye langsam schwindelig. Schauen wir einmal auf die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (05.03.2015) | Woche Δ Dow Jones: 18.136 | -0,4% DAX: 11.487 | 1,4% Nikkei: 18.971 | 0,9% Euro/US-Dollar: 1,10 | -2,2% Euro/Yen: 131,66 | -1,6% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,11% | 0,10 Umlaufrendite Dt: 0,31% | 0,07 Feinunze Gold: $1.196 | -0,7% Fass Brent Öl: $61,49 | 1,6% Kupfer: 5.795 | -1,3% Baltic Dry Shipping: 561 | 5,3% Nach der EZB-Sitzung am gestrigen Donnerstag ist der Euro gegenüber dem US-Dollar nochmals weiter eingebrochen, das Wochenminus von 2,2% setzt auf dem Wechselkurseinbruch von 20% in den vergangenen 10 Monaten auf. Als Ziel kann ich mir bis Ende 2016 die Parität dieser beiden Währungen gut vorstellen. Doch Vorsicht, mit dem Beginn des EZB-Kaufprogramms könnte es wider Erwarten zu einer Gegenbewegung kommen. Die Erwartung eines weichen Euros ist inzwischen im Wechselkurs enthalten, es könnte zu Gewinnmitnahmen kommen, die kurzfristig zu einer Gegenbewegung führen. Selbiges kann ich mir durchaus auch bei den Anleihen vorstellen, die in der abgelaufenen Woche bereits eine kleine Gegenbewegung durchgeführt haben. Nachdem sich die Umlaufrendite von 1,65% vor einem Jahr auf 0,24% verringert hat, ist der Anstieg auf 0,31% nichts weiter als eine Gegenbewegung. Das Zinsniveau verdient besondere Aufmerksamkeit. Der Leitzins ist nahe Null, die Liquiditätsflutung beginnt. Was kann nun noch passieren, um das Zinsniveau weiter zu drücken? Mir fällt nicht mehr viel ein. So ist es durchaus möglich, dass der Zins jetzt sein Tief gesehen hat und mit Beginn der Liquiditätsflutung eine Erholung erlebt. Diese Erholung könnte in ein nachhaltig steigendes Zinsniveau münden, wenn die Liquiditätsflutung den erhofften Effekt, eine Anhebung der Inflationsrate, erzielt. Zumindest die guten Konjunkturdaten deuten schon darauf hin, dass dies gelingen kann. Zudem wird allein durch einen jetzt nicht mehr so stark fallenden Ölpreis ab diesem Sommer die Inflation wieder anziehen, da der Ölpreisverfall zuvor maßgeblich an der geringen Inflationsrate beteiligt war. Durch die nunmehr niedrigere Preisbasis bleibt dieser Effekt ab diesem Sommer aus. Wer also ein Haus finanzieren möchte, sollte das jetzt tun. Der schwache Euro war nicht alleine, auch der japanische Yen hat diese Woche abgegeben. Zulegen konnte der US-Dollar, was die US-Wirtschaft inzwischen nicht mehr ignorieren kann. Negative Währungseffekte haben insbesondere in den USA dazu geführt, dass wieder verstärkt Aktien von Unternehmen gekauft werden, die weitgehend unabhängig von Wechselkursschwankungen sind. So haben Wachstumsunternehmen wie Netflix, Amazon und Tesla wieder kräftig zulegen können. Der Dow Jones hingegen gab im Wochenvergleich nach. Während also in Europa und insbesondere in Deutschland Feierlaune herrscht, klettert der Dow Jones nur sehr zaghaft und immer wieder unterbrochen durch längere Pausen auf neue Hochs. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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