Alt 20.01.22, 19:40
Standard Typisch spätzyklisch
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Sorgen um die Marktbreite.

In der Finanzpresse machen neue Befürchtungen die Runde: Immer weniger Aktien entwickeln sich gut - eine sogenannte Verringerung der Marktbreite tritt auf. In der Folge wird der laufende Bullenmarkt als „anfällig“ für ein baldiges Ende bezeichnet. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Marktbreite zu messen. Einige beachten das Verhältnis zwischen steigenden und fallenden Aktien, wir bevorzugen dagegen die Betrachtung, wie viele Aktien sich im Vergleich zum jeweiligen Gesamtindex überproportional gut behaupten. Um die aktuellen Sorgen richtig einzuordnen, macht eine Standortbestimmung wie immer Sinn.

Der typische Zyklus

Viele Aktientitel mit geringer Marktkapitalisierung und konjunktursensible Value-Titel – die zahlenmäßig die Mehrheit des Marktes stellen – leiden im Bärenmarkt erheblich, schießen jedoch bei einer Wiederbelebung der Wirtschaft nach oben, da sie überproportionales Gewinnwachstum verzeichnen. Aktienmärkte antizipieren diese Situation frühzeitig, weshalb in einem normalen Marktzyklus Small Cap- und Value-Aktien zu Beginn führend sind und in der Regel für eine ausgeweitete Marktbreite sorgen.

Mit zunehmender Reife des Bullenmarkts verlangsamt sich die Wachstumsdynamik und die Führungsrolle wird von Wachstumswerten mit hoher Marktkapitalisierung übernommen, welche über Qualitätsmerkmale verfügen, die sie relativ unabhängig von den Wachstumsaussichten der breiten Wirtschaft machen. Da es zahlenmäßig nicht so viele Aktien mit hochwertigen Wachstumsmerkmalen gibt, nimmt die Marktbreite ab.

Der COVID-Bärenmarkt war anders!

Als die dynamische Aufwärtsphase im S&P 500 im März 2020 begann, lag die Marktbreite nur bei 40 Prozent, gemessen am Verhältnis, wie viele Aktien den Gesamtindex übertreffen. Dieser Wert ist untypisch gering für den vermeintlichen Beginn eines „neuen“ Bullenmarkts! Viel eher verdichten sich die Hinweise, dass der kurze und heftige Rückgang im Frühjahr 2020 den übergeordneten Bullenmarktzyklus seit dem Jahr 2009 nicht komplett zurücksetzen konnte. Der „neue“ Bullenmarkt seit März 2020 hat seine typisch spätzyklischen Eigenschaften von Beginn an in sich getragen.

Da eine Verringerung der Marktbreite typisch ist für einen reifen Bullenmarkt, greift im Grunde also aktuell die Angst vor einer Eigenschaft um sich, die für eine spätzyklische Standortbestimmung völlig normal erscheint. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Aktienmärkte noch genügend Spielraum nach oben haben - denn ungerechtfertigte Ängste, die sich sukzessive auflösen können, sind eine mächtige Triebfeder. Die Geschichte zeigt zudem, dass sich die Marktbreite mit zunehmendem Alter des Bullenmarkts zwar verengt, es aber keinen magischen Wert gibt, der ein akutes Problem signalisiert. Aktuell beträgt die Marktbreite im S&P 500 rund 44 Prozent, bereits in den Jahren 2012, 2014 und 2018 wurde der Wert von 40 Prozent unterschritten. Keiner dieser Zeitpunkte signalisierte ein bevorstehendes Ende des Bullenmarkts.

Fazit

Unserer Ansicht nach zeigen die Befürchtungen über die geringe Marktbreite zwei Erkenntnisse über die aktuelle Marktstimmung. Zum Ersten ist die Stimmung noch weit von einer Euphorie entfernt. Diese Euphorie würde die Erwartungen der Anleger auf ein Niveau treiben, mit dem die Realität nicht mehr mithalten kann – der typische Beginn eines Bärenmarkts. Und zum Zweiten ist die spätzyklische Standortbestimmung immer noch ein äußerst wirksames Hilfsmittel, um ungerechtfertigte Ängste als solche zu enttarnen.

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Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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