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LEVI'S SETZT STARTSCHUSS FÜR IPOS
Individuelle Produkte sind gefragt. So war ich überrascht, mitten in San Francisco in einem Levi's Geschäft einen Schneider zu sehen. Abbildung 1: Levi's Schneiderservice Anpassungen oder gar auf die eigenen Maße individualisierte Schnitte konnten hier gefertigt werden. Ziemlich hip, dieser Service, oder? Das wertet auch die anderen Jeans-Hosen in dem Laden auf, denn plötzlich haben die Hosen das Image einer individuell in Handarbeit gefertigten, qualitativ hochwertigen Kleidung. Ihr Autor, der sich den Sirenen der Werbeindustrie nicht immer entziehen kann, ging mit zwei neuen Jeans aus dem Laden. Gestern ist Levi's Jeans an die Börse zurückgekehrt. In den Achtzigern war das Unternehmen von der Börse genommen worden, weil es im hart umkämpften Jeans-/ Kleidungsmarkt nicht nachhaltig die erforderliche Gewinnmarge erzielen konnte. Inzwischen wurde das Image der Jeans kräftig aufpoliert, Sie können sogar 180 Euro für einzelne Exemplare ausgeben, und so stimmen die Zahlen für einen Börsengang. Der Börsengang war "erfolgreich". Im Branchenjargon spricht man von einem erfolgreichen Börsengang, wenn die Aktie im Anschluss an die Erstnotiz ein wenig steigt und möglichst viele institutionelle Anleger ein paar, aber nicht ausreichend viele Aktien erhalten haben. Denn dadurch ist die Nachfrage nach Aktien für die ersten Tage gesichert: Fonds müssen ihre Position auf die gewünschte Zielgröße aufstocken. Wer sogar zum Zeichnungspreis von 17 USD an Aktien kam, setzt bereits auf 30% Buchgewinn. Das macht Spaß und Lust auf mehr. Und es wird mehr geben: Uber, Airbnb, Lyft und Pinterest stehen in den Starlöchern für einen baldigen IPO. in der Schweiz steht mit Medacta einer der größten Börsengänge des laufenden Jahres für ganz Europa in den Startlöchern. Das Orthopädie-Unternehmen produziert künstliche Gelenke und chirurgische Instrumente, mit denen die Implantate eingesetzt werden können. In Deutschland möchten dieses Jahr untere anderem Engel & Völkers, Auxmoney, Asklepios Kliniken, Flixbus, Hymer, N26 Bank, Streetscooter und Teamviewer den Schritt an die Börse wagen. Wir kennen das Spielchen: Je attraktiver die neuen Börsenkandidaten, desto schwerer werden es die alten Aktien haben. Denn Anleger verfügen nur über eine endliche Menge an Geld und müssen dies auf die verfügbaren Aktien verteilen. Wenn sich die Anzahl der verfügbaren Aktien erhöht, sinkt der durchschnittliche Preis, der dafür gezahlt werden kann. Meine Einschätzung: Wir werden noch eine Reihe von "guten" Börsengängen sehen, bis zuletzt Uber alles Kapital aufsaugt, das noch verfügbar ist. Spätestens dann sollten Sie Ihr Aktienportfolio ausdünnen und Gewinne sichern. NACHTRAG ZU BOEING Ich bleibe bei meiner Aussage, dass Boeing langfristig ein gutes Investment ist, kurzfristig jedoch noch nicht genug über die beiden tödlichen Unfälle bekannt ist, um der Aktie einen Boden zu geben. Zunächst wurde Boeing für alles verantwortlich gemacht, die Aktie brach ein. Inzwischen wird auch gegen die Zulassungsbehörde FAA ermittelt und es wurde bekannt, dass die beiden Fluglinien, deren Boing 737 MAX 8 abstürzten, aus Kostengründen auf eine Zusatzsoftware verzichtet hatten, mit der diese Unfälle hätten verhindert werden können. Es stellt sich natürlich die Frage, warum Boeing die erforderlichen Systeme nicht standardmäßig eingebaut hat. Doch es ist nicht so, dass die Fluglinien völlig unbeteiligt sind. Eine Lösung ist also schon vorhanden. Bleibt abzuwarten, ob die vorhandene Lösung ausreicht, oder ob tiefgreifende Änderungen an der Konstruktion vorgenommen werden müssen. Derweil segelt die Aktie von Boeing weiter gen Süden, inzwischen summiert sich das Minus auf 14%. Ich denke, es ist noch immer zu früh für ein Investment. Denn jeden Tag, den eine entsprechende Boeing 737 Max 8 am Boden bleibt, fallen durchschnittlich Kosten in Höhe von 150.000 USD an, wird geschätzt. Bei über 300 bereits ausgelieferten Maschinen summiert sich der Betrag auf 300*150.000= 45 Mio. USD. Im Monat sind das schon 1,3 Mrd. USD, die letztlich Boeing angelastet werden können. Das entspricht über einem Prozent des Jahresumsatzes von Boeing, das tut weh. Außerdem hat bereits eine indonesische Fluggesellschaft ihre 50 bestellten 737 storniert, die Passagiere hätten das Vertrauen in die Maschine verloren, so die nachvollziehbare Begründung. Der erste Absturz erfolgte vor sechs Monaten vor der indonesischen Küste. Immerhin wolle man nun gemeinsam mit Boeing über andere Maschinen sprechen, der Kunde ist also nicht verloren. TESLA CEO ELON MUSK LEGT SICH MIT US-JUSTIZ AN Mag sein, das Elon Musk ein begnadeter Ingenieur und Industrie-Vordenker ist. Immerhin hat er das Elektroauto hoffähig gemacht ... quasi im Alleingang. Doch vielleicht sollte er sich auf die Autoproduktion konzentrieren und nicht so viel twittern, denn seine Tweets bringen ihn immer wieder in die Bredouille. Nachdem er vor 6 Monaten mit einer Reihe von Tweets den Aktienkurs gepuscht hatte, indem er behauptete, es stünden potentielle Investoren für Tesla parat - was er später nicht beweisen konnte -, bekam er von der US-Justiz einen Maulkorb bezüglich seiner öffentlichen Kommunikation über Twitter verpasst: Unternehmensrelevante Informationen dürfe er darüber nicht mehr veröffentlichen. Abbildung 2: Musk-Tweet über Produktionsmenge 2019 Nun schrieb Musk diese Woche, Tesla habe 2011 noch Null Autos produziert und 2019 würden es 500.000 sein. Das ist eine neue Information für den Markt, die so zuvor noch nicht bekannt war. Diese Information bedeutete eine wesentlich höhere Produktion als bislang erwartet wurde. Abbildung 3: Musk-Tweet Korrektur des Produktionsziels 2019 Nur wenige Stunden später relativierte er seine Aussage und rechnete vor, das er von der annualisierten Produktionsrate sprach, die zum Jahresende erreicht würde. Sprich: Wenn Tesla Ende Dezember in einer Woche 10.000 Autos produziert, dann sind das hochgerechnet auf ein Jahr über 500.000. Dessen ungeachtet sei, so Musk, für 2019 nur eine Gesamtzahl von 400.000 kalkuliert. Vor sechs Monaten bekam er einen Maulkorb und den Hinweis, relevante Informationen vor Veröffentlichung mit einem rechtlichen Beistand abzusprechen. Er solle ein System einführen, das marktrelevante Tweets von ihm abfange. Nichts dergleichen ist geschehen. Immerhin wurde ihm ein "General Council", ein juristischer Beistand an die Seite gesetzt. Dieser warf jedoch nach den beiden Tweets über die Produktionszahl für 2019 das Handtuch und verließ diese Woche entnervt das Unternehmen. Ich bleibe bei meiner Einschätzung: Genie und Wahnsinn sind dicht beieinander. Musk mag ein Genie in Sachen Produktion und Konstruktion sein, doch seine Kommunikationsfähigkeiten führen sein Unternehmen an den Rand des Ruins. An diesem Mann hängt das Wohl und Wehe von Tesla. Für ein Investment ist mir dieser Mann derzeit zu unstet. MBB GESCHÄFTSLEITUNG BESCHLIESST GESCHENK AN AKTIONÄRE Eigentümlich ist nur, dass Geschäftsleitung und Großaktionär bei der Berliner MBB AG die gleiche Person ist: Dr. Christof Nesemeier, Gründer und CEO sowie Mitglied des Aufsichtsrats hält auch 64,8% am Unternehmen. Zunächst ist das mal kein ungewöhnlicher Vorgang, immerhin sitzt das Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 550 Mio. Euro auf über 360 Mio. Euro Cash, da kann man schon mal einen Teil davon ausschütten. Der Rückkauf von Aktien ist dafür auch ein geeignetes Mittel, wenn man den Aktionären, also hier insbesondere Dr. Nesemeier, die Versteuerung der Dividende ersparen möchte. Stutzig macht mich nur das Rückkaufangebot: Das Unternehmen werde bis zu 9,8% der ausstehenden Aktien (ca. 560 Mio. Euro) zu einem Kurs von 84 Euro je Aktie kaufen, hieß es in der Meldung am 9.3. Da stand die Aktie aber gerade bei 73,50 Euro. Die Aktie war unter Druck geraten, weil die größte Beteiligung des Unternehmens, Spezialmaschinenhersteller und Autozulieferer Aumann, in den vergangenen sechs Monaten um 50% eingebrochen war. Schlimmer noch, in den vergangenen 18 Monaten beträgt der Wertverlust der Beteiligung 66%. MBB war auf dem Weg, einen Großteil der Kursbewegung von Aumann nachzuvollziehen: -25% in den vergangenen sechs Monaten, -40% in den vergangenen 18 Monaten. Wenn sich Aumann im Gezänk der Autoindustrie zwischen Elektro- und konventionellem Antrieb zerreiben sollte, würde sich die Geschichte zu einem Desaster für MBB ausweiten. Da müssen die anderen Beteiligungen schon sehr gut laufen, um das auszugleichen. Sie wissen wie es ist: der Börsenkurs macht die Meldungen, nicht umgekehrt. Wenn also der Börsenkurs von MBB stabil bleibt, dann kommt (vielleicht) kein Analyst auf den Gedanken, den Misserfolg Aumanns auf MBB zu übertragen, oder? Ein Geschmäckle hat jedoch der Umstand, dass erst letztes Jahr die altgedienten Vorstände für Finanzen und Investment (CFO Breitkopf & CIO Karalus) das Unternehmen auf eigenen Wunsch verließen. Dr. Nesemeier hat einen Großteil der Aufgaben selbst übernommen. Ein Rückkaufangebot darf nicht höher als 20% über dem Durchschnittskurs der letzten drei Tage liegen. Mit 84 Euro wurde ein großer Aufschlag gewählt. Wie zu erwarten bewegte sich dann auch der Aktienkurs in Richtung 84 Euro und - oh Wunder - verharrte auf dem neuen Niveau. Wenn jeder die Möglichkeit hat, seine Aktien zu 84 Euro zu verkaufen, warum sollte die Aktie dann weniger wert sein? Nachdem die Aktie dann einige Tage auf dem höheren Niveau notierte, schob MBB gestern eine Meldung nach: Man erhöhe das Rückkaufangebot je Aktie auf 96 Euro. 96 Euro für eine Aktie, die vor vierzehn Tagen noch bei 73,50 Euro stand und auf dem Weg gen Süden war. Cui bono - Wer hat einen Vorteil davon? Die Aktionäre. Je mehr Aktien Sie haben, desto größer Ihr Vorteil. Wissen Sie, wer am meisten MBB-Aktien hat? Ach ja, das war ja Dr. Nesemeier, der als Vorstand und Aufsichtsrat diese Geschichte ins Rollen gebracht hat. Ist das rechtswidrig? Nein. Alles korrekt. Ist das geschäftsschädigend? Nun, auch nicht wirklich. Im Gegenteil, die Anzahl der ausstehenden Aktien wird auf diese Weise um 9,8% reduziert, der Gewinn je Aktie dürfte sich in den kommenden Quartalen erhöhen. Doch ist das moralisch einwandfrei? Nun, dazu gibt es sicherlich unterschiedliche Auffassungen. Bilden Sie sich ihre eigene. BAYER ERNEUT UNTER BESCHUSS Ein zweiter Prozess ging zu Lasten Bayers aus, die Aktie hat diese Woche 14% an Wert verloren. In den USA hat ein weiteres Gericht dem Kläger Recht gegeben, der behauptete, das von Monsanto seit Jahrzehnten vertriebene Pflanzenschutzmittel Roundup sei mit seinem Wirkstoff Glyphosat krebserregend. Ich hatte vor einigen Monaten Stellung dazu bezogen und kann mich nur wiederholen: Mag sein, dass Glyphosat letztlich nicht krebserregend ist, doch darum geht es hier gar nicht mehr. Es gibt eine große Lobby an Kritikern des Pflanzenschutzmittels, das sämtliches Unkraut im Umfeld der "Nutzpflanzen" zerstört und damit auch Insekten den Lebensraum entzieht. Sollten die Verfahren in zweiter Instanz scheitern (Bayer geht in Berufung), dann wird diese Lobby etwas anderes finden, um gegen Glyphosat vorzugehen. In die nächste Erholung hinein würde ich also Bayer verkaufen. NACHTRAG WIRECARD Von Anfang an hat CEO Braun behauptet, nicht von Fehlbuchungen in Singapur oder anderen asiatischen Teilen des Geschäfts zu wissen. Nun hat die Financial Times nachgelegt und behauptet, hochrangige Wirecard-Manager hätten von mindestens vier fragwürdigen Buchungen, die derzeit untersucht würden, mit einem Volumen von insgesamt 2 Mio. Euro gewusst. 2 Mio. Euro, die inzwischen dazu geführt haben, dass Wirecard 8 Mrd. Euro an Marktkapitalisierung verloren hat. Ich finde, das steht in keinem Verhältnis zueinander. Doch es zeigt mir, wie stark der Verkaufsdruck auf Wirecard noch immer ist, und das, obwohl Leerverkäufe inzwischen verboten wurden. Das Ganze ist mir also noch immer nicht geheuer, ich schaue mir die Sache weiterhin von der Seitenlinie aus an. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (21.03.19) Woche Δ Σ '19 Δ Dow Jones 25.599 -1,0% 11,0% DAX 11.364 -2,5% 7,6% Nikkei 21.627 0,2% 8,1% Shanghai A 3.251 0,2% 24,5% Euro/US-Dollar 1,13 -0,4% -1,4% Euro/Yen 124,10 -1,7% -1,7% 10-Jahres-US-Anleihe 2,45% -0,15 -0,29 Umlaufrendite Dt -0,07% -0,07 -0,17 Feinunze Gold $1.313 0,7% 2,5% Fass Brent Öl $66,40 -1,5% 27,2% Kupfer 6.486 1,2% 7,8% Baltic Dry Shipping 695 -4,8% -45,3% Bitcoin 3.998 -0,4% 1,9% Am Dienstag Nachmittag schrieb mir ein Kunde, ob wir nun investieren sollen, da der DAX ja die Hürde von 11.800 Punkten übersprungen habe. Noch ehe ich antworten konnte, sackte der DAX wieder ab und erreichte bis Donnerstag Mittag schon seine Unterstützung knapp unter 11.500 Punkte. Heute ging's dann deutlich tiefer, der Schlusskurs von 11.364 Punkten bringt den DAX zurück in seinen Abwärtstrend, Mist! US-Nogtenbankchef Jay Powell hat diese Woche die Möglichkeit eines Zinsschritts im laufenden Jahr vom Tisch genommen. Nachdem er vom Oktober mit seiner Aussage von vier zu erwartenden Zinserhöhungen die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt hatte, vollzog er sukzessive eine 180°-Kehrwende. Die Kehrtwende ist nun abgeschlossen, man könnte Anlegern nun nachsagen, sie haben die guten Nachrichten verkauft. "Selling the news" sagt man in den USA, wenn die erwartete positive Meldung eingetroffen ist, die Kurse entsprechend auf einem höheren Niveau notieren und Anleger Gewinne mitnehmen. Dann hat US-Präsident Trump eine folgenschwere Aussage gemacht: Es sei nicht zu erwarten, dass er im Falle einer Einigung mit China im Handelsstreit sofort die eingeführten US-Zölle aufhebe, da China eine Reputation habe, sich nicht an Abmachungen zu halten. Diese Meldung hat die Märkte auf Talfahrt geschickt. Na, wir wollen das Brexit-Chaos nicht vergessen: Nur noch eine Woche bis zum Brexit und eine Lösung ist noch immer nicht in Sicht. Die beste aller schlechten Lösungen ist derzeit, das Brexit-Drama in die Verlängerung zu schicken und die Europawahl damit zur Makulatur zu machen. Und dann kam heute ein Einkaufsmanagerindex hier in Deutschland zutage, der von Pessimismus kaum zu überbieten ist. Dabei hatte man eine Aufhellung dieses vorlaufenden Frühindikators für die Wirtschaft erwartet. Es scheint, dass Konjunktursorgen, Brexit-Angst und ein drohender Handelsstreit mit den USA nun endlich in den Einkaufsabteilungen angekommen ist. So hat der DAX seit Montag 2,5% abgegeben. Der Dow Jones fällt noch und steht aktuell bei -1%. Der Euro, der sich eigentlich nach der US-Notenbankentscheidung freuen sollte, ist wieder abgetaucht. Der Brexit wiegt wohl schwerer als Zinsunterschiede. Der Ölpreis ist über 65 USD/Fass Brent gestiegen, eine Marke die nach Meinung der meisten Ölexperten derzeit nicht nachhaltig überwunden werden kann. Die USA pumpen Öl und Gas aus dem Boden wie nie zuvor. Sämtliche Industrien setzen Maßnahmen um, um sich vom Öl unabhängiger zu machen. Der Sommer steht an. Ich würde derzeit die Finger von der Ölbranche lassen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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