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Michael Dell ist rund 100 Mrd. USD für Dell Inc. wert. Kein schlechtes Preisschild, oder? Sie wissen ja, wie sehr ich auf die CEOs von Unternehmen achte. Am gestrigen Donnerstag gab Michael Dell, Gründer des Computerbauers Dell Inc. bekannt, daß er ab sofort den Vorstandsvorsitz übernehmen werde. Der amtierende, erfolglose Kevin Rollins verläßt das Unternehmen.
Michael Dell hat seinen Computerladen 1985 in seiner Studentenbude gegründet. Als erster bot er individuell konfigurierte Computer an, die über eine einfache Maske Online bestellt werden konnten. Binnen weniger Tage war der individuell für den Kunden gebaute PC beim Kunden. Mit diesem System hielt Dell die Lagerhaltungskosten extrem niedrig, war sehr schnell bei der Auslieferung und mit zunehmendem Erfolg immer günstiger im Vergleich zum Wettbewerb. Ihr Autor kaufte 1999 einen PC bei Dell, damals war das Unternehmen in Deutschland noch kaum bekannt. Ich erhielt ein robustes Gehäuse mit einem Mainboard, das sämtliche Austauschkomponenten, meinem Wunsch entsprechend, problemlos installierte. Jeder, der einen PC von Snogard, Gericom oder andern Billigherstellern kaufte, kennt die unerklärlichen Probleme, die selbst beim Verkäufer und Hersteller nur Achselzucken und Kopfschütteln hervorriefen. Inkompatibilität und fehlerhafte Komponenten waren an der Tagesordnung bei Billigprodukten. Nicht so bei Dell: Die Auswahl der Konfigurationsmöglichkeiten war zwar beschränkt, aber es wurden damit fast alle gängigen Kundenwünsche abgedeckt. Und die von Dell eingesetzten Komponenten funktionierten. Als Ihr Autor, der einige Jahre die technische Betreuung eines kleinen Unternehmens (20 Mitarbeiter) übernommen hatte, möchte ich nochmals betonen: Dell-Rechner funktionierten, Billigrechner nicht! Das hat gute Gründe: Bei jeder Produktion der sensiblen Elektronikbausteine gibt es am Ende eine Qualitätskontrolle. Dort wird die Qualität jedes einzelnen Bauteils bewertet. 100 % Qualitätsziel gibt es nicht. Komponenten mit 99,99 % werden an das US-Militär verkauft. Da kommen wir Konsumenten leider nicht dran. Bauteile ab 99,90 % werden an Großkunden verkauft, dafür aber auch zu einem höheren Preis. Dell hat früher gerne ein paar Cents drauf gelegt, um die besten Bauteile zu erhalten. Alles unter 98 % wird weggeworfen. Die Bauteile dazwischen werden dann an Billigproduzenten abgestoßen. Mit anderen Worten: Wenn Sie einen Billigrechner kaufen, dann sind da auch nur Billigkomponenten drin. Es lohnt sich also, ein wenig mehr auszugeben, um auch gute Bauteile zu erhalten. Zusätzlich wird beim PC-Bau dann noch das Zusammenspiel verschiedener Bauteile getestet. Mir fehlt das technische Detailwissen, um Ihnen genau zu erklären, wie das kommen kann, aber es ist nun einmal so, daß die eine Graphikkarte mit den identischen technischen Werten in einem bestimmten Rechner einfach besser funktioniert als eine andere. Billighersteller kümmern sich nicht darum. Bestes Beispiel: Mein alter JVC-Laptop mit 40 GB HD, 386 MB RAM, 600 MHZ und wenig installierter Software rechnet um Längen schneller als der viel neuere, auf 60 GB HD und 2 GB RAM aufgerüstete 1,8 GHZ Laptop von Medion (Gericom). Ich will Sie hier nicht mit zu vielen technischen Details langweilen, aber Sie sollten sich merken, daß billig nicht gleich günstig ist. Billigrechner taugen eben nichts. Der Erfolg von Michael Dell beruhte darauf, daß er eben günstig war. Seine Rechner funktionierten, waren also qualitativ hochwertig. Diese Qualität hatte ihren Preis und jeder, der seine Erfahrungen mit Billigrechnern gesammelt hat, war bereit, diesen Qualitätspreis zu zahlen. Nach seiner Pensionierung - ja, Michael Dell hat sich in seinen Dreißigern pensionieren lassen - kam 2004 ein Marketing-Stratege ans Ruder: Kevin Rollins. Seine MBA-Ausbildung nutze Rollins für kräftige Umstrukturierungen, insbesondere in Sachen Kosteneinsparung. Das Ergebnis ist leicht zu erahnen: Die Dell-Rechner sind heute von minderwertiger Qualität. Nicht nur das Gehäuse der Laptops fühlt sich schon billig an, sondern auch die Innereien können den Qualitätsstandard von früher nicht mehr halten. So etwas spricht sich herum. Der Erfolg von Dell Inc. war eben doch nicht ausschließlich auf das innovative Bestellwesen zurückzuführen, sondern es wurden auch gute Rechner gebaut. Die Maßnahmen von Rollins haben dem Unternehmen nicht geholfen. Seit vier Quartalen hat das Unternehmen nunmehr jedes mal die Erwartungen der Analysten enttäuscht. Und gestern wurde bekannt gegeben, daß auch im abgelaufenen 4. Quartal 2006 die Erwartungen erneut nicht erreicht worden sind. Gleichzeitig befindet sich das Unternehmen unter Beschuß von der US-Börsenaufsicht. Die Gewinne von zwei zurückliegenden Jahren müssen neu berechnet werden. Daher gibt es von Dell seit einem halben Jahr keine offiziellen Quartalsergebnisse mehr. Dieser Prozeß soll Mitte März abgeschlossen sein. Und dann war da noch die Rückrufaktion der 4,2 Mio. Sony-Batterien, die in den Dell-Laptops verbaut waren. Sie kennen die Qualitätsprobleme bei Sony, ich habe häufig darüber berichtet. Kein Wunder, daß Dell bei Sony einkaufte. Preiseinsparungen gingen eben vor Qualität – ein sehr kurzfristiges Kalkül. Die Börsenrallye seit Anfang 2003 ging spurlos an Dell vorbei. Das Unternehmen notiert heute noch auf dem depressiven Niveau von damals. Vor wenigen Wochen erst habe ich Dell keine Wachstumschancen zugesprochen – auch der Vista-Zug würde an Dell spurlos vorbeifahren. Die Rückkehr Michael Dells ist das Beste, was Dell Inc. passieren konnte. Michael Dell ist erst 41 Jahre als und hatte in den vergangenen Jahren Zeit zum Nachdenken. Daß so etwas nicht schadet, hat 1997 Steve Jobs gezeigt, als er zu Apple zurückkehrte. Er brachte den iMac und den iPod auf den Markt, Apple ist heute wieder eines der Vorzeigeunternehmen der US-Wirtschaft. Ich traue Michael Dell einen ähnlichen Erfolg zu. Denn niemand anders kennt das Unternehmen so gut wie Michael Dell, der es selbst aufgebaut hat. Und niemand anderes hat seine Erfahrung wenn es darum geht, neue Konzepte umzusetzen. Und genau das braucht Dell Inc. nun: Neue Konzepte. Denn in seiner Abwesenheit hat sich Hewlett Packard mit der Übernahme von Compaq zum weltgrößten PC-Bauer herauf geschwungen. Derzeit sind die Rechner von HP und Compaq klar besser als die von Dell. Und das zu ändern wird nicht leicht sein. Komisch: Die Meldung von Michael Dells Machtübernahme hat dem Kurs nur kurz am Vormittag zu einem Plus von 6 % verholfen, zum Tagesschluß stand der Kurs jedoch im Minus. Es gibt wohl nicht viele Anleger, die, so wie Ihr Autor, die Menschen über die Zahlen stellen. Dabei ist es dem Können des CEO zuzuschreiben, die positiven „Zufälle" für das eigene Unternehmen optimal zu nutzen. An diesem Können unterscheidet sich eine Aktienperformance von plus 50 % und minus 50 %. Ich habe Ihnen hier ein paar CEOs aufgeführt, deren Namen Sie sich merken sollten. Unternehmen, denen sie vorstehen, sollten Sie meiden: KÜRZLICH GEFEUERTE CEOs Bob Nardelli wurde Anfang Januar von Home Depot, dem amerikanischen Obi, gefeuert. Nardelli war sich nicht zu fein, für sein Versagen eine Abfindung von schlappen 210 Millionen USD einzustecken. Dafür, daß unter seiner Regie die Umsätze zurückgingen und einige tausend Angestellte ihren Job verloren, ist diese Abfindung nicht schlecht, oder? Die Aktien von Home Depot sind seit seinem Ausscheiden um 4 % gestiegen. Nardelli hat nur eine Sperrfrist von einem Jahr. Wenn Sie Nardelli in einem Jahr in einem anderen Unternehmen auftauchen sehen, dann meiden Sie bitte diese Aktien. Paul Pressler wurde vor zwei Wochen beim Textilhersteller Gap rausgeschmissen. Die Gründerfamilie Fischer hat ein Familienmitglied mit der vorübergehenden Führung des Unternehmens beauftragt. Goldman Sachs wurde eingeschaltet, so daß die Gerüchteküche über einen möglichen Verkauf Gaps brodelt. Pressler kannte ich schon aus seinen Walt Disney-Zeiten, dort hatte er sich seinen Ruf bereits ruiniert. Bei Gap hat er es geschafft, den gerade vor seinem Amtsantritt erfolgreich beendeten Turnaround binnen weniger Monate zu vernichten. Schon sechs Monate nach seinem Amtsantritt bis zu seinem letzten Tag sorgte er für monatlich weniger Umsatz. Die Aktien von Gap sind nach seinem Ausscheiden um 5 % angestiegen. Ich bin gespannt, wo Pressler als nächstes auftaucht. Er ist gerade einmal 49 Jahre alt und wird sicherlich einen neuen CEO Posten anstreben. NOCH 2007 ZU FEUERNDE CEOs Nun werden Sie sicherlich fragen, wer noch so auf meiner Liste der inkompetenten Manager steht. Hier noch ein paar Namen: Terry Semel, CEO von Yahoo!, ist ein bekannter Hollywood-Stratege und hat den Technologiekonzern Yahoo! in einen Medienkonzern umgewandelt. Heute bietet Yahoo! das beste, integrierte Angebot für Photos, E-Mail, Videos, Kalender bis hin zu persönlichen Webseiten und Blogs an. In dieser Breite kann Google nicht mithalten. Doch verdienen tut Google besser. Vor zwei Jahren war absehbar, daß der Werbemarkt im Internet explodieren würde. Eric Schmidt, Gründer und CEO von Google steckte all seine Intelligenz in den Aufbau einer Werbeplattform, AdWords und AdSense, und hat seither einen Marktanteil von 70 % im Online-Werbemarkt erreicht. Terry Semel hat diesen Zug verschlafen. 2001 war Semel der richtige Mann für Yahoo!. Er hat aus der Studentenklitsche einen Weltkonzern gemacht. Nun aber ist er am Ende seines Lateins und sollte den Chefsessel für jemanden mit besserem Durchsetzungsvermögen gegenüber den einzelnen Konzernbereichen räumen, damit eine neue Strategie geschaffen werden kann. Paul Jacobs hat das Zepter von Qualcomm direkt von seinem Vater übernommen. Doch die Schuhe, in die er da gestiegen ist, sind ihm einige Nummern zu groß. Sein Augenmerk liegt auf dem verbissenen Einklagen von Rechten selbst gegenüber seinen eigenen Kunden. Ich kenne kein Unternehmen, das seine Kunden über Gerichtsverhandlungen an sich binden konnte. Egal, wie die Rechtslage ist, es müssen andere Lösungen gefunden werden. Wenn Paul Jacobs dazu nicht in der Lage ist, ist er der falsche Mann. Der UMTS-Boom steht erst noch bevor und Qualcomm könnte davon profitieren, wenn es sich mit den Kunden einigt. Jacobs kann dies offensichtlich nicht, daher sollte schnellstens ein diplomatischerer CEO her. Lee Scott heißt der CEO von Wal-Mart. Sam Walton, der Gründer von Wal-Mart, hatte stets ein freundliches Gesicht und er vermittelte seinen Kunden und Mitarbeitern immer das Gefühl, etwas besonders Gutes zu tun. Lee Scott ist der kaltblütige Haifisch, der Darth Vader der freien Marktwirtschaft. Moral kümmert ihn nicht einen feuchten Kehricht, Geld muß gespart werden, egal ob im Einkauf oder an den Mitarbeitern. Kunden bekommen durch ihn das Gefühl, nicht nur günstig, sondern auch billig zu kaufen. Und das ist nicht gut. Der Erfolg Wal-Marts beruhte darauf, daß die Kunden sich besonders gebauchpinselt fühlten, wenn sie bei Wal-Mart einkauften. Daß die Preise nicht immer die billigsten waren, konnten wir anhand des Wal-Mart Abenteuers in Deutschland beobachten: Die Lebensmittelpreise in Deutschland seien günstiger als irgendwo sonst in der Welt, sagte in den 90ern Sam Walton und stellte das Abenteuer ein. Lee Scott hat den guten Ruf des Unternehmens sukzessive ruiniert und sollte nun durch ein neues, freundlicheres Gesicht abgelöst werden. Vielleicht fühlen sich die Kunden dann nicht mehr so sehr über den Tisch gezogen, wie zurzeit. Paul Otellini ist der Marketingstratege, der mit ohne Ingenieurskunst Intel niederwirtschaftet. Ich selbst bin Volkswirt und ich möchte nicht unbedingt Ingenieure als die besten Unternehmenslenker herausstellen. Aber es gibt technologisch betriebene Unternehmen, bei denen eben ein Mensch mit technischem Detailwissen am Kopf des Unternehmens stehen sollte. Massenprodukte, wo die Qualität nicht so wichtig ist, können von Marketingstrategen geleitet werden. Seit Otellini bei Intel die Führung übernommen hat, gewinnt AMD zunehmend an Marktanteilen aufgrund der besseren Chips. Otellini muß weg, wenn Intel wieder eine gute Aktienperformance ausweisen möchte. WOCHENRÜCKBLICK So steckt hinter jeder Aktie eine ganz persönliche und menschliche Geschichte. In Summe machen diese Geschichten dann einen Teil der Kursbewegungen aus. Ein anderer Teil kommt von der allgemeinen konjunkturellen Situation. Am Mittwoch äußerte sich Ben Bernanke als Vorsitzender der US-Notenbank zu diesem Thema. Zu aller Überraschung bestätigte Bernanke die gute Verfassung der US-Wirtschaft sowie eine Besserung im Immobiliensektor. Gleichzeitig stellte er auch fest, daß die Inflationsgefahr durch die rückläufigen Rohstoffpreise, insbesondere Öl, niedrig sei. Diese beiden Komponenten der US-Wirtschaft führen bei Anlegern zu wahren Glücksgefühlen. Robustes Wirtschaftswachstum bei niedriger Inflation, schöner geht es kaum. Entsprechend wurde diese Woche vom Dow Jones mit 12.673 Punkten erneut ein Allzeithoch erzielt. Aber gleichzeitig ist auch das Gold wieder eine gefragte Anlageform, der Goldpreis stieg auf 655 US-Dollar je Feinunze. Und auch der Ölpreis ist über 57 US-Dollar gesprungen, das Korrekturtief bei 52 US-Dollar dürfte damit vorerst außer Reichweite sein. Bei all diesen Kurssteigerungen sollte man meinen, daß der US-Dollar an Wert verliert. Irgendetwas muß schließlich für eine solche Rallye verantwortlich sein. Doch der US-Dollar ist nur leicht auf 1,305 gefallen. Die Preisanstiege sind also keine Wechselkurseffekte, sondern Ausdruck von Angebot und Nachfrage. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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