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So, die Party im Technologiesektor ist vorerst vorbei. In dieser Woche wurden Quartalsberichte veröffentlicht, von denen ich eine ganze Reihe als Sensation bezeichnen würde. Als positive Überraschungen, die zu einem anderen Zeitpunkt den Aktienmarkt in Feierlaune versetzt hätte.
Doch nach den großen Kursgewinnen, die im Technologiesektor seit Jahresbeginn stattfanden, zauberten diese positiven Überraschungen nur ein müdes Lächeln auf die Gesichter der Anleger. Es begann am Dienstag, als Intel mit einem Gewinn von 30 Cents je Aktie die Erwartungen der Analysten um 20 % übertraf. Es wurde ein Gewinn von 25 Cents je Aktie erwartet. In meinen Augen ist das ein ziemlich gutes Ergebnis, wenn man in nur drei Monaten so weit über das Ziel hinaus schießt. Aber in den Medien lasen Sie nur „Altigkeiten". Die Neuigkeit, daß das Ergebnis um 20 % besser war, als erwartet, habe ich nur im Kleingedruckten gefunden. Alle Schlagzeilen versteiften sich auf Meldungen, die mir alle schon bekannt waren: Gewinneinbruch gegenüber dem Vorjahresquartal, Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahresquartal um 5 %, harter Wettbewerb mit AMD, usw. Alles Meldungen, die schon seit Monaten bekannt sind. Seit einem Jahr, um genau zu sein. Ich schrieb damals im Heibel-Ticker, daß der Unterschied zwischen Intel und AMD darin liegt, daß Intel seit dem Ausscheiden von Unternehmensgründer Gordon Moore, der Ingenieur war, nur noch von Marketingexperten gemanagt wurde. Und meine Meinung zu Kaffeesatzlesern habe ich mir in meinem Studium gebildet: Kurzfristige Gewinnmaximierung durch populistische Entscheidungen, langfristig bleiben jedoch wirkliche Innovationen auf der Strecke. Henry Ford sagte einmal, als er gefragt wurde, woher er wußte, daß ein Massenauto vom Fließband die Massen begeistern würde: „Ich hatte so ein Gefühl. Hätte ich die Leute vorher gefragt, was sie wollen, so hätten sie schnellere Pferde und gemütlichere Kutschen verlangt." Ein Unternehmer muß eben selber wissen, was die Masse in fünf Jahren verlangen wird. Paul Otellini, der heutige CEO von Intel, ist Marketingexperte und muß nun die Rechnung für seine schwachen Innovationen zahlen: Ein ruinöser Preiskampf mit AMD. Nur noch über den Preis, über die Gewinnmarge, kann sich Intel gegenüber AMD behaupten. Intel ist zwölfmal größer, hat siebenmal soviel Umsatz wie AMD, aber bringt es nicht fertig, AMD durch bessere Produkte auszustechen. Nein, es müssen die Preise gesenkt und die Gewinnmargen ruiniert werden, um den Widersacher in Schach zu halten. Für Aktionäre ist das nicht akzeptabel, zumal die bevorstehende Nachfrage nach neuen PCs, die durch die Einführung von Vista angeheizt wird, somit keine Auswirkungen auf die Gewinnentwicklung der beiden Streithähne haben wird. Schade für die Aktionäre, aber nichts Neues. Lassen Sie also in den nächsten Monaten weiterhin die Finger von AMD und Intel. Profitieren Sie lieber davon, indem Sie sich einen neuen PC kaufen, denn die sind durch diesen ruinösen Preiskampf günstiger denn je. Nun, wie eingangs gesagt: Diese Altigkeiten waren weithin bekannt und erwartet worden. Die einzige wirkliche Neuigkeit, nämlich das Übertreffen der Prognosen, wurde nur am Rande erwähnt. Kein Wunder also, daß der Technologiesektor in Folge dieser Meldung in die Knie ging. Doch damit nicht genug. Am Mittwochabend veröffentlichte Apple sein Quartalsergebnis. Mit einem Gewinn von 1,14 USD je Aktie wurden die Schätzungen von 0,78 USD je Aktie nicht nur übertroffen, sondern sie wurden ins Lächerliche gezogen. Apple hat die Prognosen um 46 % übertroffen! Der iPod wurde im Weihnachtsgeschäft eingekauft, als ob Weihnachten ohne einen iPod Tränen in die Augen der Kinder jagen würde. Na, und was macht die Apple-Aktie am Tag nach dem Quartalsergebnis? Die Aktie bricht um 5 % ein. Zu lesen sind in den Medien nur Meldungen über die verhaltene Prognose von Steve Jobs, der natürlich die Bälle flach halten möchte, um weiterhin mit positiven Überraschungen aufwarten zu können. „Wenig versprechen, viel liefern" ist eine Devise, die für jedes Börsenunternehmen essentiell ist. Nachdem sich Apple in den vergangenen Monaten zum Leithammel der Technologiebranche entwickelt hat, führte der Kurseinbruch bei Apple zu einer miesen Stimmung im gesamten Technologiesektor. Dabei war der Grund für den Kursrutsch in meinen Augen nur Gewinnmitnahmen von Anlegern. Doch als ob das noch nicht reichen würde: Gestern Abend vermeldete IBM seine Quartalszahlen. Die hoch aufgelegte Meßlatte wurde auch von IBM erreicht oder sogar übertroffen. Dennoch fielen die Aktien heute früh um satte 5 %. Folglich werden auch für IBM die Schlagzeilen umformuliert: „IBMs Ausblick enttäuschte", lesen Sie nun überall. Was macht nun all das Geld, das in solchen Tagen durch die Verkäufe der Technologieaktien frei wird? Es sucht sich neue Anlagebereiche. Denn es sind nicht die Unternehmen selbst, die für den Kursverfall verantwortlich sind, sondern es ist die Konjunktur. Die Gesamtwirtschaft. In den vergangenen Tagen haben sich die Ängste ausgeweitet, daß die USA im Verlauf dieses Jahres einen Abschwung erleben werde. Investoren schichten ihr Geld in die sicheren Häfen um. Der Goldpreis ist in den vergangenen Tagen wieder von 610 auf 630 USD je Feinunze gestiegen. Und das, obwohl der US-Dollar fester notierte. Aber auch defensive Aktien wurden nachgefragt. Wenn Sie sich die Wochenperformance der einzelnen Aktien des Dow Jones anschauen, dann werden Sie feststellen, daß alle drei Pharma-Aktien die Gewinnerliste anführen: Johnson & Johnson, Merck und Pfizer. Aber auch dem US-Konsumenten vertraut man, denn Wal-Mart gehört auch zu den Wochengewinnern, genau wie der Einzelhändler aus unserer Empfehlungsliste. Keine Ahnung, warum gerade Wal-Mart solche Kursgewinne verzeichnen konnte. Der weltgrößte Einzelhändler ist meiner Ansicht nach bereits seit drei Jahren auf dem absteigenden Ast, ich schrieb mehrfach darüber. Spezialisierte Einzelhändler nutzen die Schwäche des Giganten und erkämpfen sich Marktanteile. Und noch ein Unternehmen, das die meisten von Ihnen kennen werden, hat sich mit Quartalszahlen diese Woche zu Wort gemeldet: Symantec. Viele von Ihnen werden Norton Antivirus auf Ihrem Rechner haben. Symantec ist das Softwareunternehmen, das Norton vertreibt. Doch leider waren die Nachrichten von Symantec ziemlich mies: Die eigenen Umsatz- und Gewinnprognosen wurden nach unten korrigiert. Dies ist genau das Gegenteil dessen, was Apple und IBM gemacht haben: Eine von vornherein niedrige Prognose wurde dort übertroffen. Symantec hingegen hat zunächst eine optimistische Prognose ausgegeben und kann diese nun nicht erfüllen. Der Kurs von Symantec ist, wen wundert's, eingebrochen. Dabei ist das Bewertungsniveau nicht schlecht: Das Umsatzwachstum von 20 % wird mit einem KGV von 44 belegt. Aber bei solch einer hohen Bewertung darf eben nichts schief gehen. Und das ist nun schon das dritte mal in Folge, daß Symantec die Meßlatte reißt. Woran liegt's? Werden die Sicherheitsansprüche an die PCs nicht immer höher? Wird nicht immer mehr Geld dafür ausgegeben? Doch, aber das Geld fließt nicht zu Symantec. Es gibt eine Reihe von kostenfreien Antivirus-Softwareangeboten, die genauso zuverlässig arbeiten. Darüber hinaus hat sich auch Microsoft diesem Thema verschrieben, und auch wenn Microsoft bislang nichts Vernünftiges in diesem Bereich geliefert hat, so haben sich dennoch viele Anwender bereits dem Pauschalpaket von Microsoft verschrieben. Alles aus einer Hand ist den Meisten eben doch lieber. Die Tage von Symantec sind gezählt, lassen Sie die Finger davon! Der Quartalsbericht von General Elektrik, der gestern Abend veröffentlicht wurde, war super. Der Gewinn hat sich verdoppelt, das Unternehmen ist auf Shoppingtour im Energiesektor. Aber auch hier gilt wieder: Dieses positive Ergebnis war erwartet worden, und daher wird die Aktie am heutigen Tage ausverkauft. Für mich folgen die Vorgänge an der Wallstreet alle ein und demselben Muster: Die guten Ergebnisse der vergangenen Monate wollte man noch mitnehmen, die Konjunktur lief ja super und die Unternehmensgewinne sind auf Rekordniveau. Doch für das neue Jahr erwarten die Anleger schwerere Zeiten und nutzen die guten Quartalszahlen zum Versilbern ihrer Gewinne. Was in der Presse steht, lenkt nur von diesen einfachen Zusammenhängen ab. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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