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... und eine Stimme sprach zu mir „Lächle und sei froh, denn es hätte schlimmer kommen können", und ich lächelte und war froh – und es kam noch schlimmer.
Es ist kaum noch zu fassen, was alles schief gehen kann, doch immer mehr Bereiche unserer Wirtschaft laufen aus dem Ruder. Wenn Sie bislang die unglaublich zerstörerische Macht einer Weltwirtschaftskrise nur aus den Erzählungen Ihrer Großeltern als Fabel einer längst vergessenen Zeit betrachtet haben, so werden diese vermeintlichen Märchen in diesen Tagen für jeden Anleger zu einer bitteren eigenen Erfahrung. 3.600 Punkte hat der DAX in den vergangenen 12 Monaten verloren. Wenn er nochmals soviel verliert, dann sind wir bei Null angekommen. Da ist es nur noch Sarkasmus, wenn ich Ihnen nun sage, dass wir das Schlimmste hinter uns haben. GENERAL MOTORS AUF DEM WEG IN DIE INSOLVENZ, OPEL WIRD FOLGEN Gestern Abend hatte ich eine lange Diskussion mit meiner Frau. Sie wollte gerne verstehen, wieso ich ihr schon vor drei Jahren sagte, dass ihr Opel Corsa vermutlich bald keine Vertragswerkstatt mehr für die Inspektion finden werde. Wenn ich hier in Deutschland aus im Internet frei verfügbaren Informationen zu einer solchen Einschätzung kommen kann, wieso hat Herr Rick Wagoner, CEO von General Motors nicht früher das Ruder herum gerissen und den einst weltgrößten Autobauer gerettet? Es hat mich ganz schön ins Schwitzen gebracht, eine nachvollziehbare Erklärung zu finden. Arroganz des Erfolges von 100 Jahren Unternehmensgeschichte wollte ich ausführen. Doch es war ja auch bekannt, dass GM über Jahre hinweg seine Autos unter den Herstellungskosten verscherbelte. Da müsste doch die Arroganz eines Unternehmenslenkers irgendwann einmal angekratzt werden, oder? Bei solchen Absatz- und Umsatzentwicklungen muss doch ein Unternehmenschef irgendwann einmal drastische Schritte durchsetzen können. Drastische Schritte, die Gehaltskürzungen bei allen Angestellten bedeuten, die Investitionen in neue Automobilkonzepte bedeuten, die gegebenenfalls eine Neugestaltung des Geschäftsmodells bedeuten können. Warum hat Wagoner, der noch vor wenigen Tagen von Jürgen Rüttgers als intelligent, verständnisvoll und offen bezeichnet wurde, seine Intelligenz nicht für solche Änderungen genutzt? Ich denke, Wagoner ist als Teil des (ehemaligen) Erfolges zu sehen. Er hat vor vielen Jahren richtig erkannt, dass die Amerikaner lieber Luxusautos kaufen, ungeachtet des Spritkonsums. Und tatsächlich, zur Jahrtausendwende, als ich noch in den USA lebte, zahlten sie für den Liter Benzin umgerechnet 30 Eurocents. Der Ölpreis notierte unter 10 USD/Fass, der US-Dollar war eine feste Währung und Steuern auf Öl und Benzin waren in den USA gering. In dieser Zeit erlangte der Hummer großen Ruhm. Der Hummer, groß, eckig, ehemaliges Militärsfahrzeug ohne Aerodynamik, ohne Komfort aber mit diversen Überlebenssystemen ausgestattet, verbrauchte locker 20 Liter Diesel auf 100 km, aber dafür war er wie eine Festung auf Rädern. Nicht einmal diese goldenen Zeiten verhalfen General Motors dazu, ordentlich Gewinne einzufahren. Die Pensionsverpflichtungen stiegen, der Verschuldungsgrad wuchs weiter an und als dann wenige Jahre später die Absatzzahlen ins Stocken gerieten, hatte das Unternehmen keinerlei Reserven für schweren Zeiten. Wagoner wusste, wie man durch schwere Zeiten hindurch kommt: Augen zu und durch! Alljährlich wurde mit den Gewerkschaften erbittert um die Gehälter gestritten, doch ich wunderte mich immer wieder, dass die Gewerkschaften am Ende mit ihren Forderungen weitgehend gewannen. Immer wieder! Vermutlich ist Wagoner, der selbst zu seiner Bittstellung um Milliarden Hilfen beim US-Kongress mit einem Privat-Firmenjet einflog, das Argument der Gewerkschaften schlecht aufgestoßen: Wenn es dem Unternehmen so schlecht ginge, dann sollte man doch in den obersten Etagen mit dem Sparen ein gutes Vorbild abgeben. Dazu war und ist Wagoner nicht in der Lage. Hatte er nicht schon einmal gegen alle Unkenrufe mit seiner Beharrlichkeit auf große, spritfressende Motoren Recht behalten? Und ist es nicht so, dass der weltgrößte Automobilkonzern mächtig genug ist, um seinen Kunden zu sagen, was sie gerne kaufen wollen? Und wäre es nicht sogar gefährlich, seine Bezüge zu kürzen, denn das würde ja ein Signal an alle Autokäufer senden, dass es dem Konzern schlecht gehe. Ein solches Signal musste vermieden werden. Und, zu guter Letzt und wenn alle Stricke reißen ist General Motors nicht ein Teil von Amerika, ein Teil der Erfolgsgeschichte Amerikas, der Schlüssel zum größten Arbeitsmarkt, wenn man die Zulieferer mit einbezieht? Würde man ein solches Unternehmen pleite gehen lassen? Das hätte sich Wagoner nicht vorstellen können. So stand er immer wieder vor der Entscheidung, den Erfolg seines Unternehmens, seinen eigenen Erfolg, als Luftnummer zu enttarnen, bevor er heftige Einschnitte in den Verhandlungen mit den Gewerkschaften, in der Forschungsarbeit und in der Zukunftsausrichtung hätte angehen können. Als erstes also hätte er zugeben müssen, dass seine „Erfolge" gar keine waren und dass er im Grunde genommen alles falsch gemacht hat. Und so etwas von dem Vorzeigemanager der Autoindustrie zu verlangen, das ist schon sehr viel... ...zu viel für das Ego von Wagoner. Und daher hat er lieber die Gehälter den Forderungen der Gewerkschaften entsprechend erhöht, neue innovative Finanzinstrumente geschaffen, mit deren Hilfe das Unternehmen noch ein paar Jahre weiter wirtschaften konnte. Und so blieb er der Musterschüler, der unangefochtene Herrscher der weltweiten Automobilwelt. Nun, seit gestern ist nun auch die Insolvenz eine Option. Und nachdem Wagoner im Dezember noch gesagt hatte, eine Insolvenz GMs würde das Ende der Autoindustrie in Amerika bedeuten, hat er diese Überzeugung nun geringfügig angepasst. Er glaubt nun, dass eine Insolvenz gegebenenfalls große Teile seines Konzerns retten könnte. Nun, vielleicht sollte man ihm einfach nicht mehr zuhören. So, wie man Herrn Funke, ehemaliger Vorstand der HRE, nicht mehr zuhören sollte, wenn er nun sein Gehalt einklagen möchte. Oder wie man all den anderen Unternehmenslenkern nicht mehr zuhören darf, wenn sie gebetsmühlenartig wiederholen, dass es ihrem Unternehmen gut gehe. Diese Menschen sind entweder bösartig (das glaube ich übrigens weniger), oder betriebsblind (ja!). Ach so, und was wird aus Opel? Nun, Opel ist nichts mehr wert. Opel baut Autos nach amerikanischen Vorgaben für den europäischen Markt. Das hat in den vergangenen zwanzig Jahren nicht funktioniert und hat den Ruf der Marke Opel kaputt gemacht. Bleiben die Patente, die das Unternehmen aus seiner früheren Zeit noch hält: Die wurden von Rick Wagoner als Sicherheit für die Staatsmilliarden an die US-Regierung verpfändet. Welchen Wert hat Opel also noch? Keinen. Warum wird das von den Politikern nicht offen ausgesprochen? Weil im Wahljahr niemand für den Jobverlust von zigtausend Arbeitnehmern verantwortlich gemacht werden möchte. Opel wird also ebenfalls Insolvenz anmelden und vielleicht wird irgendein Investor bestimmte Opel-Anteile aus der Insolvenzmasse herauskaufen. Viele Arbeitsplätze werden dadurch leider nicht gerettet werden. CHINA HILFT, CHINA HILFT NICHT, CHINA HILFT, HILFT NICHT, ... Da können Sie auch die Blätter eines Gänseblümchens rupfen, um zu einer Meinung zu kommen. Am Dienstag Abend kamen plötzlich Gerüchte auf, dass die Chinesen ihr 350 Mrd. Euro Konjunkturpaket aufstocken, vielleicht sogar verdoppeln würden. Der Chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao sollte am Donnerstag eine Rede vor der Chinesischen Volkskammer halten und in dieser Rede, so die Gerüchte, werde er weitere Konjunkturhilfen ankündigen. Am Mittwoch stiegen die Börsen in Folge dieses Gerüchtes um 5% an. Es folgte die Rede, doch von weiteren Konjunkturhilfen war nichts zu hören. Somit fielen die Börsen am Donnerstag wieder um 5% zurück. Nichts Außergewöhnliches, wir haben uns an solche Schwankungen gewöhnt. Aber es zeigt wieder einmal, wo die Hilfe herkommen wird: Aus China. Mag sein, dass das Land eigene strukturelle Probleme hat. Doch mit 6% Wachstum ist China uns noch immer um Längen voraus. Vielleicht hat Wen Jiabao nach Betrachtung der chinesischen Konjunktur den Eindruck gewonnen, dass die bereits eingeleiteten Konjunkturhilfen wirken und ausreichen. Vielleicht ist er aber auch einfach nur blind und sieht nicht das ganze Ausmaß der Krise. Ich für meinen Teil habe in den vergangenen Jahren gesehen, wie die Chinesen im Welthandel geschickt agierten, wie sie die Finanzmärkte zu ihrem Vorteil zu nutzen lernten und wie sie immer einflussreicher wurden. Ich halte es daher für durchaus möglich, dass Wen Jiabao zu Recht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die chinesische Wirtschaft schon wieder anspringt und weitere Hilfen vorerst nicht notwendig sind. Die Preise der Industriemetalle sind in den vergangenen drei Monaten nicht mehr weiter gefallen, die Kupfer-Lagerbestände sind drastisch reduziert worden. Der Baltic Dry Index steigt weiter an. All das spricht dafür, dass von Seiten Chinas langsam die Trendwende eingeläutet wird. Doch es wird noch eine Weile dauern, bis das bei uns ankommt. Schauen Sie sich die Wochenperformance der wichtigsten Indizes an: INDIZES (05.03.2009) Dow Jones: 6.594 | -8,2% DAX: 3.695 | -6,3% Nikkei: 7.173 | -5,2% Euro/US-Dollar: 1,270 | -0,8% Euro/Yen: 123,29 | -0,2% 10-Jahre-US-Anleihe: 2,82% | -0,2 Umlaufrendite Dt: 2,89% | 0,1 Feinunze Gold USD: $938,10 | -0,3% Fass Crude Öl USD: $43,61 | -3,6% Baltic Dry Shipping: 2.167 | 11,1% Tja, was soll ich zu dieser Wochenperformance noch sagen: Lernen Sie daraus und kehren Sie der Börse nicht den Rücken. Schwankungen, auch so heftige Schwankungen, gehören zur Börse dazu. Und wer diese Phasen nicht durchsteht, der gehört zu den Verlieren. Wer diese Phase trotz herber Verluste durchsteht, der kann später einmal zu den Gewinnern gehören. Noch ist es zu früh, um sich gegen diesen toxischen Abwärtsstrudel zu stemmen. Ich habe im gestrigen Update für meine Heibel-Ticker PLUS Kunden beschrieben, wann wir meines Erachtens einen Boden sehen können bzw. was dafür geschehen muss. Dieses Thema werde ich auch heute wieder im nächsten Kapitel aufgreifen. Auch die Sentimentdaten geben nicht viel bessere Auskunft. Im Gegenteil: Je weiter die Kurse fallen, desto bullischer werden die Anleger. Das haben sie in den vergangenen Jahrzehnten gelernt. Und doch ist es diesmal ein Rezept zum Verlieren. SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 13.-20. Feb (163): 55% / 45% 20.-26. Feb (145): 52% / 48% 27.- 6. Mär (187): 56% / 44% ANALYSTEN KAUF Allianz, Bayer, K+S ANALYSTEN VERKAUF Conergy, Holcim, HCI Capital PRIVATANLEGER: Aktuell 46% Bullen (unverändert zur Vorwoche, 95 Stimmen) Bisheriges Tief war Ende November bei 35% Bullen Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 3.748 PRIVATANLEGER KAUF Citigroup, Kläckner, Stada PRIVATANLEGER VERKAUF General Motors, HSBC, Volkswagen Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Bis vor kurzem galt es als lukrativ, sich gegen die Mehrheit zu stellen. Antizyklisch investieren, kaufen, wenn die Kanonen donnern. Doch wer sich in den vergangenen Monaten nach diesem Grundsatz gerichtet hat, der blickt heute auf herbe Verluste. Die Masse hat das Ruder übernommen, das Vertrauen in die Börse ist verloren und jeder Tag ist ein neuer Münzwurf: Kopf oder Zahl – ungeachtet dessen, was gestern oben lag. Die Börse hat kein Gedächtnis mehr und wer bei der Gegenrallye am Mittwoch in den Markt gelockt wurde, darf sich heute schon wieder über mehrere Prozent Verlust ärgern. Diese Abwärtsspirale endet, wenn keiner mehr Interesse an der Börse hat. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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