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Am heutigen Freitag verfallen eine Vielzahl standardisierter US-Optionen, es ist Optionsverfallstag. In der Woche dieses Optionsverfallstags neigen die US-Börsen zu heftigen Kursausschlägen. Es gibt regelmäßig mindestens einen Tag mit großen Kursgewinnen und einen Tag mit großen Kursverlusten. Und in der Regel fallen diese beiden Extrem-Tage auf Dienstag bis Donnerstag.
Der Hintergrund dieses komischen Verhaltens an den Börsen ist nicht ganz einfach für uns Privatanleger zu verstehen. Institutionelle Anleger haben häufig große Positionen an Aktien und sichern diese teilweise durch Put-Optionsscheine ab. Wenn nun die Kurse zum Verfallstag hin knapp an die Basispreise heranlaufen, dann ist es für institutionelle Anleger manchmal ein Leichtes, durch den Verkauf von Aktien den Aktienkurs unter den Basispreis zu drücken, um die Position sodann aufzulösen. Entsprechend funktioniert es auch in die andere Richtung. Wenn dieses Verhalten von vielen schweren Jungs gleichzeitig erfolgt, dann ist es um so leichter, den Kurs bestimmter Aktien entsprechend zu drücken. Dazu bedarf es keiner unerlaubten Absprache, es reicht schon, wenn sie morgens aufstehen und eine große Anzahl an negativen Meldungen sehen. Ab da übernimmt der Herdentrieb und gemeinsam werden die Kurse gedrückt. Der Dienstag hätte es diese Woche sein können, doch das Minus blieb mit 0,1% lächerlich klein. Es fehlte auch so eine richtige Meldung, die für Panik sorgen könnte. Am Mittwoch wurden dann neue Jahreshöchstkurse erreicht, und so musste es der Donnerstag werden. Und tatsächlich: Donnerstag früh wurde der CPI, der US-Konsumentenpreisindex, veröffentlicht, der einen Anhaltspunkt für die Inflationsrate gibt. Im September wurde eine Inflation von 1,5% errechnet, für Januar wurde nun ein weiterer Anstieg auf 1,6% bekanntgegeben. Der Markt war von einem Rückgang der Inflationsrate ausgegangen und reagierte vorbörslich entsprechend heftig: Die Futures notierten dick im Minus. Kurze Zeit später wurden noch Arbeitsmarktdaten veröffentlicht. Obama wird ein Problem bekommen, wenn nicht bald Jobs in den USA geschaffen werden – und das Problem wird mit jeder Veröffentlichung des US-Arbeitsamtes dringender. Auch diesmal bleiben die neu geschaffenen Jobs weit hinter den Erwartungen zurück. Na, jetzt noch eine Hiobsbotschaft über ein großes Unternehmen und das Chaos ist perfekt: Eine Boulevardzeitung berichtete, dass Apple-Chef Steve Jobs’ Ableben unmittelbar (6 Wochen) bevorstünde. Dieses makabere Gerücht stellte sich inzwischen als unbegründet heraus, da Jobs am Abend in guter Verfassung an einem Abendessen mit Präsident Obama teilgenommen hat. Doch das war erst am Abend. Nun, wie nicht anders zu erwarten, eröffnete der Dow Jones dick im Minus und die Bären gingen an die Arbeit, um den „Minus-Tag“ der Optionsverfallswoche voll auszukosten. Doch dann... ...wider jegliche Börsenkonvention (eigentlich halten sich alle an den „Minus-Tag“ und warten mit Käufen zumindest bis zum Schluss) begannen die Kurse umgehend zu steigen. Schon nach anderthalb Stunden drehte der Dow Jones ins Plus und ohne zurückzusehen, ging es weiter bergauf bis zu einem Tagesplus von einem Viertel Prozent. Ein Fehler? Habe ich da was falsch verstanden? Oder erleben wir in den USA die bullischste Börsenverfassung, die wir jemals gesehen haben? Ihr Autor votiert für letztere Option. Der Druck, Unternehmensanteile (also Aktien) zu kaufen ist so groß, dass schon die kleinsten Rückschläge für Zukäufe genutzt werden. Ich kann mich nur noch an die heiße Endphase der Internetblase zur Jahrtausendwende erinnern, als die großen Indizes so geradlinig nach oben strebten. Ist es also an der Zeit, vorsichtig zu werden? Oder befinden wir uns noch in einem frühen Stadium einer Rallye, die zu neuen Allzeithochs an den Börsen führen kann und von dem nachhaltigen Aufschwung der Schwellenländer getragen wird? Nun, wenn Sie mich so vor die Wahl stellen, würde ich Ihnen antworten: „Stellen Sie mich nicht so vor die Wahl, ich bin Volkswirt“. Denn Volkswirte legen sich fast nie fest ;-) Aber ich glaube, dass es noch gute Chancen für eine Fortsetzung der Rallye gibt, und ich habe so meine Handlungsstrategien um davon zu profitieren, ohne bei einem plötzlichen Ende der Rallye in den Abgrund zu stürzen. Wochenperformance der wichtigsten Indizes INDIZES (17.02.2011) Dow Jones: 12.318 | 0,7% DAX: 7.406 | 0,9% Nikkei: 10.843 | 2,2% Euro/US-Dollar: 1,358 | 0,1% Euro/Yen: 113,224 | 0,0% 10-Jahres-US-Anleihe: 3,57% | -0,1 Umlaufrendite Dt: 2,93% | 0,0 Feinunze Gold USD: $1.386,60 | 1,7% Fass Crude Öl USD: $86,19 | -1,5% Kupfer in US$/to: 9.797 | -1,4% Baltic Dry Shipping I: 1.292 | 13,7% Bent Crude Öl und Western Texas Öl mit 15 USD/Fass Preisunterschied Hin und wieder habe ich bereits darauf hingewiesen, doch aus aktuellem Anlass will ich das Thema nochmals aufgreifen: Es gibt weltweit im Wesentlichen zwei verschiedene Ölsorten, die für den Ölpreis auf den Weltmärkten verantwortlich sind: Das Western Texas Integrated (WTI) Öl, dessen Preis ich hier im Heibel-Ticker stets verwende. Und das Nordsee Brent Crude Öl, dessen Preis in der Regel etwa zwei Dollar unter dem des WTI Öl liegt. Der Grund für den Preisunterschied ist die verschiedene Qualität, das Öl aus Texas lässt sich leichter weiterverarbeiten als unseres aus der Nordsee. Derzeit ist das Nordsee Öl jedoch teurer als das Texas Öl und zwar nicht zu wenig: Mit 102,27 USD/Fass beträgt der Preisunterschied schlappe 15 USD. Selbst Experten wird schwindelig, wenn sie die Größe des Preisunterschiedes sehen. An den internationalen Finanzmärkten, wo Öl-Futures zwischen WTI und Brent Crude beliebig und zu geringen Kosten hin und her getauscht werden können, ist ein so großer Preisunterschied nicht nachvollziehbar, es sei denn... ...es sei denn, da hat sich jemand verzockt. Schon in den ersten Tagen der Unruhen in Ägypten stieg der Preis für das Nordsee Öl über den Preis des Texas Öls. Binnen kurzer Zeit wurde der Markt überflutet von Zertifikaten findiger Emittenten, die genau auf eine Egalisierung dieses vorübergehenden Missstandes setzten. Short Brent, long WTI. Das müsste ja nach einer Beruhigung der Lage am Suez-Kanal, eine Haupt-Transportstrecke für das Nordsee Öl, aufgehen, oder? Nun, eine Börsenweisheit besagt, dass Missstände länger anhalten können, als Sie solvent bleiben können. Je stärker die Schere auseinander ging, desto größer waren die Sicherheiten, die nachgeliefert werden mussten und so mussten nach einiger Zeit viele Zocker ihre Position unter Verlust auflösen, die Leerpositionen in Brent zurückkaufen, egal zu welchem Preis. Das trieb den Preis weiter in die Höhe, und so wurde der Preisunterschied weiter vergrößert. In der realen Welt, wenn also nur Unternehmen ihren wirklichen Öl-Bedarf durch entsprechende Optionen absicherten, würde das Unternehmen flugs zwischen Brent und WTI hin und her wechseln und dabei einen qualitätsbedingten Preisunterschied von 2 USD je Fass in Kauf nehmen. Doch in einer Finanzwelt, in der die Teilnehmer des Optionshandels in der Regel gar nicht an der Lieferung und Nutzung des Öls interessiert sind, kann dieser Ausgleich nicht erfolgen. Finanzmarkttechnische Gründe führen zu einer Ausweitung des Preisunterschieds und damit für Unternehmen, die das Öl wirklich benötigen, zu unberechenbaren Preisentwicklungen. Zwei Lehren können wir daraus ziehen: Erstens: Die Finanzmärkte sind heute noch nicht besser als zu Zeiten des Finanzcrashs 2007 bis 2009. Und zweitens, wenn Sie auf eine Normalisierung des Preisunterschieds setzen wollen, dann beschäftigen Sie sich bitte zunächst einmal mit dem Kursverhalten der VW-Aktie Ende 2008, in dessen Folge Adolf Merckle, der sich darin verzockt hatte, Selbstmord beging. Erinnern Sie sich an die Börsenweisheit: Solche Missstände können länger bestehen bleiben, als Sie solvent bleiben könnten. Natürlich, heute steht die Aktie von VW wieder bei 111 Euro, die 1.000 Euro, die Ende 2008 bezahlt wurden, sehen da wie ein unerklärbares Phänomen aus. So wird auch dieser Preisunterschied im Öl irgendwann verschwinden ... doch wann? Sentimentdaten Analysten Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 28.01.- 04.02. (393): 57% / 6% 04.02.- 11.02. (384): 54% / 8% 11.02.- 18.02. (455): 54% / 8% Kaufempfehlungen der Analysten Daimler, Danone, ThyssenKrupp Verkaufempfehlungen der Analysten RWE, Nokia Commerzbank Privatanleger 05. KW: 69% Bullen ( 68 Stimmen*) 06. KW: 59% Bullen (210 Stimmen) 07. KW: 67% Bullen (219 Stimmen) * Als Test wurden die User diese Woche nicht auf die Seite zur Abgabe Ihres Tipps umgeleitet; die klar geringere Zahl der Teilnehmer erklärt sich daraus. Für die nächste Woche wird der call to action wieder aktiviert. Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 7.397 Kaufempfehlungen der Privatanleger Nokia, Cisco, Daimler Verkaufempfehlungen der Privatanleger EuroDisney, LVL Medical, Alcatel-Lucent Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Insbesondere bei den Privatanlegern ist der Anteil der Bullen kräftig angesprungen. Bei Analysten verharrt der Optimismus noch auf einem vertretbaren Niveau. Der Januar brachte eine ganze Reihe von überraschend guten Quartalsergebnissen, in deren Folge Analysten gezwungen waren, Bewertungen für ihre Aktien nach oben zu schrauben. Noch immer kommen einige Quartalsergebnisse rein, doch das Gros ist durch und damit auch das Gros an Aufwertungen. Die im Februar vermeldeten Quartalsergebnisse hatten es ungleich schwerer, die durch den guten Januar nach oben geschraubten Erwartungen nochmals zu übertreffen. So würde ich dem gemäßigten Optimismus der Analysten keine böse Vorahnung andichten, sondern höchstens eine Verschnaufpause. Bei den Privatanlegern hingegen zeigt sich, dass nun doch viele bemerken, wie gut das Börsenjahr 2011 werden könnte. Und so werden selbst kleine Kursrücksetzer bereits gekauft, die Erwartungsfreude in Folge der positiven Meldungsflut aus dem Januar mit den darauf folgenden Aufwertungen durch die Analysten ist nun besonders groß. Ausgehend von einer guten Defensive (Sprich: Risikostreuung im Portfolio) können Sie meines Erachtens in den nächsten Wochen noch ein wenig von der Rallye mitnehmen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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