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Lieber breche mich mir die Zunge ab, als den Heibel-Ticker mit
Anglizismen zu durchtränken. Doch manchmal ist das Englisch, oder besser das Amerikanisch, einfach zu prägnant, als dass es sich so einfach übersetzen ließe. Also habe ich heute den Spruch, der mich seit einigen Wochen verfolgt, auf Englisch weitergegeben. „There is a bid underneath“ heißt übersetzt „es gibt ein Gebot darunter“. Damit sprechen Börsianer aus, was sie im täglichen Handel erleben. Wenn die Kurse im Rahmen eines Ausverkaufs unter eine bestimmte Grenze fallen, dann kommen plötzlich Kaufaufträge in den Markt. Ab einem bestimmten Kursniveau endet der Ausverkauf und die Kurse stabilisieren sich. Damit wird ein sehr komplexer Vorgang kurz und prägnant beschrieben. Der Begriff „Bodenbildung“ passt nicht zu dieser Aussage, denn ein Boden bildet sich auch, wenn die Verkäufer fertig sind. The bid underneath sind jedoch Käufer, die aktiv werden, egal wie groß die Verkaufsorders sind, die noch in den Markt gegeben werden. Im DAX haben wir in den vergangenen Wochen erlebt, dass ab einem Niveau von 5.700 Punkten etwa plötzlich Kaufinteresse entsteht und ein weiterer Kursrutsch vermieden wird. Beim Dow Jones liegt dieses Niveau bei 9.700. Der amerikanische Ausdruck gefällt mir deshalb so gut, weil darin noch einige weitere Zusammenhänge beleuchtet werden. Ein bid, also ein Gebot, ist etwas anderes als abebbende Verkäufe. Und underneath, also darunter, zeigt, dass der Pessimismus bis dorthin überwiegt und die Kurse fallen. Derzeit haben wir eine Reihe von ungelösten Problemen. Ausufernde Staatsverschuldung, Sparzwang der Industrieländer mit der Gefahr des Abwürgens jeglichen Konjunkturaufschwungs. BPs Ölkathastrophe, inzwischen mit dem Risiko einer geregelten Insolvenz des größten britischen Steuerzahlers, sowie in den USA eine schwache Wirtschaft und schlechte Arbeitsmarktentwicklung aufgrund von Obamas Gesundheits- und Finanzmarktreformen. In China wird noch immer von restriktiven geldpolitischen Schritten gesprochen, die das dortige Wirtschaftswachstum beeinträchtigen könnten. Kurz gesagt, es gibt genügend Gründe, um jeden Tag erneut für einen Ausverkauf zu sorgen. Hiobsbotschaften können aus allen diesen Problembereichen täglich veröffentlicht werden. So ist es in den nächsten Wochen in meinen Augen kaum möglich, dass DAX und Dow Jones deutlich über ihre Jahreshöchststände steigen, wenn nicht diese Problembereiche gelöst sind. Nähert sich der DAX den 6.300 Punkten, so ist das Risiko einer Meldung aus den genannten Problembereichen sehr groß. Besser gesagt, die Meldung kommt so oder so, aber bei einem DAX-Stand von 6.300 wird sie negativ ausgelegt. Bei einem DAX-Stand von 5.700 hingegen werden Anleger sagen, das ist bereits in den Kursen enthalten. Der Problembereich ist bekannt und es handelt sich nur um einen weiteren Beweis, dass dieser Problembereich nun tatsächlich wahrgenommen und somit bald gelöst wird. Gleichzeitig haben wir in den vergangenen Monaten Quartalsergebnisse von Unternehmen gesehen, die durch die Bank weg (Doppelbedeutung beabsichtigt) wesentlich besser waren als erwartet. Und wenn ich mir die Nachrichtenlage zur Geschäftsentwicklung der von mir beobachteten Unternehmen anschaue, dann wird auch die im Juli beginnende Berichtssaison wieder überwiegend positiv ausfallen. An einen doppelten Boden der Finanzmarktkrise von 2008 / 2009 glauben Anleger also kaum noch, stattdessen greifen sie bei 5.700 beherzt zu, um die nächste Rallye, wann immer diese nun auch beginnen werde, mitzunehmen. Wir befinden uns also in einem Sommerloch, in einer Warteposition. Insbesondere Exportweltmeister Deutschland wird meines Erachtens gestärkt aus dieser Marktphase hervorgehen, das werfen uns unsere EU-Partner sowie die USA sogar vor. Die angesprochenen Problembereiche beobachte ich sehr eng und je näher wir uns an eine Lösung bewegen, desto wahrscheinlicher wird ein Ausbruch der Börsen nach oben. Im nächsten Kapitel werde ich den Stand der Dinge beleuchten. Doch schauen wir uns zunächst die Wochenperformance der wichtigsten Indizes an: INDIZES (24.06.2010) Dow Jones: 10.152 | -2,7% DAX: 6.115 | -1,7% Nikkei: 9.737 | -2,6% Euro/US-Dollar: 1,231 | -0,6% Euro/Yen: 110,445 | -1,8% 10-Jahres-US-Anleihe: 3,12% | -0,1 Umlaufrendite Dt: 2,18% | 0,0 Feinunze Gold USD: $1.244,08 | -0,1% Fass Crude Öl USD: $76,20 | -2,0% Baltic Dry Shipping I: 2.502 | -10,1% Zum Wochenbeginn hat die Meldung aus China für Euphorie an den Börsen gesorgt (siehe Kolumnen-Ticker in Kapitel 05). Doch nach dem Überschreiten der angesprochenen Marke von 6.300 Punkten im DAX folgte wieder eine pessimistischere Berichterstattung und folglich legte der DAX einen Rückwärtsgang ein. Entsprechend hat sich das Sentiment maßgeblich verschlechtert: SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 04.06.- 11.06. (138): 50% / 14% 11.06.- 18.06. (155): 48% / 22% 18.06.- 25.06. (169): 41% / 12% ANALYSTEN KAUF BASF, Lufthansa, Volkswagen VZ ANALYSTEN VERKAUF Porsche, LDK Solar, SABMiller PRIVATANLEGER: 23. KW 2010: 54% Bullen (75 Stimmen) 24. KW 2010: 52% Bullen (73 Stimmen) 25. KW 2010: 53% Bullen (67 Stimmen) Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute:6.216 PRIVATANLEGER KAUF Société Générale, France Telecom, Credit Agricole PRIVATANLEGER VERKAUF Boston Properties Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Ich würde hier insbesondere den Rückgang der Kauf- sowie Verkaufsempfehlungen durch Analysten betrachten, was für mich für eine Verunsicherung bei den Analysten spricht. Die verhältnismäßig hohe Anzahl an „Halten“-Empfehlungen ist ein Zeichen dafür, dass Analysten aufgrund des hohen DAX-Standes für Kaufempfehlungen lieber die nächste Korrektur abwarten wollen. Neben der aktuellen Betrachtung zu den verschiedenen Problembereichen, mit denen wir uns derzeit immer wieder beschäftigen, habe ich im nächsten Kapitel eine Detailanalyse zu Celesio vorgenommen. Der Pharma-Logistiker hat meines Erachtens die Zeichen der Zeit erkannt und sucht händeringend nach neuen Verdienstmöglichkeiten, so nun durch eine Kooperation mit dem US-Konzern Medco Health. Celesio ist innovativ und günstig bewertet, doch ob ich in diese Aktie investieren würde, ist eine andere Frage. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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