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Ich war diese Woche auf einem Investorentag und konnte dort mit den Vertretern einer Reihe von interessanten Unternehmen direkt sprechen. Unter anderem sprach ich mit Friedrich Pehle, CFO von 2G Energy.
2G ENERGY FAST ÜBERSEHEN Warum spielt die effiziente und dezentrale Energiegewinnung über Blockheizkraftwerke (BHKW) eigentlich keine Rolle im Energiekonzept der Bundesregierung, fragte ich CFO Pehle. Immerhin wurde der Atomausstieg und nun sogar der Kohleausstieg beschlossen und besiegelt. "Energiekonzept? Welches Energiekonzept?" war die Antwort. Es gibt kein Energiekonzept, daher werden Blockheizkraftwerke mit Kraft/ Wärme-Kopplung auch nicht genannt. Pehle erzählt mir von 354 Netzeingriffen im Jahr 2018: Die Stromversorgung reichte in Deutschland nicht aus, es musste Strom aus den Nachbarländern importiert werden. So etwas sei ähnlich einem Beinahe-Zusammenstoß in der Flugzeugindustrie. Täglich bricht unser Stromnetz also beinahe zusammen. 78 mal, schreibt die FAZ, musste im Jahr 2018 eine Kupferhütte kurzzeitig den Betrieb einstellen oder über eigene Reservesysteme überbrücken, damit in Deutschland nicht das Licht ausging. 78 mal also Notlandungen, um beim Bild zu bleiben. Da ich die Stromversorgung für einen kritischen Faktor unserer Gesellschaft, unseres Wohlstands halte, macht mich diese Statistik doch sehr nachdenklich. Pehle zeigt mir eine schöne Übersicht: www.electricitymap.org Dort können Sie sehen, wie die Länder ihren Strom erzeugen, wieviel Kapazität sie haben und wie viel CO2 ausgestoßen wird. Frankreich ist grün, stößt wenig CO2 aus, weil der dortige Strom aus Atomkraftwerken kommt. Deren Kapazität ist fast voll ausgelastet (ca 63 GW, zu 90% ausgelastet), dennoch möchte Frankreich 15 GW Stromkapazität einsparen (24%). Für Deutschland werden ganz viele graue Balken angezeigt: Kapazität. 60 GW Stromkapazität aus Windenergie. 48 GW Kapazität aus Photovoltaik. Toll, wir sind ja so grün in Deutschland, so verantwortungsbewusst. Moment, ich schau gerade mal aus dem Fenster: Nein, keine Sonne zu sehen. Und tatsächlich, aktuell ist der Stromanteil von Photovoltaik bei 1%. Wind: immerhin 38%. Deutschland hat ein modernes Gasnetz, daher versuchen wir ja auch, die Nord Stream Pipeline 2 durch die Ostsee zu legen. Doch seit gestern wissen wir, dass Frankreich den Bau der Pipeline verhindern will - vielleicht wollen die sich bei Trump einschleimen, vielleicht wollen die einfach nur einen Trumpf gegen Deutschland in der Hand halten. Als dann das Thema Elektroautos zur Sprache kam, lachte Pehle nur noch. Wenn nach Feierabend 10 Mio. Elektroautos an den Strom angeschlossen werden sollen, dann brauchen wir in Deutschland noch ganz andere Lösungen. Ich will es mal bei diesem kleinen politischen Rundumschlag belassen, denn den meisten von Ihnen muss ich nicht bewusst machen, dass die Energiepolitik Deutschlands in den vergangenen Jahren große Fragen unbeantwortet ließ. Schauen wir uns also nun 2G Energy mal näher an. 2G Energy bezeichnet sich als Technologieführer für BHKWs die für mittelgroße Kunden gebaut werden. Größer als der Privathaushalt, kleiner als städtische Kraftwerke, so definiert Pehle den Markt von 2G Energy (20 bis 2.000 kW). Tatsächlich betreiben meine Nachbarn, ein Baufeld mit 63 Wohnungen, ein BHKW. Viele industrielle Kunden gibt es, Krankenhäuser, große Gebäude und kleine Fabriken. Es ist eine dezentrale Lösung, die kostengünstig und energieeffizient ist. Sie schütten einen Brennstoff in das BHKW rein: Gas, Pellets und andere regenerative Brennstoffe, Wasserstoff, etc. und erhalten mit einer Effizienz von 42% Strom. Große Kraftwerke arbeiten mit einem Effizienzgrad von nur 38%. Zusätzlich wird die Kraft/ Wärme-Kopplung eingebaut, Sie erhalten also noch Wärme mit einem Effizienzgrad von 47%. Unterm strich bleibt bei einem BHKW ein Verlust an Energieeffizienz von nur 11%, bei Kraftwerken sind es 62%. Der Vorteil: Diese effiziente Stromerzeugung kann überall dort installiert werden, wo sie benötigt wird. Wir brauchen keine neuen Stromtrassen in Deutschland dafür, und Sie kennen bestimmt die Diskussion über die Nord-Süd-Trasse ... aber ich wollte die Politik ja nicht mehr bemühen. ... oder doch, eine letzte Bemerkung noch: Wenn Joe Kaeser, CEO von Siemens, im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie anruft, steht Peter Altmaier wenige Minuten später parat. Wenn Christian Grotholt, Gründer und CEO von 2G Energy, dort anruft, erhält er vielleicht in ein paar Wochen einen Termin bei einem der Staatssekretäre. Energie ist ein politisches Thema, daher können wir die Politik bei dieser Aktie nicht ganz außen vor lassen. In der Unternehmenspräsentation von 2G Energy sind mir zwei Punkte aufgefallen: Die Produktion hat noch viel Optimierungspotential, Pehle sprach von einem Margenziel von 10%, derzeit steht das Unternehmen bei etwa 5%. Der Service-Anteil am Umsatz beträgt derzeit 30%, Tendenz steigend. Man versuche aber, die Wartungsintervalle zu verlängern. Der zweite Punk gefällt mir, der erste nicht. Ich finde es kundenfreundlich, die Wartungsintervalle zu erhöhen, auch wenn dadurch das Service-Geschäft langsamer wachsen sollte. Längere Wartungsintervalle vermindern die total costs of ownership, also die gesamten Betriebskosten über die Lebensdauer des BHKWs und machen die Technologie damit wettbewerbsfähiger. Das wird sich dann in höheren Absatzzahlen niederschlagen, was sodann mittelbar auch wieder den Service-Umsatz antreibt. Aber der erste Punkt macht mich nachdenklich: 1995 habe ich als SAP-Materialwirtschaftsberater bei Höchst eine Chemiefabrik (Ticona) automatisiert. Das Projekt dauerte damals 3 Jahre. Ich war Projektmitarbeiter Nummer 7 und mir wurde feierlich erklärt, dass das Projektteam nun vollzählig sei, mehr gibt's nicht. Nun, zum Big Bang der Umstellung waren wir 65 Teammitglieder, ich hatte allein für meine Materialwirtschaft 11 Mitarbeiter. So kann man sich irren. Natürlich brach nach dem Big Bang erstmal Chaos aus und Mitarbeiter waren über Jahre unzufrieden mit der neuen "Standardlösung", denn die Individuallösungen, mit denen zuvor jahrelang gearbeitet wurde, waren viel komfortabler. Erst fünf Jahre später, als ich mal wieder in das Werk kam, wurde ich freudig begrüßt: Die SAP-Software habe es einigen cleveren Mitarbeitern ermöglicht, über ihren Tellerrand zu blicken, Prozesse gesamtheitlich zu betrachten und flexibler in die Fertigung eingreifen. Bei 2G Energy werden heute Rohre noch bei der Montage individuell zugeschnitten und angearbeitet (feilen, hämmern, biegen, ... bis es passt). Pehle sprach von einem ausgearbeiteten Aktionsplan in acht Schritten, um die Produktion effizienter zu gestalten, damit nur noch Fertigteile in die Montage geliefert würden. Jedes Jahr habe man sich zwei Schritte vorgenommen, 2018 wurde begonnen und erste Verbesserungen seien schon entlang der gesamten Produktion zu sehen. Es ist schön, dass 2G Energy nicht den Big Bang sucht, sondern schrittweise vorgeht. Aber der Weg ist lang und es werden clevere Ingenieure und gut ausgebildete Fachkräfte nicht sofort von den Vorteilen der Standardisierung zu überzeugen sein. Derzeit produziert 2G Energy etwa 600 BHKW pro Jahr. In den kommenden fünf Jahren möchte das Unternehmen die Produktion mit den vorhandenen Kapazitäten um jährlich 10% steigern, einfach indem die angesprochenen Effizienzmaßnahmen (zwei Schritte pro Jahr) umgesetzt werden. Ich halte das für gut möglich, möchte aber aus meiner oben beschriebenen Erfahrung nicht zu optimistisch werden, da ein solcher Prozess eben Probleme mit sich bringen kann. Also: fünf Jahre mit 10% Absatzsteigerung und zusätzlich 10% Margensteigerung bringt uns auf ein ordentliches erwartetes Gewinnwachstum, das mit dem aktuellen KGV 2020e von nur 11 viel zu günstig bewertet ist. 189 Mio. Euro Jahresumsatz werden mit einer Marktkapitalisierung von nur 122 Mio. Euro belegt (KUV = 0,64), auch das ist extrem günstig. Was, wenn nun die Bundesregierung irgendwann einmal entdeckt, dass BHKW ein sinnvoller Bestandteil der Energiegewinnung sein können? Nun, dann ... nichts. Denn aktuell kann 2G Energy seine Produktion nicht so einfach hoch skalieren. Sie hängt nun einmal an den cleveren Ingenieuren und gut ausgebildeten Facharbeitern. Doch je weiter das Effizienzprogramm fortschreitet, desto flexibler wird das Management, ggfls. in weiteres Wachstum zu investieren. Wie immer bei einem Investment heißt es also auch hier: Je größer die Chance (günstige Bewertung), desto größer auch das Risiko (Standardisierungsprobleme). Die Aktie von 2G Energy ist im Januar um 30% angesprungen. Ich habe sie mir in die Beobachtung genommen und warte auf eine Konsolidierung. MARKTBETRACHTUNG: KATERSTIMMUNG Die Chancen für eine Konsolidierung stehen aktuell gut: Der fulminante Januar hat gestern eine Katerstimmung an den Aktienmärkten erzeugt: Der DAX ist allein gestern um knapp 3% eingebrochen. Dafür gibt es neben den fulminanten Kursgewinnen aus dem Januar noch eine ganze Reihe von Gründen: Europa versinkt im Chaos: in Sachen Brexit peitscht Ratspräsident Tusk die Brexitiers aus und wünscht sie per Twitter zur Hölle. Haushaltskommissar Oettinger redet inzwischen mit May über Rahmenbedingungen eines "No Deals", mit denen die schlimmsten Folgen abgemildert werden können. Der harte Brexit wird von Stunde zu Stunde wahrscheinlicher. Frankreich stellt sich gegen Nord Stream II und damit offen gegen Deutschland. Nur Macron kann nun das Projekt noch retten. *** Nachtrag: Inzwischen haben Deutschland und Frankreich wohl einen Kompromiss ausgearbeitet *** In Brüssel wird die Deutsche Bank als gefährlicher betrachtet als der gesamte italienische Bankensektor sowie die italienischen Budgetplanungen. Das meint zumindest ein Brüsseler Sonderausschuss, der sich Anfang der Woche mit der Deutschen Bank und den Aufsichtsbehörden getroffen hat. Olaf Scholz treibt nicht ohne Grund die Fusion der Deutschen mit der Commerzbank voran. Italiens Salvini trifft sich mit den französischen Gelbwesten und macht offen Front gegen Macron. Frankreich hat dies nun als Einmischung in die inneren Angelegenheiten gewertet und zog seinen Botschafter aus Italien ab. Das müssen Sie sich mal vorstellen: Innerhalb unserer europäischen Familie spricht man nicht mehr miteinander. Die EU zeigt Risse an allen Ecken und Enden. Der Brexit wird an den Kapitalmärkten nur als Symptom eines viel größeren Problems betrachtet, daher gibt es nach wie vor viele Briten, die froh sind, wenn der Spuk vorbei ist ... selbst in Form eines harten Brexit. Ich gehöre typischerweise nicht zu den Schwarzmalern, doch die Berichterstattung hier in Deutschland hinsichtlich des Brexits ist mir seit langer Zeit viel zu einseitig. Das zweite Thema, das für Katerstimmung sorgt, ist der Handelsstreit zwischen den USA und China. Trump sitzt nach wie vor am Steuer und er schickt seine beiden scharfen Hunde vor, Navarro und Lighthizer, um den Chinesen möglichst viele Zugeständnisse abzuringen. Wenn das dann mal in Richtung "Aussichtslosigkeit" treibt, dann stellt er sich temporär demonstrativ hinter die moderaten Wirtschaftsvertreter in seinem Stab, Kudlow und Mnuchin. Das haben wir im Januar mehrfach gesehen und der Dow Jones ist bis auf 5% an sein vorhergehendes Allzeithoch vom vergangenen Oktober angestiegen. Es sind jetzt nur noch drei Wochen bis zum Ende der "Schonfrist", denn Anfang März werden die Strafzölle automatisch erhöht, wenn es zu keiner Einigung mehr kommt. Ich gehe davon aus, dass sich der Tonfall nochmals deutlich verschärfen wird. Anfang der Woche haben eine Reihe von guten Quartalszahlen die Aktienmärkte gestützt, dennoch konnten die breiten Indizes nicht zulegen. Als dann am Donnerstag in den USA Twitter, Kellogs, GrubHub und FireEye schwache Quartalszahlen vorlegten, gab es kein Halten mehr. Der Dow Jones fiel vorübergehend um 1,5%. Heute schockt Kupferdrahtzieher Leoni mit einer drastischen Gewinnwarnung und Prognosesenkung, die Aktie ist um 25% im Minus. Da sich gerade die Profis in der Vorwoche am Optimismus hinsichtlich eines Handelsabkommens festhielten, sorgten die Entwicklungen dieser Woche für Verunsicherung gerade bei dieser Anlegergruppe. Schauen wir uns einmal die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (07.02.2019) Woche Δ Σ '19 Δ Dow Jones 25.170 0,7% 9,1% DAX 11.022 -1,4% 4,4% Nikkei 20.751 -0,2% 3,7% Shanghai A 2.742 0,0% 5,0% Euro/US-Dollar 1,13 -0,9% -0,9% Euro/Yen 124,47 -0,2% -1,4% 10-Jahres-US-Anleihe 2,65% 0,02 -0,08 Umlaufrendite Dt 0,03% -0,02 -0,07 Feinunze Gold $1.309 -0,6% 2,2% Fass Brent Öl $61,27 -1,1% 17,4% Kupfer 6.209 2,2% 3,2% Baltic Dry Shipping 610 -15,4% -52,0% Bitcoin 3.386 -2,5% -13,7% Der gestrige Ausverkauf des DAX hat im Wochenvergleich für ein Wochenminus von 1,4% gesorgt. In den USA war es nicht ganz so schlimm, der Dow Jones konnte ein Plus von 0,7% über die Woche retten. Das Chaos in der EU belastet auch den Euro, der um 0,9% abgab. Dort spielt sicherlich auch hinein, dass für mehrere EU-Staaten, insbesondere für Italien und !Deutschland!, die Wachstumsaussichten reduziert wurden. Entsprechend ist die Umlaufrendite weiter gefallen: Anleger sind zufrieden mit Null-Zinsen, bevor sie das Abenteuer einer Aktienanlage eingehen. Der Goldpreis hat ebenfalls ein wenig konsolidiert (-0,6%). Alles zwischen 1.300 und 1.350 USD/Oz halte ich für eine Seitwärtsbewegung. Der rückläufige Ölpreis ist eine direkte Folge der schwachen Konjunkturdaten aus Europa. Der Baltic Dry, der inzwischen 50% unter dem Niveau von vor vier Wochen notiert, spiegelt sicherlich zum Teil auch die saisonalen Schwankungen aufgrund des chinesischen Neujahrsfests wider: Vor diesem mehrtägigen Fest werden in China die Handelsaktivitäten heruntergefahren. Das ist zu vergleichen mit dem Karneval in Köln. Da haben die Firmen ebenfalls fast eine Woche geschlossen. Ich freue mich schon auf den diesjährigen Rosenmontagszug, den ich mit meinen beiden Kindern besuchen werde... natürlich nur aus beruflichen Gründen, um die wirtschaftliche Auswirkung des chinesischen Neujahrsfests auf die globale Konjunktur besser abschätzen zu können :-). Der Bitcoin dümpelt nun zwischen 3 und 4.000 USD herum. Überall ist zu hören: Die Technologie der Blockchain ist sensationell, aber ob sich der Bitcoin durchsetzen wird, ist fraglich. Es gibt noch den Etherum und diverse weitere Kryptowährungen, aber auch Token geraten immer mehr in den Fokus von Anlegern. Token bauen auf einzelnen Kryptowährungen auf. Ich werde in den kommenden Wochen ein wenig Licht ins Dunkel dieses neuen Marktes bringen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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