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Vielleicht sollte ich diesen Artikel erst in drei Jahren schreiben, doch ich habe dieses Theaterstück schon mehrfach gesehen und kann also rechtzeitig bevor der Vorhang fällt bereits den Abgesang schreiben. Beginnen wir mit Nokia.
NORTEL, LUCENT, ALCATEL & NOKIA UNTERLIEGEN CISCO Diese Woche hat Nokia für 15,6 Mrd. Euro den Wettbewerber Alcatel-Lucent übernommen. Sie erinnern sich: Alcatel-Lucent hatte sich 2006 aus der französischen Alcatel und der US-kanadischen Nortel-Lucent gebildet. Alleine schien man zu klein, um auf dem forschungsintensiven Markt der Netzwerkausstatter zu bestehen. Sie erinnern sich vielleicht auch noch an den Zusammenschluss der Netzwerksparte von Nortel und Lucent im Jahr 2001. Jeweils der Grund für die jeweiligen Zusammenschlüsse: Cisco! Ciscos CEO John Chambers kauft seit Jahrzehnten junge, innovative Unternehmen zu und verbreitert so das Produktportfolio seines Unternehmens. In Managementschulen wird Cisco als Musterbeispiel für eine Unternehmenskultur genommen, in der übernommene Unternehmen exzellent eingegliedert werden. Cisco war zwischenzeitlich einmal im Frühjahr 2000 das wertvollste börsennotierte Unternehmen der Welt. Kein Wunder, dass der Wettbewerb es schwer hat. Alcatel war früher einmal der Arbeitgeber meines Vaters. "Früher" heißt in den 70er, 80ern und frühen 90ern. Die Meldungen von den Franzosen drehten sich meist um den Rauswurf des Managements, um Staatshilfen und andere staatliche Einflussnahme in den Geschäftsbetrieb von Alcatel. Mag sein, dass dort helle Köpfe in den Entwicklungsabteilungen sitzen, doch vor dem harten Wettbewerb der Weltmärkte wurde dieser Konzern lange beschützt. Nun, weder Lucent, noch Nortel, noch Lucent-Nortel, noch Alcatel, Alcatel-Lucent, noch Nokia scheint es gelungen zu sein, Cisco die Stirn zu bieten. Nun wird es also Nokia-Alcatel versuchen. Ich wünsche viel Erfolg, mein Geld würde ich jedoch in Cisco-Aktien stecken, solange John Chambers dort CEO ist. GOOGLE NIMMT EU-KARTELLRECHT NICHT ERNST Die EU-Kartellbehörde hat nun offiziell die Ermittlungen gegen Google aufgenommen. Der Vorwurf: Machtmissbrauch. In den Suchergebnissen würden eigene Dienste wie Youtube, Android-Betriebssysteme oder auch insbesondere Google-Shoppingergebnisse bevorzugt. Google hat immer wieder auf den harten Wettbewerb verwiesen und akademische sowie rechtliche Beweise geliefert, warum die Vorwürfe nicht zutreffen. Die EU-Kartellbehörde hat nun die Ermittlungen damit begründet, dass Google die Vorwürfe nicht ernst genug nehme. Übrigens, auch gegen Cisco gab es schon Kartellverfahren. CEO John Chambers ist damals nach Europa geflogen und hat sich mit den Kartellwächtern zusammengesetzt. Das Ergebnis war ein Förderprogramm in Höhe von 100 Mio. Euro, das Cisco für die Förderung von Start-ups in der Netzwerktechnologie in Europa zur Verfügung stellte. 100 Mio. Euro, die neue Jobs schaffen (das freut die Kartellwächter) und neue Technologien unter dem Auge von Cisco hervorbringen (das freut Cisco). Eine Kartellstrafe, die nun Google droht, könnte 6 Mrd. Euro betragen. Zudem könnte Google gezwungen werden, die einzelnen Geschäftsbereiche (Shopping, Youtube, ...) voneinander zu trennen, was das gesamte Google-Netzwerk aufbrechen würde. Wissen Sie, wem das schon einmal passiert ist? Microsoft hatte Anfang des Jahrtausends die EU-Kartellbehörde ebenfalls nicht ernst genommen. Auch Microsoft lieferte damals vermeintliche Beweise, dass der Wettbewerb um die Internetbrowser zu hart sei. So führten endlose Rechtsstreits nach 10 Jahren letztlich zu einer Strafe in Höhe von 551 Mio. Euro. Der Markt der Internetbrowser ist inzwischen, wie von Microsoft richtig vorhergesagt, zu einem Nebenkriegsschauplatz geworden. Doch Microsoft hat in den 10 Jahren so ziemlich jede neue Entwicklung verschlafen und damit seine führende Stellung eingebüßt. Der Standard der Betriebssysteme für mobile Endgeräte ist heute Android von Google. Die Cloud wurde von Amazon erobert. Abgesehen von Excel können heute so ziemlich alle Office-Programme durch kostenfreie Open-Source-Versionen ersetzt werden. Und überhaupt wird heute kein Geld mehr mit Softwarelizenzen verdient, Apple verschenkt sein Betriebssystem inklusive Office-Anwendungen. Geld wird heute mit weitergehenden Dienstleistungen verdient, und da ist Microsoft ziemlich schwach auf der Brust. Erst jetzt, wo der streitsüchtige Steve Ballmer den Chefsessel geräumt hat, kann sein Nachfolger Satya Nadella die Altlasten abschütteln und neue Produkte entwickeln. Ich fürchte, wenn Google sich nicht ganz schnell auf höchster Ebene mit der EU-Kartellbehörde zusammensetzt und großzügige Geschenke aus dem Hut zaubert, wird auch Google für mehrere Jahre mehr mit der Kartellbehörde beschäftigt sein als mit der Entwicklung neuer Produkte. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (16.04.2015) | Woche Δ Dow Jones: 18.106 | 0,8% DAX: 11.999 | -1,4% Nikkei: 19.653 | -1,3% Euro/US-Dollar: 1,08 | 1,6% Euro/Yen: 128,19 | 0,5% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,88% | -0,08 Umlaufrendite Dt: 0,10% | -0,04 Feinunze Gold: $1.204 | 0,0% Fass Brent Öl: $63,83 | 10,9% Kupfer: 6.083 | 0,4% Baltic Dry Shipping: 593 | 2,2% Der Ölpreis ist diese Woche um 10,9% angesprungen. Für die USA ist das, wenn auch auf verschlungenen Umwegen, positiv, wie ich in Kapitel 04 zeige. Und entsprechend hat der Dow Jones diese Woche um 0,8% zugelegt während der DAX um 1,4% abgab. In meine verschlungene Argumentation passt auch, dass der Euro-Wechselkurs um 1,6% zulegen konnte. Ein spannendes Frühjahr steht uns bevor. Die Trends der vergangenen Monate werden herausgefordert. Wir werden sehen, ob sie aufgebrochen werden können. Entsprechend werden wir auf der Hut sein und beginnen bereits, unser Portfolio sukzessive entsprechend umzugestalten. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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