Alt 24.02.18, 06:26
Standard So tickt die Börse: Seitwärts unter heftigen Schwankungen
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Komisch: Diese Woche ist der DAX zwischen 12.300 und 12.500 Punkten gependelt, wobei die gesamte Handelsspanne fast täglich ausgeschöpft wurde. Die untertägigen Schwankungen sind extrem, auf Wochensicht hat sich jedoch nicht viel verändert.

Diese Woche haben wir eine Reihe von Daten erhalten, die durchweg positiv waren. Doch wir haben den Tipping-Point überschritten, denn ab jetzt unterstützen gute Daten nicht mehr die Erholungsbewegung der Konjunktur, sondern treiben die Zinsen nach oben, was die Konjunkturerholung irgendwann abwürgen könnte.

So zumindest wurde das Fed-Protokoll am Mittwoch Abend interpretiert. In einer ersten Reaktion war der Dow Jones um 20 Uhr MEZ über 25.200 Punkte gesprungen. Dem Fed-Sitzungsprotokoll war zu entnehmen, dass die Mitglieder der US-Notenbank die US-Konjunktur auf einem stabilen Erholungskurs sehen und weitere Zinsschritte für möglich halten. So wird die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Zinsschritt in den USA am 21. März, also auf der nächsten Fed-Sitzung, mit einer Wahrscheinlichkeit von 83% erwartet. Wenn also nichts Überraschendes mehr passiert, ist ein Zinsschritt sicher.

Die dadurch gestiegene Erwartung an einen Zinsschritt führte zu Verkäufen von Anleihen, was wiederum die Rendite nach oben trieb. So stieg die Rendite für die 10 Jahre laufende US-Staatsanleihe binnen einer Stunde von 2,893% auf 2,943%. Ein Anstieg um 0,05%punkte oder um 1,7%. Die nächste magische Hürde bei 3% ist in Sicht.

Der ersten positiven Reaktion am Aktienmarkt folgte also mit einer Stunde Verzögerung ein Ausverkauf, der den Dow Jones bis zum Handelsschluss um 1,8% nach unten stürzte. Wir haben soeben einen Dogmenwechsel erlebt: Waren bislang steigende Zinsen als Ausdruck der guten Konjunktur interpretiert worden, so werden sie fortan als Gefahr für die Konjunktur gewertet.

Damit ist der Tenor für die kommenden Monate vorgegeben: Gute Konjunkturdaten führen an den Aktienmärkten fortan zu Korrekturen.

In diesem Wechselbad der Gefühle hatte der DAX kaum ein Eigenleben, obwohl eine Reihe von DAX-Unternehmen Quartalszahlen veröffentlichten. Die Deutsche Telekom begeisterte mit hohem Gewinn, gab jedoch einen verhaltenen Ausblick aus. Die Aktie ist diese Woche am unteren Ende der DAX-Liste zu finden.

ProSieben Media hat das Schlussquartal mit einem überraschend guten Ergebnis abgeschlossen, der vermeintliche Niedergang des TV-Geschäfts wurde durch ein starkes Wachstum im Digitalgeschäft überkompensiert. Die attraktive Dividendenrendite (6,3%) hält Anleger bei Laune, bis das Digitalgeschäft groß genug ist. Analysten haben die Aktie reihenweise aufgestuft, das Wochenplus beträgt 4,3%.

Die Deutsche Börse hat ebenfalls gute Quartalszahlen veröffentlicht und erreicht als einzige DAX-Aktie ein 52-Wochenhoch nach dem anderen. Nach den Querelen um die Fusion mit der Londoner Börse haben sich die Frankfurter nun endlich wieder auf ihr eigentliches Geschäft konzentriert und konnten im schwankungsarmen Jahr 2017 ein gutes Ergebnis erzielen. Die Erwartungen für 2018 sind nun ungleich höher, nachdem wir nun seit drei Wochen eine stärkere Volatilität erleben.

An der Spitze des DAX stehen noch E.On (+4,5%) nach positiven Analystenkommentaren und die Deutsche Bank, nachdem der Verkaufsdruck durch HNA nachgelassen und der Hedgefonds Bridgewater seine Position weiter verkleinert hat.

Am unteren Ende des DAX steht einmal mehr Daimler (-2,6%), die nun auch in den USA am Pranger der Dieselaffaire stehen.

So waren innerhalb der deutschen Aktienmärkte durchaus heftige Bewegungen zu verzeichnen, doch unterm Strich bewegte sich der DAX nicht viel. Das sieht nach Umschichtungen aus: Anleger trennen sich von unliebsamen Aktien und sammeln ihre Lieblinge ein. Schauen wir uns mal die Wochenentwicklung der wichtigsten Indizes an.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


INDIZES 22.02.2018 Woche Δ Σ '18 Δ

Dow Jones 24.962 -0,8% 0,5%
DAX 12.462 0,9% -3,5%
Nikkei 21.893 2,0% -3,8%
Shanghai A 3.423 2,2% -1,2%
Euro/US-Dollar 1,23 -1,6% 2,6%
Euro/Yen 131,59 -0,9% -2,5%
10-Jahres-US-Anleihe 2,92% 0,03 0,49
Umlaufrendite Dt 0,49% -0,06 0,21
Feinunze Gold $1.328 -1,9% 1,9%
Fass Brent Öl $66,39 3,8% -0,3%
Kupfer 7.002 0,6% -2,2%
Baltic Dry Shipping 1.167 7,2% -14,6%
Bitcoin 9.891 -0,3% -28,8%



In Japan (+2%) und China (+2,2%) nimmt die Erholung schon konkrete Formen an. In Deutschland (+0,9%) und den USA (-0,8%) wird noch gezögert. Die Verunsicherung nach den Geschichten über Marktmanipulationen durch Volatilitätsprodukte, nach Short-Attacken durch Hedgefonds auf europäische Aktien, nach dem Wechsel an der US-Notenbankspitze ist weiterhin groß.

Übrigens, auch der traurige Vorfall in Florida, wo ein Jugendlicher 17 Schüler ermordete, lastet auf der amerikanischen Gesellschaft. Der Konflikt zwischen der Waffenlobby und breiten Bevölkerungsschichten schwelt schon lange. Nun gehen die Schüler amerikaweit auf die Straße gegen Waffenbesitz.

Ich habe in meiner Zeit in den USA lange gebraucht, bis ich die Mentalität der Amis verstanden habe. Eine Nation, die aus ihrer Geschichte heraus immer wieder "Helden" hervorbrachte, die im Alleingang große Dinge verrichteten, gesteht dem Individuum wesentlich mehr Freiheit zu, als wir das tun. Und zu diesen Freiheiten gehört das Recht auf Selbstschutz. Und da die USA ein großes Land sind, in dem es viele abgelegene Gegenden gibt, wo ein Sheriff einfach nicht schnell genug vor Ort sein kann, ist die Selbstverteidigung mit einer Waffe tief ins Selbstverständnis der Bevölkerung eingebrannt. Etwa ähnlich tief wie das Recht der Deutschen, auf der Autobahn keine Geschwindigkeitsbegrenzung zu akzeptieren.

Einfach verbieten wird man Waffen in den USA nicht können. Allerdings sollte die Freizügigkeit, mit der heute im Laden an der Ecke Waffen gekauft werden können, deutlich eingeschränkt werden.

Was einmal mehr wie ein trauriger Kalauer aussieht, ist der Vorschlag Donald Trumps, man solle ausgewählt Lehrer bewaffnen. Geht's noch? Einmal mehr polarisiert Trump mit seinen Worten und diese Polarisierung schweißt die Waffengegner zusammen. Sollte mich nicht wundern, wenn die Bewegung groß genug wird, um unter dem nächsten Präsidenten dann endlich eine deutliche Verschärfung durchzusetzen.

Zurück zu den Finanzmärkten: Der Euro hat nach dem positiven Ausblick im Fed-Protokoll kräftig Federn gelassen (-1,6%), denn höhere Zinsen in den USA ziehen Kapital in den US-Dollarraum an. Der schwache Euro ist wohl neben den guten Unternehmensmeldungen in Deutschland für die bessere Performance des DAX gegenüber dem US-Dollar verantwortlich.

In den USA ist die Rendite angesprungen, in Deutschland hingegen sinkt die Umlaufrendite ab. der hohe Haushaltsüberschuss aus dem Jahr 2017, der diese Woche vermeldet wurde, dürfte dazu beigetragen haben.

Der Goldpreis sinkt in US-Dollar ähnlich stark wie der Euro gegenüber dem US-Dollar. Gemessen in Euro ist der Goldpreis stabil geblieben.

Der Ölpreis zieht wieder an. Ein gute Konjunktur ist stets positiv für den Ölpreis. Doch wie vor einigen Monaten bereits gezeigt ist auch heute noch die Positionierung der großen Spekulanten am Markt so einseitig auf einen steigenden Ölpreis fokussiert wie nie zuvor. Ich halte die Erholung des Ölpreises daher für eine Konsolidierung der vorangegangenen Korrektur und erwarte schon bald wieder einen rückläufigen Ölpreis.

Die Export- und Importaktivitäten Chinas nehmen wieder zu, der Baltic Dry Verschiffungsindex ist diese Woche um 7,2% angesprungen.

Die Volatilität der Aktien- und Anleihemärkte zeigt sich auch im Bitcoin, der hat diese Woche zwar nur 0,3% abgegeben, stand zwischenzeitlich jedoch bereits über 10% höher.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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