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.. Unternehmen mit Visionen.
Lassen Sie mich anhand des Börsengangs von Alibaba aufzeigen, an welchen Problemen die EZB und die Fed scheitern. Wie ein HB-Männchen sehe ich EZB-Chef Mario Draghi vor meinen Augen wild umherspringen, wenn er die europäischen Staaten zu Strukturreformen auffordert. Seine Geldpolitik kann nur Zeit kaufen, nicht jedoch Wachstum. Das Wachstum folgt besseren Bedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmer, und diese Bedingungen kann die EZB nicht beeinflussen. Das kann nur der Souverän, der Staat selbst. Doch der lässt die Zeit ungenutzt verstreichen. So senkt die EZB das Zinsniveau und kauft zudem jegliche Papiere aus dem Bestand von Finanzinstituten auf, damit diese ihr Kapital für Kredite, vorzugsweise Investitionskredite, verwenden können. Und weil das noch nicht ausreicht, um die Kreditvergabe in Europa anzukurbeln, hat die EZB diese Woche noch TLTRO gestartet, ein Programm, bei dem Banken ihre ausgegebenen Kredite bei der EZB abladen können und dafür in fast unbeschränkter Höhe Barmittel erhalten, zu einem langfristig festgezurrten niedrigen Zins. Doch die Banken nehmen dieses Geschenk nicht an. Von den angebotenen 133 Mrd. Euro TLTRO wurden nur 82,6 Mrd. Euro von den europäischen Banken abgerufen. Denn an dem Geld hängt eine Bedingung: Es muss als Kredit ausgegeben werden. Doch selbst mit Finanzierungszinsen von teilweise schon unter 2% sind keine Kredite zu verkaufen. Es ist ja nicht so, dass die Banken nicht wollen, aber es gibt keine Nachfrage. Unternehmen als auch Konsumenten bleiben lieber auf ihrem Geld sitzen, bessern ihre Bilanz auf, als dass sie in die Zukunft investieren. Es ist die klassische Liquiditätsfalle, vor der bereits Keynes gewarnt hat: Irgendwann ist der Markt satt und fragt kein weiteres Geld mehr nach, auch wenn es verschenkt wird. Nicht einmal "unkonventionelle" Schritte helfen. In den USA ist das Problem ein anderes, jedoch die Wirkung ziemlich gleich. In den USA steht der Zins ebenfalls seit langer Zeit bei Null Prozent, und Banken werden eins ums andere aufgefordert, mehr Kredite zu vergeben. Die amerikanische Notenbank Fed kauft nicht nur Finanzinstituten alle Papiere ab sondern auch dem eigenen Staat. Das nennt sich dann direkte Finanzierung der US-Schulden durch die Notenpresse. Doch das Geld wird gerade von den Banken dazu genutzt, die eigene Bilanz aufzubessern. Zu heftig waren die Einschnitte, die seitens der US-Regierung im Finanzsektor vorgenommen wurden. Wer nicht ausreichend Eigenkapital hatte, wurde im Rahmen der Finanzkrise zur Aufnahme eines teuren Kredits von Vater Staat gezwungen. Anschließend hat der Staat diverse Entscheidungen der Banken blockiert und diejenigen, die zu freizügig Kredite ausgegeben hatten, hinter Gitter gebracht. Bevor ein Banker jetzt also einen Kredit vergibt, prüft er lieber zweimal. Es gibt in den USA zwar genügend Unternehmen, die Finanzierungen für ihre Ideen suchen, doch Banken wollen diese Aufgabe nicht mehr übernehmen. Die Strafe nach der Immobilienkrise war zu hart, als dass sie das bereits vergessen hätten. Und so hat US-Notenbankchefin Janet Yellen diese Woche betont, dass die Wirtschaft zwar schwächelt (die Wachstumsprognose wurde gesenkt), aber dass sie um so mehr von steigenden Zinsen ausgehe. In meinen Augen ist das der Versuch, die schwache Wirtschaft wegzureden, damit Banken und Unternehmen ja nicht misstrauisch werden und vielleicht nicht mehr investieren würden. Das Problem der niedrigen, und zwar anhaltend niedrigen Zinsen ist, dass kein Unternehmen sich beeilen muss, seine Idee zu finanzieren. Morgen und vermutlich übermorgen gibt es das Geld noch immer kostenfrei, und in der Zwischenzeit hat man vielleicht mehr Gewissheit über die Erfolgsaussichten seiner Geschäftsidee. Yellen will also mit aller Gewalt eine Stimmung erzeugen, in der Unternehmer lieber heute investieren als morgen, damit dadurch die Wirtschaft endlich angefeuert wird und zu wachsen beginnt, so dass sie dann den Zins auch endlich anheben kann. Doch die Banken halten sich zurück. Ein gebranntes Kind scheut das Feuer. ALIBABA MIT GÜNSTIGER BEWERTUNG UND VISION FÜR DIE ZUKUNFT Und dann kommt heute Alibaba daher. Ein chinesisches Internetunternehmen, das 80% des Online-Handels in China abwickelt und den größten Börsengang der amerikanischen Geschichte darstellt. Größer noch als Facebook und Visa. Ein chinesisches Unternehmen! Es ist häufig zu lesen, dass Alibaba so etwas ist wie Amazon und eBay zusammen. Doch das stimmt nicht. Ich habe soeben ein Interview auf CNBC mit dem Gründer Jack Ma gesehen, aus dem deutlich hervorging, wohin die Reise für Alibaba geht. Alibaba bietet eine Plattform für Unternehmensgründer, die ihre eigenen Produkte entwerfen, produzieren, vermarkten und versenden möchten. Der Kunde hat eine Geschäftsidee für ein Produkt und findet bei Alibaba alles was er braucht, um seine Idee umzusetzen. Investoren laufen Alibaba die Bude ein, der IPO ist um ein Vielfaches überzeichnet. Aktien von eBay, Amazon und Facebook wurden im Vorfeld verkauft, um ausreichend Bargeld für den größten IPO aller Zeiten zu haben. Natürlich gibt es jede Menge Zweifler, die diesen Börsengang als Zeichen für ein Top an den Börsen werten. Doch wenn wir uns die Zahlen anschauen, sieht Alibaba wesentlich besser aus als viele das zugeben wollen. Gestern Abend wurde der Ausgabepreis für die Aktie auf 68 USD gesetzt. Damit hat das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von 167 Mrd. USD. Für das Jahr 2015 wird ein Gewinn von 2,50 USD je Aktie erwartet, das KGV 15e steht also bei 27,2. Der Gewinn wird auf absehbare Zeit um jährlich 30% steigen, die Gewinnmarge steht bei stolzen 58%. Vergleichen wir das einmal mit Facebook: Die Marktkapitalisierung beträgt 200 Mrd. USD, das KGV 2015e steht bei 38, wobei der Gewinn immerhin um 37% p.a. anwachsen soll. Die Gewinnmarge ist mit 49% deutlich niedriger. Also bis auf die Wachstumsgeschwindigkeit, die bei Facebook geringfügig höher liegt, sind die Bewertungsrelationen von Alibaba durchweg besser als bei Facebook. Ich habe ausgerechnet, dass Alibaba von 68 USD bis auf 95 USD steigen könnte, ohne im Vergleich zu Facebook teuer zu sein. Wenn wir uns die anderen Wachstumsunternehmen einmal anschauen, dann wird schnell klar, warum institutionelle Anleger ihre Schwiegermutter verkaufen um nur ein paar Aktien von Alibaba zu bekommen. Amazon hat ein KGV von 182 bei einer Gewinnmarge von 5% und 20% Wachstum. eBay wächst nur noch mit 12% p.a., hat dafür aber ein KGV von nur 15. Doch eBay kommt für Wachstumsinvestoren nicht mehr in Frage, die fordern mindestens 20% Wachstum. Schauen wir also etwas weiter: Tesla wächst mit 56%, hat aber eine Gewinnmarge von nur 2,2%. Das KGV 15e beträgt 88. Twitter wächst mit 66%, hat jedoch ein KGV 15e von 148. LinkedIn hat eine vergleichbare Wachstumsrate von 33%, wird aber mit einem KGV 15e von 83 belegt. Beim chinesischen Google werden wir fündig: Baidu wächst mit 40% p.a. und verfügt über eine Gewinnmarge von 43%. Das KGV 15e steht bei nur 25. Google selbst wird mit einem KGV 15e von 22 belegt, wächst mit 20% p.a. bei 30% Gewinnmarge. Sie müssen sich nun Heerscharen von institutionellen Anlegern vorstellen, die Alibaba in ihr Wachstumsportfolio aufnehmen wollen und einen fairen Preis kalkulieren wollen. Es handelt sich dabei nicht um Investoren, die nach sicheren Dividendentiteln suchen, sondern Alibaba wird für Wachstumsfonds oder als Wachstumskomponente für gemischte Fonds verwendet. Stets werden die Alternativen abgewogen, und die Alternativen sind zumeist schlechter, wie ich hier gezeigt habe. Also gab es im Laufe der Woche über 100 institutionelle Investoren, die jeweils Aktienpakete von über 1 Mrd. USD von Alibaba zeichneten. Platziert wurden jedoch nur Aktien im Wert von 21 Mrd. USD. Lassen Sie uns kurz die Argumente der Skeptiker gegenüber Alibaba durchgehen. 1. Das Unternehmen ist zu hoch bewertet Falsch, Alibaba ist bis zu einem Kurs von 95 USD nicht teurer als Facebook. Und Facebook halte ich noch immer für günstig bewertet. 2. Die Eigentümerstruktur ist undurchsichtig Richtig, aber wen kümmert's? Softbank hält 40%, der Gründer Jack Ma hält 8%. Jack Ma verkauft nur einen ganz kleinen Teil seiner Aktien, und die Softbank kauft sogar zu. Yahoo! hält 22,5% und verkauft einen großen Teil seiner Aktien. Das ist strategisch aus Sicht von Yahoo! notwendig, damit das eigene Geschäft überarbeitet werden kann. Der Grund für den Verkauf ist also Yahoo! und nicht Alibaba. 3. 30 Parteimitglieder im Aufsichtsrat machen Alibaba zu einem Politikum Stimmt. Das war bei Baidu auch so. Und das war bei JD.com ebenfalls so. Und überall hat es gut geklappt. 4. Jack Ma macht was er will Stimmt. Genau wie Mark Zuckerberg und viele andere junge Unternehmen, die von ihren Gründern geführt werden. Was ist so schlimm daran? 5. Insiderverkäufe werden Kurs belasten Aktien im Wert von 8 Mrd. USD in den Händen diverser weiterer Investoren sind nicht blockiert. Es können also umgehend nach dem Börsengang weitere Aktien im Wert von 8 Mrd. USD des Unternehmens über die Börse verkauft werden. Ein wichtiger Kurstreiber ist die Anzahl der handelbaren Aktien. Die heute in Umlauf gegebenen Aktien im Wert von 21 Mrd. USD sind nur ein kleiner Teil der Aktien, die noch in den kommenden Monaten in den Markt gegeben werden. Kontrolliert und kursschonend durch die federführenden Emissionsbanken wie Goldman Sachs. Doch die 8 Mrd. USD, die nicht geblockt sind, könnten sofort verkauft werden. Ich halte diese 8 Mrd. USD bei dem mehrfach überzeichneten IPO jedoch nicht für besorgniserregend, sie würden umgehend aufgesogen werden. Denn institutionelle Anleger, die über 1 Mrd. USD anlegen wollten, werden nur einen kleinen Teil ihres Zeichnungswunsches erhalten. Sie werden anschließend versuchen ihre gewünschte Positionsgröße zu erreichen, indem sie über die Börse nachkaufen. Das wird die Nachfrage sein, die dann den Kurs bestimmt. 6. Der Alibaba-IPO markiert den Höhepunkt des Börsenhypes wie auch die vielen IPOs der Internetblase 2000 Falsch: Im Rahmen der Internetblase im Jahr 1999 / 2000 sind 300 Internetunternehmen an die Börse gegangen, die KEINE Gewinne auswiesen. Nicht selten gab es auch keine nennenswerten Umsätze. Alibaba ist, wie oben gezeigt, hochprofitabel und fair bewertet. Mit der Internetblase ist das also nicht zu vergleichen. 7. Das Wachstum von E-Commerce wird sich verlangsamen Falsch, wenn Sie berücksichtigen, dass in China gerade einmal die Hälfte der Bevölkerung überhaupt ans Internet angeschlossen ist. Das Wachstum wird dort noch Jahre anhalten. 8. Chinas Wirtschaft schwächelt Ja, der Export aber nicht die Binnenkonjunktur. Die Binnenkonjunktur in China wächst schneller als in den Industrieländern und wird von der Regierung gehegt und gepflegt, um die Abhängigkeit vom Export zu mindern. Für Alibaba ist nicht der Export wichtig, sondern die Binnenkonjunktur. Fazit: Ich denke, Alibaba ist ein neues Unternehmen, das neben Facebook und Twitter in den kommenden Jahren weitreichende Änderungen in unserem täglichen Leben vornehmen wird. Während ich diesen Artikel schreibe, bewegt sich der Eröffnungskurs von Alibaba in Richtung 93 USD, also ziemlich genau in Richtung meines Kursziels. Sie brauchen zu diesem Kurs also nicht mehr zu kaufen, schauen Sie sich den Börsengang aus der Entfernung an. Sollte die Aktie jedoch in den kommenden Wochen mal auf 80 USD fallen, so würde ich zugreifen. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (18.09.2014) | Woche Δ Dow Jones: 17.266 | 1,3% DAX: 9.798 | 1,1% Nikkei: 16.321 | 2,3% Euro/US-Dollar: 1,29 | -0,2% Euro/Yen: 140,76 | 1,6% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,63% | 0,10 Umlaufrendite Dt: 0,83% | 0,00 Feinunze Gold: $1.223 | -1,2% Fass Brent Öl: $97,65 | -1,2% Kupfer: 6.829 | 0,1% Baltic Dry Shipping: 1.089 | -8,2% Die geopolitischen Spannungen haben weiter abgenommen und entsprechend ist der Goldpreis weiter gefallen während die Aktienbörsen kräftig zulegen. Sicherlich haben auch die Notenbanken einen Einfluss auf die Aktiennachfrage, und ich bekomme mehr und mehr den Eindruck, dass EZB-Chef Mario Draghi den USA den Rang als Stimmungsmacher abläuft. Die Märkte reagieren stärker auf Draghis als auf Yellens Worte. Die USA schränken die Liquiditätsflutung ein, die Drosselung endet diesen Monat und QE3 wird damit Geschichte. Gleichzeitig öffnet Draghi neue Geldschleusen und neutralisiert dadurch einen Teil der US-Notenbankpolitik. Der US-Dollar steigt weiter, weil Investoren auf der Suche nach einer stabilen Währung nunmehr lieber in die USA gehen und Staatsanleihen zu Null Prozent kaufen, als ihr Geld in Euro abwerten zu lassen. Der Ölpreis ist weiter gefallen, und nach wie vor wird dies weithin als Beweis einer schwachen Konjunktur gewertet. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Angebotsseite für den Preisverfall verantwortlich ist: Es gibt mehr Öl und Gas, insbesondere durch Fracking und Side-drilling in den USA. Diese Woche waren daher Industrieaktien schwach, sie reagieren besonders stark auf Konjunkturschwankungen. Zudem waren auch Technologieaktien schwach. Der IPO von Alibaba hat nicht nur in den von mir vorgestellten Aktien Verkäufe initiiert, sondern in der gesamten Technologiebranche. Stark hingegen haben sich Finanztitel und die Automobilbranche entwickelt. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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