Beitrag gelesen: 1929 x |
||
FRANKFURT (Dow Jones) - Sehr schwach ist der deutsche Aktienmarkt am Freitag nach dem Wall-Street-Schock vom Vorabend aus dem Handel gegangen. Verkaufswellen von US-Anlegern drückten den DAX um 3,3% bzw 193 Punkte auf 5.715. Die Umsätze stiegen auf Rekordhochs: So wurden im DAX-Futures bereits über 350.000 Kontrakte umgesetzt. In DAX-Titeln auf Xetra gingen rund 320,7 (Vortag: 282,6) Mio Aktien im Wert von rund 8,91 (Vortag: 7,95) Mrd EUR um.
Händler sprachen von einem massiven Kapitalabzug aus Europa, der Euro fiel zeitweise auf knapp über 1,26 USD zurück. Nach einem ersten diffusen Ausverkauf in allen Asset-Klassen hätten sich vor allem US-Anleger auf einen Ausstieg aus europäischen Aktien und Anleihen eingeschossen. Vor allem Unternehmensanleihen brachen ein. Der CDS-Index zur Versicherung von Europas Unternehmensanleihen gegen einen Zahlungsausfall sprang auf ein 14-Monats-Hoch. "Europa ist nachrichtlich für die erledigt", sagte ein Händler mit Verweis auf den Abzug von US-Investoren. "Das zeigt sich immer zuerst an einem Einbruch im Euro, dem die Aktien-Kassamärkte folgen". Die Investoren seien in den vergangenen Jahren in europäischen Assets überinvestiert gewesen. Wegen der Finanzkrise in den USA und der Aussicht auf den Euro als Welt-Reservewährung sei dies attraktiv gewesen. Das langsame und unkoordinierte Vorgehen der EU-Länder bei Griechenland verschrecke sie nun. So habe es von der Telefonkonferenz der G7-Finanzminister am Nachmittag genauso wenig klare Aussagen wie von EZB-Chef Trichet am Vortag gegeben. Die Wahl in England deute auf ein Parlament mit noch offenen Mehrheiten. In Deutschland wurde die Zustimmung zum Rettungspaket für Griechenland zwar zur Kenntnis genommen, jedoch belastete die fehlende Zustimmung der Opposition. Der Kapitalabzug aus Europa verdeckte sogar die Frage, welche Systemprobleme für den Wall-Street-Crash am Donnerstag verantwortlich waren. Händler führen ihn auf den schnellen Computer-"Hochfrequenz"-Handel an unregulierten Handelsplattformen zurück, die selbst die unsinnigsten Order an die Börsen durchgeroutet hätten. Auch Fundamentaldaten, wie die überraschend hohe deutsche Industrieproduktion und die deutlich besseren US-Arbeitsmarktdaten im April gingen dagegen unter. Mit plus 290.000 Stellen wurden die rund um 200.000 Stellen pendelnden Erwartungen deutlich übertroffen. Auch wurde der Vormonat März auf ein Plus von 230.000 nach zuvor 162.000 Stellen hochrevidiert. Technische Analysten hoffen nun, dass im DAX der Bereich um 5.600 Punkte Unterstützung bietet. Unternehmens-Nachrichten gingen an so einem Tag völlig unter. Finanzwerte konnten sich zwischenzeitlich erholen, nachdem die Abstimmung zur Griechenland-Hilfe erfolgreich den Bundestag passiert hatte. Mit den Ausverkaufswellen in Europa wurden jedoch auch sie nach unten gezogen. Nur Commerzbank kletterten noch um 1% auf 5,70 EUR. Deutsche Bank fielen dagegen um 3,9% auf 45,80 EUR, Allianz um 2,7% auf 76,67 EUR und Münchener Rück um 3% auf 101,00 EUR. Zum Geschäftsbericht der Münchener hieß es, der Ausblick trübe das sonst positive Bild ein. Der Konzern halte das Ziel eines Gewinns von mehr als 2 Mrd EUR für "zunehmend ambitioniert", so Analyst Heino Ruland. Auch Konjunkturzykliker litten unter kräftigen Verlusten. Unter anderem fielen BASF um 3,6%, MAN um 5,9% und Siemens um 3,5%. Extreme Kursverluste waren glücklicherweise oft mit Dividendenzahlungen verbunden. So fielen E.ON optisch um 9,2% bzw 2,49 EUR auf 24,66, davon waren jedoch 1,50 EUR Dividende. Auch adidas fielen um 4,6% bzw 1,94 EUR auf 40,22 EUR mit 0,35 EUR Dividende. Im MDAX verloren Celesio 6,8% bzw 1,64 EUR auf 22,44 mit einer Ausschüttung von 0,50 EUR. Im MDAX wurden die Zahlen von Rheinmetall gemischt aufgenommen. Der Umsatz liege zwar unter den Erwartungen, aber trotzdem 13% über dem Vorjahr, hieß es im Handel. Die Gewinnkennziffern hätten die Erwartungen deutlich übertroffen. Die Aktien gaben dennoch um 4,8% auf 48,79 EUR nach. Aurubis kletterten nach ihrem Geschäftsbericht immerhin noch um 0,4% auf 34,99 EUR. Der Umsatz lag hier leicht über, die Gewinnkennziffern knapp unter den Erwartungen. Ebenfalls nach Zahlen gaben Pfleiderer um 3,7% und Tognum um 2,5% nach. Im TecDAX drehten MediGene nach rund 6% Plus noch 2,1% ins Minus auf 2,68 EUR. Das Biotechnikunternehmen macht Fortschritte mit seinem Hoffnungsträger "EndoTAG-1". Nach ersten vorläufigen Daten habe das Medikament in einer Phase-II-Studie zur Behandlung einer schwer therapierbaren Brustkrebsform gut abgeschnitten. DJG/mod/reh Copyright (c) 2010 Dow Jones & Company, Inc. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Dow Jones die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
|