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Die Absatzzahlen des Black Friday sowie Cyber Monday konnten Anleger nicht begeistern. Im Einzelhandel blieb der Umsatz hinter den Erwartungen zurück. Lediglich Online zog der Umsatz um 12% an, was jedoch etwa den Erwartungen entsprach. Es wurde einmal mehr offensichtlich, dass der Schwenk von Offline- zu Online-Käufen schneller vonstatten geht, als vielen Einzelhändlern lieb ist.
Natürlich gab es auch Ausnahmen. So hat beispielsweise die Surge HR von FitBit, eine unserer spekulativen Aktien, sämtliche Erwartungen übertroffen. Die Fitness-Bänder entwickeln sich zum Top-Seller als Weihnachtsgeschenk für 2015. Doch die Aufregung über die schwachen Absatzzahlen war schnell verflogen, denn dann spielte EZB-Chef Mario Draghi die Hauptrolle an den Finanzmärkten. Am gestrigen Donnerstag verkündete er die Entscheidung der EZB, den Leitzins in Euroland unverändert bei 0,05% zu belassen sowie den Einlagenzins für Bankeinlagen bei der EZB von -0,2% auf -0,3% zu senken. Das war eine erste kleine Enttäuschung, denn ein größerer Schritt beim Einlagenzins war erwartet worden. Zudem wurde das Anleihekaufprogramm um ein halbes Jahr von September 2016 bis März 2017 verlängert. Auch das war eine Enttäuschung, denn das monatliche Volumen von 60 Mrd. Euro wurde nicht angehoben. Zudem wurden die für das Ankaufprogramm qualifizierten Papiere ausgeweitet, künftig darf die EZB auch Papiere von Ländern und Gemeinden kaufen, nicht mehr nur Staatsanleihen. Auch diese Ausweitung blieb hinter den Erwartungen der Anleger zurück, viele hatten auf eine Einbeziehung von Unternehmensanleihen spekuliert. Als Randnotiz wurde noch bekanntgegeben, dass fällige Anleihen ab sofort nicht zurückgegeben würden, sondern entsprechende Folgepapiere gekauft würden. Darüber wurde auch in der anschließenden Pressekonferenz kaum gesprochen, doch ich halte dies für die wichtigste Meldung dieser Notenbanksitzung. Es bedeutet nämlich, dass die zur Krisenbekämpfung vorübergehend exorbitant ausgeweitete Notenbankbilanz NICHT zurückgefahren wird. Die Liquidität, die derzeit über Jahre in den Markt gepumpt wird, wird anschließend nicht mehr abgeschöpft, wie es stets der Fall war, sondern umgeschichtet in neue Papiere. Damit ist die Liquiditätsschwemme, wenn ich das richtig verstehe, verewigt worden. Das bedeutet, dass die Auszahlungen auf fällige Anleihen sofort wieder in den Markt gegeben werden ... zusätzlich zu den 60 Mrd. EUR pro Monat. Für die Dauer des Kaufprogramms bedeutet dies nun doch eine Ausweitung des monatlichen Volumens. Und im Anschluss eben die oben beschriebene Verewigung des Programms. Marktteilnehmer erinnern mich derzeit stark an meine Tochter, die mit schokoladenverschmierten Händen und Mund "Mehr, mehr!" ruft. Nicht selten wird ein entschiedenes "Nein" mit einem Wutausbruch erwidert. Und so sollten Sie sich den Einbruch im DAX vom gestrigen Tag vorstellen. Denn in den Wochen zuvor hatte Mario Draghi (haben Sie's gemerkt, ich schreibe nicht mehr "Supermario") die Erwartungen immer wieder nach oben geschraubt. Internationale Anleger waren sich sicher, dass der Euro in Folge einer weiteren Liquiditätsschwemme die Parität zum US-Dollar erreichen und der DAX dank des schwachen Euros einen weiteren Freudensprung machen würde. Entsprechend erreichten die offenen Shortspekulationen auf den Euro in den vergangenen Tagen das größte Volumen seit zehn Jahren während gleichzeitig die Long-Spekulationen auf den DAX das höchste Niveau seit diesem Frühjahr erreichte. Da Mario Draghi diese hohen Erwartungen nicht übertraf, mussten diese Spekulanten ihre Positionen auflösen. Und Spekulanten agieren anders als Anleger. Für einen Spekulanten ist der erste Verlust der beste Verlust. Da wird nicht darauf spekuliert, später mit einem blauen Auge davonzukommen. Eine Spekulation, die sich in die falsche Richtung bewegt, wird umgehend aufgelöst, koste es was es wolle. Und so wurden gestern und auch heute noch diverse Stopp-Marken gerissen, die jeweils wieder neue Verkäufe im DAX und Deckungskäufe im Euro nach sich zogen. Nun wird darüber spekuliert, was zu dieser Enttäuschung geführt hat. Denn letztlich konnte Draghi verkünden was er wollte: Solange er nicht eine Ausweitung der monatlichen Käufe von 60 auf mindestens 80 Mrd. Euro verkündet hätte, wären diese Spekulanten enttäuscht gewesen. Alle anderen Aktionen wurden kaum beachtet. Ist die Entscheidung, fällige Anleihen zu reinvestieren nur ein Tropfen auf dem heißen Stein oder hat Draghi diese Maßnahme gegen andere Aktionen eingehandelt? Nun, die durchschnittliche Restlaufzeit der von der EZB gekauften Anleihen beträgt neun Jahre. Jeden Monat wird also ein Neuntel von 60Mrd. Euro fällig und zusätzlich zu den 60 Mrd. reinvestiert. Das sind 6,67 Mrd. Euro pro Monat für die innerhalb eines Jahres gekauften Anleihen, wobei der Effekt erst in einigen Jahren zur vollen Entfaltung kommen wird, da die meisten Papiere ja erst frisch im Bestand sind. Für die Papiere, die über die gesamte Laufzeit gekauft werden (zwei Jahre) ergibt sich also eine monatliche Summe von zusätzlichen 13,3 Mrd. Euro. Doch genau diese Summe erhöht sich maßgeblich, sollte die Laufzeit des Programms beispielsweise im kommenden Frühjahr erneut ausgeweitet werden. Aus Sicht der Liquiditätsjunkies scheint diese Zusage also nicht besonders attraktiv zu sein. Aus Sicht einer nachhaltigen Geldpolitik, in der die Bilanzausweitung doch bald wieder zurückgeführt werden muss, ist diese Maßnahme sehr kritisch zu sehen. Schauen wir uns einmal die Folgen der Entscheidung an. Der Ausverkauf des DAX sowie die Rallye im Euro sind bislang nur spontane Reflexe der Spekulanten. Doch damit ist der Lauf des Euros in Richtung Dollarparität vorerst gestoppt, und dem Exportindex DAX wurde der Treibstoff entzogen. Das europäische Konjunkturprogramm ist damit vorerst auf Eis gelegt. Gleichzeitig gab es in den vergangenen Tagen eine Reihe von positiven Konjunkturdaten in Europa. Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Niveau seit Ewigkeiten. Die Industrieproduktion brummt, und der niedrige Ölpreis sorgt für nochmals günstigere Produktionskosten. Vor diesem Hintergrund ist eine heftige Ausweitung der Liquiditätsschwemme wirklich nicht erforderlich. Vielleicht war die Entscheidung Draghis einfach nur den verbesserten Rahmenbedingungen geschuldet. Ganz anders sieht es in den USA aus. Dort wird die Fed am 16. Dezember tagen und es wird die erste Zinsanhebung seit neun Jahren erwartet. Kritiker vergleichen die Konjunkturdaten der USA mit Europa und fordern einmal mehr Zurückhaltung der Fed. Ich halte das aber, wie Sie wissen, für unangebracht. In den USA gibt es derzeit zwei Konjunkturen: Das produzierende Gewerbe, abhängig vom Wechselkurs des US-Dollars und vom inländischen Lohnniveau auf der einen Seite und auf der anderen der Dienstleistungssektor, dessen Wachstumsraten im zweistelligen Bereich sind und der sich vor Investitionen nicht retten kann - siehe Unicorns (Start-Ups mit Milliarden Marktbewertungen). Der Dienstleistungssektor muss gebremst werden. Und das produzierende Gewerbe hat in den vergangenen Jahren eh alle wesentlichen Arbeitsplätze ins Ausland verlagert. Doch gerade das produzierende Gewerbe profitiert mehr als alle anderen von dem schwachen US-Dollar. Gestern war der US-Dollar um 2,3% eingebrochen, der größte Tagesverlust seit sechs Jahren. Entsprechend sollten Aktien der Produktionsbetriebe steigen und nicht fallen. Ich denke, dass der gestrige Ausverkauf an den US-Börsen, der voll auf Draghis Kappe geschrieben wurde, auch zu einem wesentlichen Teil von dem Massaker in San Bernardino, Kalifornien, beeinflusst wurde. Soeben wurde bekannt, dass der Attentäter dem IS die Treue geschworen hat. Der Terror ist also wieder in den USA angelangt. Heute Mittag wurden Arbeitsmarktdaten bekanntgegeben. 211.000 neue Stellen wurden geschaffen, das sind mehr als erwartet und entsprechend erholt sich der Dow Jones heute ein wenig. Die US-Konjunktur ist in meinen Augen robust genug, um am 16.12. eine erste Zinserhöhung zu verkraften. Doch war's das mit dem Ausverkauf? Oder müssen wir uns noch auf heftigere Kursverluste einstellen? Schauen wir uns einmal die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (03.12.2015) | Woche Δ Dow Jones: 17.478 | -1,9% DAX: 10.789 | -4,7% Nikkei: 19.504 | -1,9% Euro/US-Dollar: 1,09 | 2,6% Euro/Yen: 133,65 | 2,9% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,33% | 0,10 Umlaufrendite Dt: 0,33% | -0,01 Feinunze Gold: $1.062 | -0,6% Fass Brent Öl: $41,39 | -8,2% Kupfer: 4.605 | -0,4% Baltic Dry Shipping: 574 | 2,1% Der gestrige Ausverkauf hat den DAX besonders getroffen (-4,7%), da die entsprechenden Spekulationen in kürzester Zeit aufgelöst wurden. Beim Dow Jones und Nikkei (je -1,9%) hinterließ Draghi nur mäßige Spuren. Das Plus beim Euro gegenüber dem US-Dollar beträgt 2,6%, gegenüber dem Yen sogar 2,9%. Die Feinunze Gold bewegt sich langsam aber sicher auf die 1.000 USD/Oz-Marke zu. Sollte der Goldpreis darunter rutschen, so ist die Aktivierung von Stopp-Loss-Verkäufen zu erwarten, und der Goldpreis dürfte kurzfristig deutlich absacken. In meinen Augen dürfte dies aber dann eine Kaufgelegenheit darstellen, auf die viele Goldanleger schon seit Jahren warten. Besonders heftig ist auch der Ölpreis unter die Räder geraten. Heute tagt die OPEC in Wien und Saudi Arabien, der größte Öl-Exporter der OPEC hat im Vorfeld verkündet, die tägliche Fördermenge drosseln zu lassen. "...zu lassen", und damit war auch schon das größte Problem angesprochen: Jeder wünscht sich weniger Öl auf den Weltmärkten, doch keiner möchte die Ölförderung selber drosseln, da dadurch Marktanteile abgegeben und wichtige Einnahmen verschenkt werden. Der Iran verkündet seit Wochen vollmundig, dass man nun, nach der Aufhebung der Sanktionen, die Ölförderung wieder hochfahren werde. Das würde das Überangebot an Öl natürlich nur verschlimmern. Das Dilemma der OPEC ist, dass die Einnahmen in den vergangenen Jahren bereits eingebrochen sind, obwohl die Förderung nicht zurückgenommen wurde. Saudi Arabien beispielsweise fördert im Jahr 2015 täglich durchschnittlich 10,2 Mio. Fässer, vor einem Jahr noch betrüg die tägliche Förderung nur 9,7 Mio. Fässer. Gleichzeitig sind die Einnahmen eingebrochen, die Devisenreserven sind von 725 auf 640 Mrd. USD zurückgegangen. Eine Drosselung würde den Geldschwund nur beschleunigen. Insgesamt fördert die OPEC offiziell täglich 30 Mio. Fässer Öl. Heute kam plötzlich die Sensationsmeldung über den Ticker, dass die wahre Förderung der OPEC-Mitglieder bereits bei 31,5 Mio. Fässer läge. Man belügt sich also. Und auf Basis gegenseitigen Misstrauens kann kaum eine gemeinsame Politik gefahren werden, insofern wird eine weitere ergebnislose OPEC-Sitzung befürchtet, der Ölpreis ist heute entsprechend weiter eingebrochen. Das Überangebot kommt übrigens zu einem wesentlichen Teil aus den USA. Dort wurden im Jahr 2008 noch täglich 7 Mio. Fässer Öl aus dem Boden geholt, heute sind es Dank der Fracking-Technologie 12 Mio. Fässer, also 5 Mio. Fässer mehr. Insgesamt werden weltweit täglich 96 Mio. Fässer Öl aus dem Boden geholt, etwa 2 Mio. Fässer mehr als benötigt. Fracking lohnt sich zu Preisen unter 70 USD/Fass nicht, es wird also bereits für das kommende Jahr ein deutlicher Rückgang bei der US-Produktion erwartet. Und das ist wohl das heimliche Ziel Saudi Arabiens: Fracking in den USA durch einen niedrigen Ölpreis zurückzudrängen, die Abhängigkeit der USA von Saudi Arabien wieder zu erhöhen um dann später den Preis wieder etwas anheben zu können ... aber nicht über 70 USD/Fass. Der Weg dorthin ist gefährlich, denn auch Saudi Arabien kann sich dauerhaft keinen Ölpreis unter 60 USD/Fass leisten. Doch wenn nun der Iran sein Öl auf den Weltmarkt kippt, könnte der Ölpreisverfall nochmals beschleunigt werden, was dann eine Pleitewelle in der Fracking-Industrie der USA zur Folge hätte. Vor dem Hintergrund dieser Spielchen ist unsere Solar-Aktie übrigens diese Woche kräftig angestiegen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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