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US-NOTENBANK VERSTÄRKT ANSTRENGUNGEN, DIE INFLATION EINZUFANGEN.
Eine Leitzinsanhebung um ein halbes Prozent (statt der üblichen +0,25%) werde sicherlich bei der nächsten Notenbanksitzung diskutiert, so Jay Powell gestern im Rahmen einer Weltbank-Konferenz. Schon vor dieser Bemerkung hatten 90% aller Volkswirte eine Zinsanhebung um 0,5% statt nur 0,25% erwartet. Dennoch war das Eingeständnis Jay Powells eine Überraschung und zeigt, wie ernst die Situation für die Fed ist. Umgehend revidierte die japanische Nomura-Bank ihre Erwartung für die kommenden Monate: Nach +0,5% am 4. Mai werde die Fed den Leitzins am 15. Juni um weitere 0,75% anheben, sowie auch in der darauf folgenden Sitzung einen Zinsschritt von +0,75% durchführen. Das Zinsniveau befände sich dann im Sommer bereits bei 2,25%-2,5%. Es folgte umgehend ein heftiger Ausverkauf: Die Nasdaq hatte gerade mit einem Plus eröffnet und brach im Tagesverlauf um 4,5% ein, der S&P 500 verlor 3%. Die Verluste gingen durch sämtliche Branchen. Ich hörte Kommentare wie "Die Fed möchte nicht nur die Inflation senken, sondern auch den Aktienmarkt...". Dabei hatte es so gut angefangen in der Woche nach Ostern. Am Dienstag sprach eigentlich alles für fallende Kurse: Es gab jede Menge negative Analystenkommentare. Die Umlaufrendite sprang auf +0,79%, noch Anfang März war sie negativ. Die Rendite der 10 Jahre laufenden US-Staatsanleihe sprang über 2,9%. Rohstoffpreise zogen weiter an und in den USA wurden fallende Hauspreise bei steigender Bautätigkeit vermeldet. James Bullard, der einflussreiche Chef der St. Louis Notenbank, äußerte sich zur Möglichkeit eines Zinsschrittes von +0,75% bei der kommenden Sitzung am 4. Mai. Trotz dieses Gegenwinds kletterte der DAX von seinem Tief am Dienstag früh bei 14.041 Punkten auf ein Hoch gestern Mittag bei 14.590 Punkten. Ein Plus von 4% innerhalb von zweieinhalb Tagen. Am heutigen Freitag notiert der DAX nun so ziemlich in der Mitte dieser Schwankungsbreite. Mit der Inflation verhält es sich wie folgt: Je später die Notenbank durch eine restriktive Geldpolitik die Inflation einzufangen versucht, um so stärkere Maßnahmen muss ei einsetzen. Wären also bei einer frühzeitigen Aktion Zinsschritte von 0,25% ausreichend gewesen, so zeigt die Diskussion über Zinsschritte von 0,5%, dass die Fed spät dran ist. Die Diskussion um Zinsschritte von gar 0,75% spiegelt die Angst einiger Anleger wider, die Fed könne "zu spät" dran sein. Ein Einfangen der Inflation, ohne eine heftige Rezession zu verursachen, ist diesen Anlegern zufolge schon jetzt nicht mehr möglich. Während nun also die Bullen sagen, die jüngsten Kommentare der Fed zeigen, dass man nun bereit zu heftigen Einschnitten sei, wenn erforderlich. Vielleicht reichen diese Ankündigungen bereits, um Inflationstendenzen im Keim zu ersticken, so die Hoffnung der Bullen. Die Bären wiederum sind heute überzeugt, dass die Fed zu spät dran ist. Heute haben die Bären am Markt das Sagen. RUSSLAND KURZ VOR WEGSCHEIDE Russland hat erklärt, Mariupol zu kontrollieren. Im Donbass und Luhansk scheint die Offensive ebenfalls voran zu gehen. Es wäre das Minimalziel, das Putin verfolgte. Derzeit fürchtet man eine anschließende, erneute Offensive auf den Rest der Ukraine. Vielleicht aber auch ein Durchmarsch nach Moldawien. Oder wieder ganz neue Ziele? Der Krieg in der Ukraine ist beängstigend und ein versöhnliches Ende ist derzeit nicht in Sicht. Was, wenn Putin sein Minimalziel als erreicht sieht und sich offen für Verhandlungen zeigt? Würde die Ukraine eine Gegenoffensive starten, um die verlorenen Gebiete zurückzuerobern? Nein, sie würden verhandeln. Und Verhandlungen würde bedeuten, dass es vorerst keinen Durchmarsch nach Moldawien gibt. Vorerst würde Putin auch den Rest der Ukraine in Ruhe lassen. Vorerst. Eine solche Entwicklung würde von den Aktienmärkten als positiv aufgenommen werden. Langfristig, darin sind wir uns einig, hat der Überfall auf die Ukraine zu einer Zeitenwende geführt. Doch der Westen war völlig unvorbereitet. Jede Entwicklung, die uns Zeit bringt, ist vorteilhaft. Auf der anderen Seite ist natürlich auch nicht auszuschließen, dass Putin die Gunst der Stunde für sich nutzen möchte und den Krieg weiter eskaliert. Die Ukraine hat wenig um gegenzuhalten. Welchen Weg Russland einschlagen wird, kann ich nicht absehen. Sobald sich jedoch abzeichnet, wie sich Putin entscheidet, werden die Aktienmärkte reagieren. Für ein "All In" ist die Situation zu ungewiss. Für Panikverkäufe hingegen ist es in meinen Augen inzwischen zu spät. DEGLOBALISIERUNG: DEUTSCHLAND ERFAND, USA VERMARKTETE, CHINA PRODUZIERTE Die Deglobalisierung ist in den USA schon weit fortgeschritten. In Europa bzw. Deutschland ist davon noch nicht viel zu sehen. Hier einige Beispiele: Das Auto wurde in Deutschland erfunden (1886 durch Carl Benz), Henry Ford hat es massentauglich gemacht. Doch in den vergangenen Jahren haben uns zunächst Japaner, dann Südkoreaner und derzeit vielleicht schon Chinesen den Rang als führende Autonation abgelaufen. Ich kann es Elon Musk nicht hoch genug anrechnen, die als "zu teuer" geltende Elektromobilität marktfähig gemacht zu haben. Seine Produktion hat einen Automatisierungsgrad, von dem wir in Deutschland, träumen. Teslas Quartalszahlen haben diese Woche gezeigt, wie viel Tesla je Auto verdient: Rund 10.000 USD je Auto bei einem durchschnittlichen Verkaufspreis von rund 55.000 USD. Mit seinen Gigafactories produziert Musk inzwischen in Deutschland und in China. "Hart wie Kruppstahl" hieß es früher, nicht ohne Grund. Die Stahlindustrie Deutschlands sorgte für das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit. Es war ein regionales Produkt, das als strategisch wichtig galt. Auch die USA bauten eine Stahlindustrie auf, doch in den 1980er bis 2010er Jahren wurde heimischer Stahl immer mehr durch Billigimporte aus China substituiert, unsere Stahlkonzerne sind heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. In den USA führte Donald Trump hohe Strafzölle für ausländischen Stahl ein und heute sind Unternehmen wie US Steel und Nucor wieder große Arbeitgeber mit gesunden Bilanzen. Die IG Farben wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Hoechst, BASF und Bayer aufgespalten. Jedes einzelne der drei Unternehmen galt in seinem jeweiligen Bereich als Weltmarktführer. Hoechst ist heute in diverse Teilbereiche aufgegangen und wurde mit zumeist ausländischen Unternehmen fusioniert. Bayer kämpft seit der Übernahme von Monsanto mit exorbitanten Schadensersatzforderungen und kommt seither auf keinen grünen Zweig mehr, obwohl wir derzeit auf eine globale Hungersnot zusteuern. Und BASF droht die Tore zu schließen, wenn wir kein russisches Gas mehr bekommen sollten. Der US-Wettbewerber Dow Chemical hat Zugriff auf billiges US-Gas und vermeldete vor wenigen Tagen ein super Quartalsergebnis. Das, was wir in Deutschland noch im Ölgeschäft, eine unserer wichtigsten Energiequellen nach dem Atom- und Kohleausstieg, haben, ist die 70%ige Tochter von BASF namens Wintershall, die zu 30% einem russischen Oligarchen gehört und den Großteil ihres Geschäfts in Russland betreibt. Alle anderen Länder, die übrigens weit weniger abhängig vom Öl sind als wir, haben große Ölkonzerne: Total in Frankreich, BP in England, Chevron, Exxon und viele mehr in den USA. Wenn man bedenkt, dass Auto und Chemie die mit Abstand größten Arbeitgeber in Deutschland sind, und die anderen hier aufgezeigten Branchen eng damit verflochten sind, könnte die Schwarzmalerei nicht größer sein. Schauen wir in die Zukunft, wird es nicht viel besser: Die Chipindustrie ist nun seit über einem Jahr als systemrelevant und kritisch identifiziert worden. Passiert ist bislang jedoch herzlich wenig. Intel investiert in Deutschland, immerhin. Aber wir haben Infineon als Chipproduzent, wir haben PVA Tepla als Maschinenbauer der Branche, wir haben Wacker Chemie als Anbieter von Wafern. Doch der Funke der dringenden Notwendigkeit springt nicht auf die Politik über, und damit bleibt auch die Wirtschaft defensiv. Dann ist da noch der Bitcoin, den ich auch als eine Innovation betrachte, um die sich viele Dienste aufbauen werden. In den USA werden derzeit die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um den Bitcoin ins Finanzsystem zu integrieren. 45 Banken arbeiten derzeit daran, ihren Kunden Bitcoin als Währung anbieten zu können. Es werden Zahlungsnetzwerke als Second Layer aufgesetzt, das Trading reguliert und unzählige Konferenzen auf der politischen Ebene abgehalten. In Europa gilt der Bitcoin als umweltschädlich (zu Unrecht, siehe hier) abgetan und man versucht, den Bitcoin gesetzlich zu verbieten. Mag sein, dass wir in den vergangenen Jahren erleben mussten, wie die freie Marktwirtschaft auch zu Fehlentwicklungen führen kann. Doch das heißt nicht, dass man die freien Märkte vollständig verbieten muss. Der Ausweg aus diesem Dilemma? Nun, die altbekannte Innovationskraft unseres Landes. Vielleicht fällt noch anderen hierzulande auf, wie um uns herum gerade vieles zusammenbricht, was uns jahrzehntelang getragen hat. Genau das sind die Momente, in denen mutige Innovationen neue Lösungen aufzeigen. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (21.04.22) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 34.298 -0,8% -5,6% DAX 14.142 -0,2% -11,0% Nikkei 27.105 -0,2% -5,9% Shanghai A 3.235 -4,3% -15,2% Euro/US-Dollar 1,08 -0,4% -4,9% Euro/Yen 138,95 1,9% 6,2% 10-Jahres-US-Anleihe 2,91% 0,12 1,40 Umlaufrendite Dt 0,83% 0,15 1,11 Feinunze Gold $1.937 -1,6% 6,2% Fass Brent Öl $106,62 -2,3% 35,3% Kupfer $10.290 -0,6% 6,2% Baltic Dry Shipping $2.239 8,3% 1,0% Bitcoin $39.487 -0,8% -15,9% Twitter wird desolat geführt: Welches andere Medium erreicht Menschen weltweit? welches andere Medium wird insbesondere von Entscheidungsträgern genutzt, um wichtige Mitteilungen schnell und direkt zu verbreiten? Twitter ist einmalig! Ich denke, viele Menschen würden für Twitter Geld bezahlen. Doch seit Jahren kommt Twitter nicht vorwärts. Bots bevölkern wichtige Schlüsselbegriffe. Hinter der Anonymität versteckte Feiglinge diffamieren öffentliche Personen. Getätigte Tweets lassen sich nicht mehr korrigieren, selbst wenn ein offensichtlicher Fehler unterlaufen war. Alles Kritikpunkte, die seit Jahren bekannt sind. Bis heute gibt es keine Lösung. Dabei wäre es so einfach: Wahlweise könnte man ermöglichen, nur noch echte Menschen in den eigenen Feed zu lassen. Menschen, die sich ordentlich legitimiert haben. Mit einem Schlag wären Bots und diffamierende Anonyme verschwunden. Und was ist so schlimm an der Möglichkeit, nachträglich Fehler zu korrigieren? Bspw. innerhalb von 5 Minuten oder alternativ mit einem weiteren Link zum fehlerhaften Original-Tweet. Seit Elon Musk Interesse an Twitter gezeigt hat, sprang die Aktie von 39 auf 52 USD. Aktuell pendelt sie um 48 USD. Musk möchte die oben genannten Probleme beheben. Der Aufsichtsrat, der in den vergangenen Jahren keinerlei Innovation zugelassen hat, hingegen hat eine Abwehrtaktik entwickelt: Sollte Elon Musk über 50% der Aktien von Twitter kaufen, wird Twitter allen anderen Aktionären neue Twitter-Aktien zu einem extrem günstigen Kurs anbieten. Der Aktienkurs würde verwässert, ohne das Musk teilnehmen kann. Außerdem wäre anschließend das Mehrheitsverhältnis zugunsten der Altaktionäre verschoben. Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Sie kennen inzwischen meine hohe Meinung von Elon Musk. Wenn ich mir den Aufsichtsrat anschaue würde ich ihm zurufen: Such Dir Gegner und nicht Opfer ;-) Soll heißen, ich denke, er wird sich mit seinen Ideen durchsetzen. Ein weiterer Vorschlag: Den Quellcode von Twitter würde er veröffentlichen. Twitter wäre damit ein public domain Unternehmen, dessen Zweck die unversehrte Informationsverbreitung ist. Auch das würde ich sehr gerne umgesetzt sehen. Da auch ich journalistisch unterwegs bin weiß ich, dass schon allein die Themenauswahl eine Zäsur der Wirklichkeit darstellt. In diesem Sinne wäre eine Plattform wie Twitter eine Faktenbasis, auf die alle zugreifen könnten. Und jeder, der dort etwas falsches Publiziert, kann anschließend zur Rechenschaft gezogen werden. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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