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Manchmal fühlt man sich ungerecht behandelt: der DAX ist diese Woche um 4,3% eingebrochen, dabei hatte ich ihm vor einer Woche noch einen stabilen Boden zugesichert und behauptet, er würde höchstens dann Federn lassen, wenn die US-Börsen eine überfällige Korrektur einleiten. Tatsächlich hat der Dow Jones in der abgelaufenen Woche 0,1% zugelegt.
Doch wenn wir ein wenig ins Detail schauen, ergibt sich ein anderes Bild: Die Nasdaq hat diese Woche 2% abgegeben. Als Grund dafür wird von vielen angeführt, dass den FANG-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix und Google, heute Alphabet) die Geschäftsgrundlage entzogen werden könnte. Facebook und Twitter saßen diese Woche vor dem Senat und mussten sich rechtfertigen, wie sie künftig die Privatsphäre ihrer Nutzer schützen und die Einflussnahme ausländischer Meinungsmacher im Wahlkampf unterbinden würden. Ich habe im Rahmen eines Updates ausführlich dazu Stellung genommen (siehe Kapitel 06). Wieder einmal verwenden Finanzmedien ein Ereignis, um aktuelle Marktentwicklungen zu erklären. Dabei haben die beiden Dinge wenig miteinander zu tun. Nasdaq-Aktien haben dieses Jahr bereits um durchschnittlich 14% zugelegt, wir haben eine Technologie-Hausse erlebt. Gleichzeitig hat der Dow Jones nur um 5% zugelegt. Jeder vernünftige Fondsmanager schichtet im Herbst nach einer solchen Performance von Tech in Dow Jones um, damit nicht etwaige Schwankungen, die bei Tech-Werten häufiger sind, noch die gute Jahresperformance kaputt machen. Stattdessen kauft man sich fundamental vernünftig bewertete Blue Chips. Das haben wir diese Woche gesehen und daher ist die Nasdaq diese Woche auch um 2% zurückgegangen. Und wenn die US-Börse hustet, bekommt der DAX eine ausgewachsene Erkältung. In Deutschland haben wir in dieser Woche erfahren, wie die DAX-Familie in der Zukunft aussehen wird. Neben Biotest und dem Anbieter von 3D-Druckern SLM Solutions sind die Hersteller von Autositzen und Zylinderkopfdichtungen, Grammer und ElringKlinger aus dem SDAX geflogen. Damit ist nun die Autobranche in der DAX-Familie endgültig kleiner geworden (12,8%) als die Chemiebranche (13%). Mal sehen, wie sich der Autosektor weiter entwickelt. Diese Woche gibt es dort gleich fünf Aktien, die zwischen 8 und 12% verloren haben: Hella (Licht & Radar), Duerr (Anlagenbau), Leoni (Verkabelung), Schaeffler (Antrieb) und Osram (Licht). All das nur wegen des Handelsstreits mit den USA? Das kommt mir übertrieben vor. Ich fürchte, es stecken wirkliche Gründe hinter der Abneigung von Anlegern gegenüber unserer Autobranche. Mit einem Wochenminus von 6,8% bildet die Autobranche das Schlusslicht der DAX-Familie. Aber auch die Technologiewerte um SAP herum mussten deutlich Federn lassen, das Wochenminus dieser Branche steht bei 5,7%. Mit Infineon, Siltronic (Wafer für Nano-Elektronik) sowie Delivery Hero wurden offensichtlich auch hier Gewinne mitgenommen, Delivery Hero hat im laufenden Jahr bereits 37% zugelegt. Es kommt mir vor, als seien nun alle Anleger als auch Vorstände aus dem Sommerurlaub zurück und nun werden einige Dinge zurechtgerückt - leider im ersten Schritt in negativer Hinsicht. Denn in allen Branchen gab es diese Woche einzelne Ausreißer nach unten, die aufgrund von Unternehmensmeldungen von den Anlegern abgestraft wurden: Bayer -11%, Modeversender Zalando -10%, Einrichtungshausbetreiber Steinhoff -17% und Staplerhersteller Kion -12%. Der ostdeutsche Kabelnetzbetreiber Tele Columbus -24%, SMA Solar -13%, Medigene -13% und Druckmaschinenbauer König und Bauer -12%. Ich komme zurück auf meine oben angestellte Vermutung: Bislang in diesem Jahr erfolgreiche institutionelle Anleger scheinen sämtliche Risiko-Positionen aus dem Portfolio zu schmeißen. Und wenn in dieser Phase dann noch eine schlechte Unternehmensmeldung veröffentlicht wird, gibt es kein Halten mehr. Es wird Platz geschaffen für neue Ideen, die man sich im Sommer ausgeheckt hat. Die positiven Ausreißer lassen sich an einer Hand abzählen: Zooplus Tierfutter, KWS Saat und Hornbach Baumarkt. Schauen wir uns mal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES 6.9.18 Woche Δ Σ '18 Δ Dow Jones 25.996 0,1% 4,7% DAX 11.955 -4,3% -7,5% Nikkei 22.488 -1,7% -1,2% Shanghai A 2.819 -1,7% -18,6% Euro/US-Dollar 1,16 -0,3% -3,1% Euro/Yen 128,52 -0,7% -4,8% 10-Jahres-US-Anleihe 2,88% 0,02 0,46 Umlaufrendite Dt 0,22% 0,01 -0,06 Feinunze Gold $1.201 0,0% -7,9% Fass Brent Öl $76,47 -1,8% 14,9% Kupfer 5.849 -3,5% -18,3% Baltic Dry Shipping 1.484 -10,7% 8,6% Bitcoin 6.467 -7,0% -53,5% Auch in Japan und in Shanghai haben die Aktienmärkte kräftig Federn gelassen. Neben dem Handelsstreit lastet auch der starke US-Dollar (+0,3% ggü. Euro) auf den Schwellenmärkten, die häufig in US-Dollar verschuldet sind. Die Zinslast für diese Länder steigt bei steigendem US-Dollar an, es wird schwerer, die Schulden zu bedienen. Entsprechend haben wir in dieser Woche auch fallende Kurse nicht nur in der Türkei, sondern auch in Südafrika, Argentinien und Indonesien gesehen. Seit heute ist die Einspruchsfrist gegen die von US-Präsident Trump angekündigten Zölle gegen China auf ein Handelsvolumen von 200 Mrd. USD abgelaufen, es ist nun nur noch eine Frage von Stunden, bis sie in Kraft gesetzt werden. Chinesen haben sich bereits mit den wichtigsten Materialien eingedeckt, der Baltic Dry Verschiffungsindex war daher angesprungen. Nun kommen die Schiffsraten zurück, diese Woche nochmals um 11%. Der Hurrikan Gordon hatte diese Woche zwei Ölbohrinseln im Golf von Mexiko lahmgelegt. Exxon Mobil hat vor einem Angebotsrückgang seitens Nigeria gewarnt. Iranische Öl-Exporte sind rückläufig, in Libyen kommt es zu Unruhen und in Venezuela gab es einen Unfall bei der Schiffsverladung, so dass auch das dortige Öl derzeit nicht reibungslos auf den Weltmarkt kommt. Der Ölpreis war im Wochenverlauf deutlich höher gestiegen, gab aber zum Ende der Woche wieder nach, nachdem sich einige der Probleme lösen ließen. Es kommt viel Bewegung in die Märkte, der Sommer ist vorüber. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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