Alt 05.07.12, 13:34
Standard Gebannter Blick auf die Notenbanksitzungen
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An den Finanzmärkten herrscht gespannte Ruhe vor den Entscheidungen der Notenbanken. Der Fokus ist auf die Sitzungen der Bank of England (BoE) und der Europäischen Zentralbank (EZB) gerichtet. Doch immerhin treten die Aktienkurse mittlerweile nicht mehr auf der Stelle, sondern legen erneut leicht zu. Die erste Auktion spanischer Anleihen nach den Gipfelbeschlüssen ist recht problemlos verlaufen und stützt das Sentiment etwas. So konnten die Iberer das avisierte Maximalvolumen von 3 Milliarden Euro am Markt platzieren.

Am Nachmittag könnten dann neben den mit Spannung erwarteten Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi auch noch die ADP-Arbeitsmarktdaten für Impulse sorgen. Sie sind eine erste Indikation für die zum Wochenausklang erwarteten offiziellen US-Arbeitsmarktdaten. Der Euro-Stoxx-50 gewinnt 0,1 Prozent auf 2.315 Punkte, der DAX legt um 0,6 Prozent zu auf 6.602 Punkte. Der Euro gibt zum Dollar nach und die Renditen der Anleihen der südeuropäischen Länder Spanien und Italien ziehen leicht an.

Nach vier Tagen in erwartungsvoller Haltung und mit meist steigenden Aktienkursen hoffen die Finanzmärkte auf die Erlösung durch die Notenbanken. Anders als an den Tagen zuvor fördern Gespräche mit Aktienhändlern aber eher Pessimismus zutage: Anleger hätten in den vergangenen Tagen "schon mehr als die von Ökonomen erwartete Zinssenkung von 25 Basispunkten eingepreist". Noch höher gesteckte Erwartungen - beispielsweise deutliche Hinweise der EZB darauf, erneut die Anleihen schuldengeplagter Staaten der Euro-Peripherie aufzukaufen - dürften aber kaum erfüllt werden, heißt es im Handel.

Zudem hätten die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels zur direkten Finanzhilfe für die Banken den Druck auf die EZB gemindert, mit Anleihekäufen die Refinanzierungskosten südeuropäischer Länder zu drücken.

"Wir werden heute das alte Muster 'Buy the rumour, sell the fact' sehen", erwartet ein anderer Händler. Er glaubt, dass die EZB zwar den Zins auf ein Rekordtief von 0,75 Prozent senken wird, die anschließenden Kommentare zur Konjunktur dürften jedoch "katastrophal" ausfallen - und die Aktienkurse und den Euro unter Druck setzen.

Letzterer notiert nur noch knapp über der Marke von 1,25 Dollar und damit eher am unteren Rand seiner jüngsten Spanne. Händler sprechen von einem von Nervosität und Zurückhaltung geprägten Geschäft. Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte sei bereits eingepreist, so dass die Marktreaktion am Donnerstag begrenzt ausfallen könnte, bemerkt Analystin Sumino Kamei von der Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ. "Selbst wenn eine größere Senkung um 50 Basispunkte kommen sollte, dürfte der Euro unter der zunehmenden Unsicherheit über die europäische Schuldenkrise leiden", ergänzt die Analystin.

Morgan Stanley prognostiziert für den Fall einer Leitzinssenkung um gleich 50 Basispunkte dagegen eine Erleichterungsrally bei riskanteren Anlage-Klassen. Die EZB würde damit ihre Bereitschaft demonstrieren, gegebenenfalls mit zusätzlichen Maßnahmen auf die konjunkturelle Entwicklung zu reagieren.

Am Anleihemarkt steigen die Renditen der spanischen und italienischen Anleihen weiter. Zehnjährige spanische Titel rentieren wieder mit 6,48 Prozent, nachdem es am Mittwochmittag noch weniger als 6,20 Prozent waren. In den Tagen nach dem Gipfel waren die Renditen aber deutlich zurückgekommen von Ständen über 7 Prozent.

Zudem hat Irland erstmals seit 22 Monaten wieder Anleihen begeben. Wie geplant hat die irische Schuldenagentur am Vormittag Schatzwechsel im Wert von 500 Millionen Euro am Kapitalmarkt untergebracht. Die Rendite lag bei lediglich 1,8 Prozent.

Am Aktienmarkt sorgt die Übernahme des restlichen Porsche-Anteils durch VW für positiven Gesprächsstoff. Für allem der Kurs der Wolfsburger legt zu und gewinnt 6,3 Prozent auf 136,00 Euro. Porsche kommen von ihren deutlicheren Aufschlägen wieder zurück und klettern noch um 0,5 Prozent auf 42,20 Euro. Der Index der Autowerte ist mit einem Plus von 2,3 Prozent bislang mit Abstand Tagessieger.

"Die Übernahme zieht sich nun schon zweieinhalb Jahre hin, nun ist die Kuh endlich vom Eis", sagt ein Händler. Positiv für VW sei insbesondere, dass Kosten in Höhe von 320 Millionen Euro bei dem nun vereinbarten Übernahme-Konstrukt nicht anfielen. Zu Porsche heißt es: "Die Aktien handeln weit unter dem Wert des Nettoanlagevermögens. VW zahlt einen recht hohen Aufschlag, was den Porsche-Kurs stützen dürfte", sagt ein Händler.

Neben dem Automobilsektor legen die Aktien der Rohstoffproduzenten am stärksten zu. Der Stoxx-600-Sektor Basic Materials gewinnt rund 1 Prozent. Die Zustimmung der australischen Wettbewerbsbehörde zur Übernahme von Xstrata durch Glencore lässt Glencore-Aktien um 2,1 Prozent und Papiere von Xstrata um 3,6 Prozent anziehen. "Nun müssen die Südafrikaner noch zustimmen, aber bei diesem Stand der Dinge werden sie wohl keinen Knüppel mehr zwischen die Beine werfen", prognostiziert Andy Davidson von Numis Securities.

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