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Befinden wir uns schon wieder in einer Börsenblase? Wenn Sie sich Netflix und Amazon anschauen, dann können Sie diesen Eindruck bekommen.
Netflix hat Quartalszahlen veröffentlicht, die nicht überragend waren. Lediglich eine Ziffer wurde von Anlegern herausgepickt: Die Neuanmeldungen für den neuen Streaming-Video Dienst des Video-Portals. CEO Reed Hastings hatte zuvor aus dem einen Abo für DVD-Versand und Streaming-Video zwei unterschiedliche Abos gemacht und die Quittung der Kunden waren Abmeldungen in Scharen. Die Aktie fiel von Mitte 2011 bis Mitte 2012 von 300 USD auf 53 USD. Hastings hat inzwischen seinen Fehler zugegeben und die Trennung rückgängig gemacht. Erneut folgte nun die Quittung: Die Abo-Anmeldungen nahmen im abgelaufenen Quartal um 8% zu. Anleger begrüßten die Entwicklung mit einem Kurssprung über Nacht von 60%! Die Aktie, die sich inzwischen schon wieder bis 100 USD erholt hatte, sprang nach dieser Meldung auf 160 USD. Das Irre daran: Netflix ist extrem hoch bewertet. Wir schauen mal nicht auf das erwartete KGV für das laufende Jahr, denn das liegt bei 570. Aber selbst nach den Investitionen bleibt für das Jahr 2014 noch immer ein KGV von 60. Hier wird nicht ein Geschäft bewertet, sondern eine Idee und ein fähiges Management, anders kann man diese Bewertung nicht rechtfertigen. Ähnlich sieht es bei Amazon aus. Gründer und CEO Jeff Bezos ist dafür bekannt, extrem investierfreudig zu sein. Gewinne? Später. Das hören Anleger schon seit fünfzehn Jahren. So schneiden die Investitionen in den Gewinn, der Gewinn ist regelmäßig Grund für Enttäuschung bei Anlegern. Immerhin bereitet die Umsatzentwicklung meist Freude, doch auch die bleib in dem diese Woche veröffentlichten Quartalsergebnis hinter den Erwartungen zurück. Der Umsatz blieb mit 21,3 Mrd. USD hinter den erwarteten 22,2 Mrd. USD zurück. Auch der Nettogewinn fiel aufgrund der heftigen Investitionen in neue Logistikzentren mit 97 Mio. USD wesentlich geringer aus als vor einem Jahr (177 Mio. USD). Diese Zahlen sind Grund genug für einen Ausverkauf dieser Aktie. Doch Bezos beglückte seine Anlegergemeinde mit einer weiteren Zahl: Die Brutto-Gewinnmarge. Diese war von 21,4% auf 24,1 angestiegen. Und das reichte aus, um die Aktie um 9% in die Höhe zu katapultieren. Anleger fragen immer wieder, ob sich die Investitionen auch auszahlen. Und die Entwicklung der Bruttomarge zeigt, dass dies der Fall ist. Amazon verdient trotz des heftigen Preiskampfes im Einzelhandel immer mehr Geld an seinem Geschäft. Soll ich Ihnen das Bewertungsniveau von Amazon sagen? Nun, nehmen wir auch hier die Erwartungen für 2014, damit die Zahl auf die Seite passt: Ein KGV 14e von 72! Auch hier wird nicht das Geschäft bewertet, sondern Jeff Bezos auf dem Weg, der weltgrößte Internethändler zu ... bleiben, denn er ist es schon. Microsoft mit Steve Balmer an der Spitze hat ein KGV 14e von 8. Intels Paul Otellini erzielt immerhin ein KGV 14e von 10. Und Apples Tim Cook ist inzwischen ebenfalls bei einem KGV 14e von 8 angelangt. SAP schickt US-Co-Vorstandssprecher Bill Dermott ins Rennen und erzielt immerhin ein KGV 14e von 15. Und Oracle-Ikone Larry Ellison bekommt noch ein KGV 14e von 11. Die Wallstreet liebt Persönlichkeiten und Hastings und Bezos sind wohl derzeit die Einzigen, die über viele Jahre ein entsprechendes Vertrauensverhältnis aufgebaut haben. Unzählige Berichte über den Privatanleger, der an die Börse zurückkehrt, haben diese Woche die Zeitungen gepflastert. An der Börse ist man froh über diese Entwicklung, denn die Ignoranz durch den Privatanleger hat der Finanzbranche in den vergangenen Jahren ziemlich zugesetzt. Doch Privatanleger kaufen nicht "auf Teufel komm raus", sondern warten geduldig auf ihre Chance. Schon kleinste Rücksetzer werden daher gekauft, viele Anleger sind von der aktuellen Rallye überrascht. Auch die Fed ist auf unserer Seite, sie hält weiterhin den Zins niedrig und schiebt Liquidität in die Finanzmärkte. Geholfen hat da auch das überraschend schlechte Wirtschaftswachstum der USA im vierten Quartal: Die Wirtschaft war um 0,1% geschrumpft! Die Fed kann natürlich vor dem Hintergrund solcher Hiobsbotschaften die Liquiditätsflutung nur aufrecht erhalten. So streben Dow Jones und DAX unaufhaltsam in Richtung neuer Rekordstände. Konsolidierungen sind zu kurz, um alle interessierten Anleger mit an Bord zu holen, und so gibt es immer mehr statt weniger Anleger, die neidisch den Kurszuwächsen hinterher blicken. Von einer Überhitzung sehe ich noch nichts. Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes in dieser Woche entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (31.01.2013) | Woche ? Dow Jones: 13.861 | 0,3% DAX: 7.776 | 0,4% Nikkei: 11.191 | 2,4% Euro/US-Dollar: 1,36 | 1,6% Euro/Yen: 125,44 | 3,4% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,99% | 0,15 Umlaufrendite Dt: 1,40% | 0,14 Feinunze Gold: $1.665 | -0,4% Fass Brent Öl: $115,73 | 2,1% Kupfer: 8.233 | 1,8% Baltic Dry Shipping: 760 | -5,9% Nun, im Wochenverlauf haben Dow Jones und DAX kräftig korrigiert, doch nicht genug, um die Kursgewinne des Wochenbeginns auszuradieren. Marken wie 14.000 (Dow Jones) und 8.000 (DAX) bleiben in Sicht- und Schlagweite. Japan macht ernst und wiederholt seine Absicht bei jeder Gelegenheit. So hat diese Woche Premier Shinzo Abe erneut seine Absicht bekräftigt, sich aus der Krise "herauszuinflationieren". Zudem möchte er den von seinem Vorgänger beschlossenen Atomausstieg bis 2040 rückgängig machen. Der Yen beschleunigt seinen Wertverfall und verhilft so dem Nikkei zu weiteren Kursgewinnen. Seit dem Wirtschaftsgipfel in Davos macht die Angst vor einem Abwertungswettlauf die Runde, lediglich die EZB beteilige sich noch nicht an diesem weltweiten Liquiditätsrausch. In freudiger Erwartung springen Öl und Kupfer an. Der Goldpreis hingegen gibt weiter ab, denn der Goldpreis ist nicht nur Inflationsschutz, sondern auch Katastrophenschutz, und die Katastrophe eines Staatsbankrotts sinkt mit steigenden Inflationsraten. Ja, die Erwartung inflationärer Tendenzen ist in dieser Woche kräftig angestiegen. So ist die Nachfrage nach Staatsanleihen gesunken und die Rendite entsprechend gestiegen. Auch Unternehmensanleihen wurden weniger nachgefragt, deren Kurse sind ebenfalls kräftig gefallen und werden in den kommenden Wochen meiner Einschätzung nach gute Kaufgelegenheiten bieten. Wir befinden uns gleich bei drei Papieren in Lauerstellung. Na, und wenn die EZB die einzige Notenbank der Welt ist, die bei dem Abwertungswettlauf nicht mitmacht, dann wundert es uns natürlich nicht, dass der Euro weiter gegenüber Yen und US-Dollar ansteigt. Für uns Euro-Anleger bedeutet diese Entwicklung natürlich einen Gewinn an Urlaubsqualität im europäischen Ausland :-), aber auch steigende Wettbewerbsbedingungen für unsere Exportunternehmen. Die Kursanstiege in den USA und in Japan werden zum Teil durch die schwache Entwicklung der jeweiligen Währungen aufgehoben. Es ist also an der Zeit, nach speziellen Situationen in Europa zu schauen, da die breite Aufwärtsbewegung des DAX vor dem Hintergrund der Liquiditätsflutung überall außer in Europa nicht mit den anderen Indizes mithalten kann. Ich habe diese Woche gleich zwei solche Chancen in Form von Tradingideen ausgearbeitet. Für den weiteren Verlauf der Rallye ist natürlich die Entwicklung des Sentiments, der Stimmung unter den Anlegern, wichtig. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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